Neue ACT-Methode soll Messung der CO2-Bilanz von Unternehmen vereinfachen und Greenwashing vorbeugen
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Die ACT-Initiative (Assessing low-Carbon Transition) ist das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen der französischen Agentur für den ökologischen Wandel (ADEME), dem Carbon Disclosure Project (CDP) und der World Benchmarking Alliance (WBA). Gemeinsam haben sie eine Methodik zur Bewertung der Ausgereiftheit der Pläne von Unternehmen für einen kohlenstoffarmen Übergang entwickelt.
Auf Initiative des Verbandes Paris Good Fashion und unter der Schirmherrschaft von ADEME, dem französischen Wachstumsbeschleuniger DEFI Mode und dem Beratungsunternehmen Deloitte beschloss die Gruppe (nach einem ähnlichen Schritt für 14 andere Industriesektoren), eine ACT-Methode speziell für die Mode- und Luxusbranche zu entwickeln. Auch wenn zu befürchten ist, dass diese Methode die ohnehin schon mit Richtlinien für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, CO2-Fußabdrücken und anderen Barometern überfrachtete Landschaft noch komplizierter machen würde, sieht die Realität ganz anders aus. Dieser Artikel verfolft, wie sie den Prozess vereinfacht und im Gegenteil erleichtert, anstatt ihn komplizierter zu machen.
Eine Antwort auf Greenwashing
Das Hauptziel der Methode besteht darin, die Glaubwürdigkeit der Dekarbonisierungsstrategien von Unternehmen zu bewerten. Mit anderen Worten, es ist so, als sagten sie: „Ich bin Unternehmen X und habe mich verpflichtet, bis 2030 kohlenstoffneutral zu werden“. Darauf antwortet die ACT-Methode laut Isabelle Lefort, Mitbegründerin von Paris Good Fashion und Initiatorin des Projekts: „Zeigen Sie uns, wie und mit welchen Mitteln Sie das erreichen wollen.“
Ziel ist es, die Glaubwürdigkeit dieser Dekarbonisierungsstrategien unabhängig von der Branche zu bewerten und so dem von einigen Unternehmen praktizierten Greenwashing ein Ende zu setzen. „Diese Methode wurde gemeinsam von ADEME, der britischen Organisation CDP, die Daten über die Umweltauswirkungen der größten Unternehmen sammelt, und World Benchmarking entwickelt; drei Einrichtungen, die international für ihr Fachwissen und ihr Engagement für die nachhaltige Entwicklung anerkannt sind“, so Lefort weiter.
Die ACT-Methode: Ein Werkzeug, um die Verwirrung über die Dekarbonisierung zu beenden?
Auf den ersten Blick könnte man befürchten, dass diese Methode eine zusätzliche Belastung für Unternehmen darstelle, indem sie der ohnehin schon langen Liste noch eine weitere Reihe von Kriterien hinzufügt, darunter den CO2-Fußabdruck, CSRD oder sogar ESG. Sind wir nicht schon mit einer Vielzahl von Kriterien überfordert?
„Auf jeden Fall“, sagt Lefort. „Es gibt einen eklatanten Mangel an Einheitlichkeit und Internationalisierung bei diesen Maßstäben“. Denn wie kann man ohne einen gemeinsamen Standard den Grad der Dekarbonisierung eines französischen Unternehmens mit dem eines Schweizer Unternehmens vergleichen? Wie können wir Analysen auf europäischer oder internationaler Ebene durchführen? Wie können wir die Richtung der Wirtschaft verstehen?
„Ohne die Möglichkeit, uns zu messen und zu vergleichen, ist es schwierig, zusammenzuarbeiten und effektive Fortschritte zu erzielen.“
Dies ist der Kontext, in dem die ACT-Methode entwickelt wurde. In der Tat wurde sie bereits mit einer gemeinsamen Matrix und spezifischen Kriterien für 14 Industriesektoren entwickelt, darunter die Automobilindustrie, Energieerzeugung, Einzelhandel, Baugewerbe und Immobilienverwaltung, Zement, Verkehr, Öl und Gas sowie Stahl und Eisen. Weitere werden derzeit für die Bereiche Landwirtschaft und Lebensmittel, Aluminium, Chemie, Glas, Papier und Zellstoff ausgearbeitet. Und schließlich Mode und Luxusgüter, ein Sektor, für den diese Methodik noch nicht eingeführt wurde.
Warum interessiert sich die ACT-Methode für die Modebranche?
Die Mitglieder von Paris Good Fashion selbst haben sich für die Entwicklung einer ACT-Methode entschieden. „Wir trafen diese Entscheidung nach einer eingehenden Studie vor etwa einem Jahr, um das Engagement der französischen Modeunternehmen für eine nachhaltige Entwicklung zu bewerten. Gemeinsam mit Climate Chance [einer Organisation, die die Zusammenarbeit zwischen nichtstaatlichen Akteur:innen fördert, Anm. d. Red.] haben wir mehr als 25 Unternehmen quantitativ untersucht, indem wir ihre CSR-Berichte und verfügbaren CO2-Fußabdrücke analysiert und gleichzeitig qualitative Interviews mit Manager:innen und Expert:innen geführt haben“, erklärt Lefort.
„Am Ende unserer Arbeit stellten wir fest, dass ein echtes Bewusstsein für Themen wie Ökodesign und Rückverfolgbarkeit vorhanden ist, dass es aber keine Harmonisierung oder gemeinsame Messung gibt. Ohne die Möglichkeit, uns zu messen und zu vergleichen, ist es schwierig, zusammenzuarbeiten und effektive Fortschritte zu erzielen“, so Lefort. Hier setzt Paris Good Fashion an, indem es die Einführung dieser Methodik in der Mode- und Bekleidungsbranche entwickelt und fördert.
Wie misst diese Methode die spezifischen Dekarbonisierungsherausforderungen der Brance?
Die ACT-Methode denkt nicht. Sie ist ein Werkzeug. Sie muss in der Lage sein, die spezifischen Herausforderungen der Dekarbonisierung in der Modebranche adäquat zu messen. Angesichts dessen, wie bewertet diese Methode die Glaubwürdigkeit von Dekarbonisierungsstrategien? Paris Good Fashion, ADEME und DEFI haben sich im September letzten Jahres mit dieser Frage befasst und Deloitte beauftragt, den Austausch zu erleichtern. Gemeinsam mit einem Dutzend Unternehmen und der Unterstützung der Verbände befragten sie Mitglieder von Paris Good Fashion und etwa 30 Expert:innen, um den Umfang sorgfältig zu definieren und seine Genauigkeit zu gewährleisten. Anschließend starteten sie eine öffentliche Konsultation, an der sich mehr als 185 Organisationen freiwillig beteiligten.
Die Konsultation, zu der über 200 Kommentare eingingen, soll es Unternehmen ermöglichen, die Methodik zu testen und zu prüfen, ob die Bezugnahmen und Annahmen für den Sektor angemessen, kohärent und nützlich sind. Etwa 15 Unternehmen, darunter Marken, Einzelhandelsunternehmen und internationale Hersteller:innen (französische, italienische, britische, schwedische usw.), testen derzeit die Methode in der Praxis. Der gesamte Prozess wird im Juni 2024 abgeschlossen sein. Letztendlich wird die „ACT Fashion & Luxury Methodology“ von ADEME, DEFI Mode und Paris Good Fashion gemeinsam herausgegeben.
„Wir müssen eine ACT-Methodik für alle Sektoren entwickeln (...). Dieser Indikator wird Unternehmen dabei helfen, ihre Übergangsstrategie zu steuern; er wird ihr Klimadatenmanagement vereinfachen und vereinheitlichen.“
Warum sollte man die ACT-Methode übernehmen?
Das Engagement von Paris Good Fashion für ein Projekt dieser Größenordnung ist darauf zurückzuführen, dass Marken konkrete und praktische Lösungen für die Branche benötigen, die die Vielfalt der Probleme in diesem Sektor abdecken. „Als wir die ersten Ergebnisse von Climate Chance vorstellten, sagten LVMH und Chanel sofort: ‘Das machen wir’. Nach anderthalb Jahren sind wir nun auf dem Weg zum Erfolg“, kommentiert Lefort. Marken, die sich freiwillig für die Erprobung und Entwicklung der Methodik entscheiden, sehen darin in der Regel einen erheblichen Vorteil angesichts der zunehmenden Zahl von Umweltvorschriften, die ihnen auferlegt werden.
Für international tätige Konzerne wie LVMH, Kering und Decathlon sind die Notwendigkeit und der Mehrwert dieser Methode umso offensichtlicher. „Wir sind daran interessiert, den Wandel zu beschleunigen. Und um das zu erreichen, muss man die richtigen Leute an einen Tisch bringen“, erklärt Lefort. „Wenn man Akteure wie ADEME, DEFI, CDP und World Benchmarking an einen Tisch bringt, verleiht das der Methode, die selbst schon eine internationale Autorität für mehr als 14 Industriesektoren ist, eine unbestreitbare Glaubwürdigkeit.“
Welche Anreize könnten Marken und Unternehmen dazu bewegen, diese und nicht eine andere Methode anzuwenden?
Zunächst einmal sind da, wie bereits erwähnt, die Glaubwürdigkeit und das Netzwerk der an der Entwicklung beteiligten Akteur:innen. Hinzu kommt, dass die Methode selbst für Unternehmen kostengünstig ist. Nicht zuletzt, weil sie von einer staatlichen Stelle zur Verfügung gestellt und von ADEME, DEFI und Paris Good Fashion mit ihren Mitgliedern finanziert wird. Im Gegensatz zur Umweltkennzeichnung, die national bleibt, und zur CSRD, die europäisch ist, ist der Zugang zu den von privaten Einrichtungen entwickelten Methoden oft kostenpflichtig. Und wenn sie öffentlich sind, können sie manchmal politisch ausgerichtet sein. Aber das ist noch nicht alles.
„Während die Umweltkennzeichnung französisch und CSRD europäisch ist, ist die ACT-Methode ein internationaler Maßstab.”
Warum und wie vereinfacht diese Methode den Bilanzierungsprozess eines Unternehmens?
Kommen wir noch einmal auf die Frage nach einer möglichen Redundanz der ACT-Methode zurück. Wie ist sie eigentlich in dem komplexen und manchmal mühsamen Prozess der Bewertung positioniert? „Bei der Entwicklung der ACT-Methode für die Modebranche haben wir alle laufenden, an den Sektor angepassten Methoden - von der europäischen CSRD bis zur Umweltkennzeichnung - sowie andere untersucht, um die Daten zusammenzuführen und eine Überlastung zu vermeiden. Wenn Sie zum Beispiel bereits die CSRD-Methode durchführen, wird diese in ACT einbezogen. Die Datenerfassungsprozesse werden synchronisiert“, erklärt Lefort.
„Diese Annäherung erfolgte auf Wunsch der Unternehmen, da die Datenerfassung eine besonders zeitaufwändige Phase ist. Das bedeutet, dass dieselben Daten verwendet werden, aber mit einer tiefer gehenden Analyse, die sie in einen größeren Zusammenhang stellt. Dies stellt eine globale Synthese dar und ermöglicht Vergleiche nicht nur innerhalb des eigenen Sektors, sondern auch mit anderen Sektoren und auf internationaler Ebene“, so Lefort . Sie fügt hinzu: „Während die Umweltkennzeichnung französisch und CSRD europäisch ist, ist die ACT-Methode ein internationaler Maßstab.“
„Wir müssen eine ACT-Methode für verschiedene Sektoren entwickeln. (...) Dieser Indikator wird Unternehmen helfen, ihre Übergangsstrategie zu steuern; er wird ihr Klimadatenmanagement vereinfachen und vereinheitlichen“, sagt François Villeroy de Galhau, Gouverneur der französischen Zentralbank.
Eine solche Analyse wird es Unternehmen ermöglichen, sich vertrauensvoll an Investor:innen, Aktionär:innen und Banken zu wenden. Sie können ihre Bewertung vorlegen und leichter eine Finanzierung erhalten, wodurch sie bei Verhandlungen über eine Kapitalspritze oder bei der Neuverhandlung von Vertragsbedingungen eine größere Hebelwirkung haben. Kurz gesagt, sie sind bankfähiger.
„Es ist möglich, dass sich in Zukunft andere internationale Methoden entwickeln. Aber im Moment glauben wir, dass diese Methode die wichtigste ist und es allen Akteur:innen, die dies wünschen, ermöglicht, sich anzugleichen“, schließt Lefort.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.uk. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.