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Kein Lockdown-Ende für Modehändler in Sicht: Das ärgert Unternehmen und Verbände

Von FashionUnited

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Einzelhandel |AKTUALISIERT

Die Hoffnung von Modehändlern auf Öffnung – oder immerhin Gewissheit – wurde am Mittwoch zerschlagen. Bekleidungsgeschäfte müssen bis 7. März geschlossen bleiben. Wann sie wieder öffnen können, bleibt unklar. Sicher ist nur, dass die Branche weitere Umsatzeinbußen erwartet.

„Wir sehen die Verlängerung des Lockdown sehr kritisch. Das Virus wird uns noch lange begleiten und es wird auch nicht das letzte sein. Wir müssen endlich lernen, mit dem Virus zu leben”, sagt S.Oliver-Geschäftsführer Claus-Dietrich Lahrs am Donnerstag. Der Bekleidungshersteller aus Rottendorf hat nach dem ersten Lockdown umfassende Hygienekonzepte in allen Geschäften umgesetzt und ist überzeugt, dass eine sichere Wiedereröffnung möglich wäre.

Der zweite Lockdown wird doppelt so lang wie der Letzte

Selbst im umsatzschwachen Februar werden jede Woche mehrere hundert Millionen Euro Umsatz verloren gehen, prognostiziert der Handelsverband Textil (BTE). „Per Ende Februar dürften sich die Verluste des Winter-Lockdowns in den Textil-, Schuh- und Lederwarengeschäften damit auf rund 15 Milliarden Euro aufsummiert haben“, sagt Rolf Pangels, Hauptgeschäftsführer des BTE Handelsverband Textil, in einer Mitteilung am Donnerstag. „Es ist der blanke Horror.“

Die Verlängerung des Lockdowns zehrt an den Rücklagen und Reserven der stationären Modehändler, die auch nach den aktuellen Beschlüssen von Bund und Ländern nicht wissen, wie lange sie noch ausharren müssen. Im Januar schien es vielleicht noch so, als ob bereits Mitte Februar Läden wieder öffnen könnten. Spätestens jetzt ist klar, dass der zweite Lockdown für Modehändler in Deutschland doppelt so lange dauern wird, wie die erste Geschäftsschließung im vergangenen Jahr. Damals mussten Bekleidungsgeschäfte für sechs Wochen schließen, bis zum 7. März würde der jetzige Lockdown fast zwölf Wochen andauern.

„Gerade im Textileinzelhandel ist die Lage sehr ernst. Dementsprechend hatten wir die Erwartung, dass die Läden wieder öffnen dürfen”, sagt Maximilian Böck, Vertriebschef und Co-CEO von Marc O’Polo am Donnerstag. „Nach einem Jahr Erfahrung mit der Pandemie ist die Entscheidung der Regierung, den Lockdown erneut zu verlängern, nicht nachvollziehbar.” Der Bekleidungshersteller aus Stephanskirchen plant auch ein umfangreiches Maßnahmenpaket für seine Händler.

Öffnungsdatum unbekannt

Am Mittwoch haben sich Bundesregierung und Länderchefs angesichts der Gefahr, die von Virus-Mutationen ausgeht, gegen einen Fahrplan mit Öffnungsschritten entschieden. Stattdessen wollen Bund und Länder in den kommenden Wochen gemeinsam Öffnungsschritte abstimmen und sich vorrangig am landesweiten und regionalen Infektionsgeschehen orientieren. Für viele Modehändler ist die fehlende Planbarkeit ein großes Problem, weil die Branche Wochen und Monate im Voraus plant. Die Bestände können nicht verkauft werden, Waren sind schon bestellt, es gibt keinen Raum für neue Artikel und zugleich wird das Geld knapp, um diese zu bezahlen.

„Wir brauchen für die Wiedereröffnung von der Politik eine klare Perspektive – und zwar bald. Sonst kommt keiner von uns um tiefgreifende Restrukturierungen herum. Es geht dann unmittelbar um viele Arbeitsplätze und um unsere Flächen in den Innenstädten”, warnt Lahrs.

Am Donnerstag haben bereits Unternehmen und Verbände ihrem Ärger Luft gemacht und Klagen auf Wiedereröffnung angekündigt. Dazu gehört der Modehandelsverbund Unitex.

„Die Corona-Beschlüsse werden der Realität im Einzelhandel nicht gerecht. Die Politik hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht und bleibt in dieser für uns alle dramatischen Situation den vor Wochen versprochenen Plan zum Ausstieg aus dem Lockdown schuldig“, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth in einer Mitteilung am Donnerstag. Die weiterhin fehlende Öffnungsperspektive für die rund 200.000 vom Lockdown betroffenen Handelsunternehmen in Deutschland sei unangemessen und unverständlich.

Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte am Donnerstag die Entscheidung gegen einen festen Fahrplan für weitere Öffnungsschritte. Man stehe in einem Kampf mit dem Virus, sagte sie. „Und das Virus richtet sich nicht nach Daten, sondern das Virus richtet sich nach Infektionszahlen und nach Fragen, wie sich die Infektion ausbreitet.”

Staatliche Hilfen sollen ab kommender Woche fließen

Angesichts der Kritik an einer schleppenden Umsetzung der Corona-Wirtschaftshilfen hat Merkel die Finanz- und Wirtschaftsminister verteidigt. „Ich weiß, wie viele Menschen auf das Geld warten”, sagte die CDU-Politikerin am Donnerstag bei einer Regierungserklärung im Bundestag. „Ich weiß, wie der Einzelhandel leidet und andere auch.” Die “sehnlichst erwarteten” Anträge auf die Überbrückungshilfe III könnten nun gestellt werden.

Die Antragstellung für die Überbrückungshilfen III wurde am Mittwoch freigeschaltet, wie das Wirtschaftsministerium mitgeteilt hatte. Die ersten Abschlagszahlungen sollen demnach ab dem 15. Februar starten. Abschlagszahlungen sind Vorschüsse auf spätere Zahlungen. Bei der Überbrückungshilfe werden fixe Betriebskosten erstattet.

Während die Überbrückungshilfe III für viele Modehändlern eine willkommene finanzielle Linderung ist, können nicht alle davon profitieren. Unternehmen wie S.Oliver, Hugo Boss und Peek & Cloppenburg Düsseldorf haben sich deshalb zusammengeschlossen, um Hilfen von der Regierung zu fordern.

Die Verbesserungen bei der Überbrückungshilfe III seien erfreulich, können aber nicht die Umsatzausfälle und Verluste durch die Geschäftsschließungen ausgleichen, sagte der BTE. Der Verband der Modehändler warnt auch bereits vor den Folgen einer weiteren Verlängerung des Lockdowns. Der Start in die Frühjahrssaison und die Wochen vor Ostern seien für die Fashionbranche eine der wichtigsten Verkaufszeiträume.

„Wenn die Geschäfte dann noch geschlossen sind, wird das vielen Fashionhändlern endgültig das Genick brechen und zusätzliche Leerstände in den Innenstädten hinterlassen!“, sagte Pangels.

Auch das Modeunternehmen Gerry Weber pocht auf eine Öffnung der Läden spätestens im März. „Wir waren auf die Verlängerung des Lockdowns vorbereitet, auch wenn wir es uns natürlich anders gewünscht haben”, sagte Gerry-Weber-Chef Alexander Gedat.

Jetzt bereitet sich das Modeunternehmen aus Halle auf eine Öffnung in der ersten Märzhälfte vor – beispielsweise mit ausreichend medizinischen Masken. „Wir fordern die Öffnung ab dem 8. März auch ganz klar, denn bis jetzt haben alle Untersuchungen ergeben, dass der Handel vor dem Hintergrund der getroffene Hygienemaßnahmen nicht Treiber dieser Pandemie ist", so Gedat. (FashionUnited/dpa).

Dieser Beitrag entstand mithilfe von Weixin Zha und Ole Spötter. Der Text wurde um 17.15 Uhr mit Aussagen von S.Oliver, Marc O’Polo und Gerry Weber aktualisiert.

Bild: Einkaufstraße Köln / Henning Kaiser / Picture Alliance

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