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Wegen Amazon & Co.: Kommt bald ein Siegel für fair besteuerte Produkte?

Von Reinhold Koehler

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Dass große Konzerne, vor allem aus dem Online-Bereich, in Deutschland so gut wie keine Steuern zahlen, ist vielen Bürgern und Politikern schon seit langem ein Dorn im Auge. Um Steuern im großen Stil zu sparen, verlegen Internetkonzerne ihre scheinbaren Hauptquartiere gerne in Steueroasen, um ihre gesamte Einkünfte dort zu einem minimalen Steuersatz anzumelden. In Europa gelten vor allem Luxemburg, Irland und die Niederlande als beliebte Standorte für Unternehmen wie Amazon, da dort die Abgabensätze besonders niedrig sind.

Doch nun regt sich Widerstand gegen die Steuerfluchtspolitik der Konzerne. Eine Initiative der Otto Brenner Stiftung (OBS) fordert nun sogar, ein Qualitätssiegel für Unternehmen und Produkte einzuführen, die dort besteuert werden, wo die Wertschöpfung erfolgt – also in dem Land, in dem die jeweiligen Produkte gekauft und die Gewinne erwirtschaftet werden.

„Einige Konzerne wie Hugendubel, Lidl, Rewe, Aldi und Amazon unterhalten Tochtergesellschaften in Steueroasen, denen aufgrund der zugänglichen Daten keine wirtschaftlichen Aktivitäten zugeordnet werden können. Andere Unternehmen veröffentlichen hingegen freiwillig zusätzliche Informationen über ihre Steuerzahlungen“, so die OBS. Insgesamt könne das Ausmaß der unternehmerischen Steuervermeidungspraktiken von zivilgesellschaftlichen Akteuren gegenwärtig nur mit erheblichem Aufwand (z.B. dank Rechercheprojekten wie den Panama- und Paradise-Papers) bewertet werden. Die Folge sei, dass das ungelöste Problem der Steuerzahlung und Steuervermeidung der Verhandlung zwischen Unternehmensexperten und nationalen Steuerbehörden überlassen bleibe.

Auch politische Lösungen gefordert

In der Tat lassen sich die betreffenden Unternehmen ungern in die Karten schauen. Offen zugängliche Zahlen zum Geschäftsgebaren der in Steueroasen ausgelagerten Konzernteile gibt es so gut wie nie. 40 deutsche Unternehmen, darunter vor allem Lebensmittel- und Buchhändler sowie Modekonzerne hat das OBS eigenen Angaben zufolge unter die Lupe genommen und nachgeprüft, ob die Unternehmen mit fairen Steuerpraktiken anhand öffentlich verfügbarer Informationen identifiziert werden können. Und siehe da: Es scheint – wenn auch mit einigem Aufwand – möglich zu sein, die Guten von den Schlechten zu trennen.

Auf Grundlage dieser Erkenntnis schlägt das OBS nun ein Gütesiegel für Unternehmen vor, die in Deutschland gemäß der gesetzlichen Bestimmungen ihre Einnahmen versteuern und Gewinne nicht in Steuerparadiese verschieben. Zwar könne ein solches Siegel nicht die Arbeit der Betriebsprüfer ersetzen, es könne aber ein erstes wirksames Instrument sein, um die Neigung konkreter Unternehmen zu aggressiver Steuervermeidung besser zu beurteilen sowie positive Bemühungen von Unternehmen öffentlich sichtbar zu machen, heißt es.

Ein Siegel, so die Überzeugung der Stiftung, hilft interessierten Bürgern und einer engagierten Zivilgesellschaft dabei, sich eine informierte Meinung zur Steuerdebatte zu bilden und kann auch den Druck erhöhen, nachhaltige politische Lösungen anzustreben und umzusetzen. „Wichtig ist, dass der vorgeschlagene und untersuchte Ansatz des Steuer-Siegels nur ein Schritt in einer Reihe von Maßnahmen darstellt, die eine funktionierende Unternehmensbesteuerung gewährleisten sollen“, so das OBS.

Foto: Tim Reckmann / pixelio.de

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