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Insolvenzantrag: Wirecard am Ende

Von DPA

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Der in einen Milliardenskandal verstrickte Zahlungsdienstleister Wirecard ist pleite. Das Unternehmen will wegen Überschuldung und drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anmelden, wie der Vorstand am Donnerstag in einer kurzen ad-Hoc-Mitteilung ankündigte. Möglicherweise wird der gesamte Konzern in den Abgrund stürzen: Der Wirecard-Vorstand prüft, ob auch die Tochtergesellschaften des Konzerns Insolvenz anmelden müssen - prominentestes Opfer wäre die Wirecard Bank. Weltweit beschäftigt Wirecard knapp 6000 Menschen.

An der Frankfurter Börse kam es zu Panikverkäufen: Die Wirecard-Aktien hatten innerhalb der vergangenen sieben Tage bereits neunzig Prozent ihres Wertes verloren, nach der Insolvenzmitteilung rauschten die Papiere innerhalb kürzester Zeit auf 2,50 Euro in die Tiefe. Unter den Leidtragenden, die nun auf quasi wertlosen Papieren sitzen, sind sehr viele Kleinaktionäre.

Ein schneller Abstieg aus dem Dax droht aus heutiger Sicht nicht: «Bei einem regulären Insolvenzverfahren dagegen bleibt die Aktie bis zum nächsten regulären Anpassungstermin im Dax», erläuterte ein Sprecher der Deutschen Börse die Regeln, die für alle Dax-Mitgliedsunternehmen gelten. Der nächste reguläre Anpassungstermin ist der 3. September.

Bei Wirecard wird nun zunächst ein Gutachter beauftragt, der die Lage des Unternehmens beurteilt. Im nächsten größeren Schritt nach dem Eingang des Insolvenzantrags beim Münchner Amtsgericht muss dann ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt werden.

Damit ist ein vor einer Woche noch als solvent und zukunftsträchtig geltender Dax-Konzern in atemberaubender Geschwindigkeit in den Abgrund gerutscht. Am Donnerstag vor einer Woche hatte Wirecard finanzielle Unregelmäßigkeiten eingeräumt. Die Vorlage des Jahresabschlusses 2019 musste verschoben werden, weil die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY das vorgeschriebene Testat verweigerte.

Vorstandschef Markus Braun ist zurückgetreten

Am Freitag war Vorstandschef Markus Braun zurückgetreten, am Montag räumte Wirecard dann Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro ein - das Geld, das angeblich auf philippinischen Treuhandkonten lagern sollte, existiert mit «überwiegender Wahrscheinlichkeit» nicht, wie der Vorstand am Montag formuliert hatte.

Braun kam für eine Nacht in Untersuchungshaft, wurde am Dienstag aber gegen Kaution von fünf Millionen Euro wieder auf freien Fuß gesetzt. Eine zweite Schlüsselfigur ist der am Montag vom Vorstand fristlos gefeuerte Manager Jan Marsalek, der ehedem das Tagesgeschäft verantwortete. Er wird auf den Philippinen vermutet.

Wirecard wickelt als Zahlungsdienstleister die bargeldlosen Geldflüsse zwischen Händlern auf der einen und Banken sowie Kreditkartenfirmen auf der anderen Seite ab. Im Zentrum des Bilanzskandals stehen der ehemalige Wirecard-Finanzchef in Südostasien und ein Treuhänder, der bis Ende 2019 für Wirecard aktiv war und das - wie sich nun herausgestellt hat - in großen Teilen wahrscheinlich gar nicht existente Geschäft mit Drittfirmen betreute, die angeblich für Wirecard Zahlungen im Mittleren Osten und in Südostasien abwickelten.

Ins Rollen gebracht hatte die Affäre die britische «Financial Times», die Anfang 2019 über mutmaßliche Bilanzmanipulationen in Singapur berichtete. Vorstandschef Braun hatte die Berichterstattung über Monate als haltlos zurückgewiesen. Da es schon nach den ersten «FT»-Artikeln zu außergewöhnlichen Kursstürzen der Wirecard-Aktie an der Frankfurter Börse gekommen war, hatten die Finanzaufsicht Bafin und die Münchner Staatsanwaltschaft zuerst Untersuchungen eingeleitet, ob Kursmanipulationen von Börsenspekulanten dahinter steckten. (dpa)

Foto: Christof STACHE / AFP

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