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Lanvin zu verkaufen?

Von Herve Dewintre

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Das Gerücht kehrt jedes Jahr wieder und wird immer vernehmlicher. Man könnte gar sagen, dass man in allen Modehauptstädten der Welt darüber spricht, nur nicht in Paris. Dort ist das Thema tabu: Die 1889 geborene Gründerin des französischen Modehauses wird hinter den Kulissen zum Verhandlungsgegenstand. Wieder einmal wird über eine Veräußerung geredet, obwohl Frau Shan-Lan Wang, Hauptaktionärin von Lanvin mit 75 Prozent des Kapitals, jeglichen Kommentar verweigert, und sich nicht einmal zu einer möglichen Verwässerung ihres Anteils äußert, die die logische Weiterentwicklung des alten Modehauses finanzieren könnte.

Dieses Mal ist es die Zeitschrift WWD, die das Gerücht erneut entfacht hat. Ein Gerücht, das sich vor allem auf die Erklärungen eines Sprechers des französischen Modehauses stützt, der dieses zweideutige Zugeständnis vor einem amerikanischen Journalisten machte: „Frau Wang hat – wie häufiger in den letzten Jahren – Angebote für die Übernahme von Lanvin erhalten, jedoch noch nicht darauf geantwortet“. Mehr brauchte es nicht, um die Maschinerie der Spekulationen in Gang zu setzen. „Etwas wird dieses Jahr passieren“, verkündete eine zuverlässige, qualifizierte Quelle von WWD.

Frau Wang hat 2001 Kreativchef Alber Elbaz eingestellt, im gleichen Jahr, in dem sie das Modehaus von L’Oréal zurückkaufte. Lanvin hatte da bereits im dritten Jahrzehnt Verluste eingefahren. Innerhalb von sechs Jahren hat das Duo Wang-Elbaz den Kraftakt geschafft, den Kurs zu ändern. Seit 2007 verzeichnet das Pariser Modehaus wieder schwarze Zahlen und einen Umsatzanstieg - in diesem Jahr hat Frau Wang die Lanvin-Sparte Parfüms und Kosmetik für 22 Millionen Euro an Inter Parfums verkauft, um sich ganz auf Prêt-à-porter-Mode und Accessoires zu konzentrieren.

Warum Lanvin verkauft werden soll? Zwei Hypothesen

WWD zitiert einen Umsatz von 250 Millionen Euro und einen Gewinn in zweistelliger Millionenhöhe. Das Modehaus hat weltweit 400 Verkaufsstellen (darunter 32 eigene Boutiquen) und lässt mehr als 70 Prozent seiner Prêt-à-porter-Mode in Frankreich produzieren. Warum also verkaufen?

Zwei Hypothesen. Die erste ist logischerweise, dass Frau Wang weiterhin investieren muss, um Lanvin international wettbewerbsfähig zu halten, doch auch um das sehr rentable Geschäft mit Lederwaren bewältigen zu können. 2013, als das Gerücht in Paris bereits die Runde machte, deutete ein von Jdd zitierter Banker an, dass „ Shaw-Lan Wang bisher nicht die Kontrolle über Lanvin aus der Hand geben wollte, nun jedoch die Kapitalerhöhung begrenzen und ihr Kapital öffnen muss, indem sie Lizenzen für Markenlinien an Japan und Korea vergibt oder Vermögenswerte veräußert“. Bisher hat sie dies mithilfe des Schweizer Unternehmers Ralph Bartel bewerkstelligt, das seit 2012 investiert (durchschnittlich 17,5 Millionen Euro) und 25 Prozent des Kapitals besitzt. Eine gelungene, erfolgreiche Wirtschaftsführung.

Der zweite Grund ist weniger technisch, doch genauso entscheidend. Karl Lagerfeld ist nicht unsterblich. Und auch wenn niemand gern darüber spricht, so weiß doch jeder in Paris, dass das Haus in der Rue Cambon nur einen einzigen Namen im Sinn hat, wenn es um Karls Nachfolge geht: Alber Elbaz, der einzige Kreativdirektor, dem die Brüder Wertheimer die kreative Leitung des Hauses mit dem doppelten C anvertrauen würden. Lanvin ist momentan ein gut gehendes Geschäft, doch was geschieht, wenn Elbaz nicht mehr da ist? Niemand kann sich vorstellen, dass die frankophile taiwanesische Milliardärin für diesen Fall nicht vorgesorgt haben sollte.

Im Palais Galliera können begeisterte Pariser seit einigen Wochen das besondere Können und den unerschöpflichen Erfindungsreichtum von Jeanne Lanvin in der ihr gewidmeten Ausstellung bewundern. Alber Elbaz selbst zeigte sich bei der Vernissage berührt von den göttlich-zeitlosen Kreationen voller Stil und Eleganz, die die große Modeschöpferin entwickelt hat. Kein einziges von Elbaz signierten Modellen schmückt die Ausstellung. Dies geschah, teilte uns der Kurator der Ausstellung mit, auf eigenen Wunsch des Kreativdirektors. Dessen einziger (relativer) erwähnenswerter Beitrag ist eine Nachbildung des Kleids „Concerto“, das im Winter 1943 kreiert wurde und von den Ateliers des Hauses speziell für diesen Anlass angefertigt wurde. Ist dies eine besonders edle und elegante Art, um uns zu zeigen, dass das Haus Lanvin in der Lage ist, aus eigener Kraft mit allem zurechtzukommen, selbst mit dem Weggang ihres Kreativdirektors?

Dieser Artikel ist bereits erschienen auf FashionUnited.fr

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