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Studie: Lage der deutschen Textilbranche bleibt angespannt

Von Reinhold Koehler

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Einzelhandel

Die deutsche Textilindustrie wird wohl auch im kommenden Jahr nicht besonders stark wachsen können. Wie der Kreditversicherer Euler Hermes in seiner jüngsten Studie zeigt, variieren Risiken, Finanzierungsmöglichkeiten und Aussichten im Textileinzelhandel und der Textilproduktion aktuell relativ stark. So kämpft der Textileinzelhandel seit Jahren neben einer starken Abhängigkeit von den Witterungsverhältnissen mit sehr geringen Gewinnmargen und einer zunehmend starken Konkurrenz durch den Onlinehandel. Auch in der Textilproduktion zeigen sich zwei Gesichter. Zahlreiche Produzenten haben ihr Geschäftsmodell erfolgreich erneuert und sich auf Nischen spezialisiert, andere sind jedoch weiterhin der starken asiatischen Konkurrenz und dem damit verbundenen Preiskampf ausgesetzt. Zudem sind sie gezwungen, durch das schnelllebige Konsumverhalten bis zu zwölf Kollektionen pro Jahr auf den Markt zu bringen.

„Der Online-Handel ist massiv im Kommen und dürfte nach unseren Einschätzungen bis 2017 um etwa 50 Prozent zunehmen“, so Ludovic Subran, Chefökonom der Euler Hermes Gruppe. „Dies stellt künftig vor allem den stationären Handel vor große Herausforderungen und die Notwendigkeit, Einkaufserlebnisse und die Beratungsleistung zu verbessern – oder aber seine Vertriebsmodelle anzupassen und auf mehrere Absatzkanäle auszuweiten. Beides kostet jedoch Geld und ist bei den weiterhin geringen Margen mit zahlreichen Risiken verbunden.“ Ein weiteres Problem sei die starke Abhängigkeit von der Witterung: „Der bisher relativ warme Start in die Wintersaison drückt auf die Umsätze und Gewinne der Einzelhändler,“ so Subran. Zwar macht der Online-Handel heute erst etwa neun Prozent des gesamten Einzelhandels in Deutschland aus, wächst jedoch überdurchschnittlich. Zwischen 2008 und 2012 stiegen die Einnahmen im Einzelhandel um rund 26 Prozent an, während im Online-Handel das Wachstum im gleichen Zeitraum mit 55 Prozent mehr als doppelt so groß war. Da sich diese Tendenz weiter festigen wird, sind die Aussichten für dieses Segment im Gegensatz zum stationären Handel jedoch relativ gut.

Textilproduktion nur im hochpreisigen Segment erfolgreich

In der Textilproduktion hat ein Teil der Produzenten sein Geschäftsmodell erfolgreich erneuert und sich auf den Bereich der technischen Textilien spezialisiert, die beispielsweise für Schutzanzüge, Zelte oder auch in der Automobilproduktion Anwendung finden. Die deutschen Textilhersteller gehören dabei zu den Innovationsführern und sind in diesem Segment Exportweltmeister. Allein zwischen 2009 und 2013 haben sich die Ausfuhren in diesem Segment verdreifacht und auch die Aussichten sind gut. Für 2015 rechnen die Euler Hermes Ökonomen mit Exporten im Wert von 7,1 Milliarden Euro. Während sich die Hersteller technischer Textilien bereits strukturell auf die zunehmende Konkurrenz aus Asien reagiert haben, tun sich die Hersteller von anderen Textilien und Bekleidung hingegen schwer, mit den Niedriglohnländern zu konkurrieren. Die Produktion nahm in Deutschland in diesem Segment in der letzten Dekade rapide ab, während die Einfuhren, insbesondere aus China, in die Höhe schnellten. Allein zwischen 2005 und 2011 haben sich die Textil- und Bekleidungsimporte aus China mehr als verdoppelt. Lediglich Hersteller, die sich in einem hochqualitativen Segment positionieren, haben hier eine Chance zu konkurrieren. Neben dem Preiskampf ist das schnelllebige Konsumverhalten die größte Herausforderung für die Hersteller.

„Laut Branchenstatistiken kauft eine Frau durchschnittlich 30 Kilogramm Kleidung pro Jahr – knapp ein Drittel davon wird nie getragen“, so Thomas Krings, Risikovorstand bei Euler Hermes Deutschland. „Die Händler müssen sich deshalb noch stärker auf das Phänomen der ‚Fast Fashion‘ einstellen und regelmäßiger spannende Neuerungen anbieten, wenn sie Kundinnen in ihre Geschäfte locken wollen. Sonst wirkt sich dies sehr schnell auf die Einnahmen aus.“ Entsprechend groß sei auch der Druck auf die Bekleidungshersteller, die Zeit zwischen Design und Verkauf zu verkürzen und jedes Jahr nicht mehr nur zwei, sondern sechs bis zwölf Kollektionen auf den Markt zu bringen. „Das ist vier- bis sechs Mal so viel wie noch vor einigen Jahren und mit erheblichen Kosten sowie einem aufwändigen Supply Chain Management verbunden, die sich erst einmal rechnen müssen“, so Krings weiter.

Foto: Rainer Sturm / pixelio.de

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