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Dessous-Marke Sans Complexe: „Der Vertrauensverlust der Verbraucher ist real"

Von Julia Garel

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Mode |INTERVIEW

In den vergangenen Jahren gab es in der Lingerie-Branche einige junge Marken, die die Body-Positivity-Bewegung vorangetrieben haben – Skims und Savage x Fenty als Beispiele – und die den Markt neu sortiert haben. Doch bereits vor dieser Welle der Befreiung des Körpers auf Instagram war die Unterwäscheindustrie nicht ohne solche Labels.

Die Marke Sans Complexe, geboren 1998, beweist es. Dieses mittelständische französische Unternehmen aus dem Elsass mit 150 Mitarbeitern (davon 30 in Asien), das zur Wolf-Gruppe gehört, bietet "unkomplizierte" Dessous für Frauen mit großen Oberweiten und führt Körbchengröße C bis G.

Die Marke ist laut einer Pressemitteilung zu einem der Hauptakteure für Dessous in Frankreich geworden und wird in mehr als 3.000 physischen Verkaufsstellen und im Internet vertrieben, mit Preisen um 70 bis 80 Euro für ein Set. Um die Sichtweise der Marke auf den Lauf der Zeit und die Entwicklungen der Branche zu erfahren, hat FashionUnited Corinne Duquin-Andrier, General- und Marketing Director bei Wolf Lingerie, interviewt.

Sans Complexe gibt es schon seit über 20 Jahren. Wie stellen Sie sich als Marke, die Anfang der 2000er Jahre geboren wurde, auf die neuen CSR-Herausforderungen ein, sowohl intern als auch in Bezug auf die Kommunikation?

Die Wolf-Gruppe und ihre Hauptmarke Sans Complexe integrieren diese Herausforderungen tatsächlich schon seit über 20 Jahren. Unsere ersten Öko-Tex-Linien stammen aus dem Jahr 2001. Wir haben viele Fortschritte gemacht, werden aber erst im nächsten Jahr damit beginnen, das Erreichte und unser weiteres Programm für das kommende Jahr zu kommunizieren. Wir haben unsere Verpflichtungen im Rahmen des "We Act"-Programms formalisiert, "weil unsere Verpflichtungen nur so gut sind wie unser Handeln".

Wir haben außerdem eine interne Ethik-Charta, zu deren Einhaltung wir alle unsere Partner und Lieferanten auffordern. 100 Prozent der neuen Linien und alle unsere Produktionen aus dem Jahr 2021 sind Öko-Tex zertifiziert. Wir haben eine vollständige Rückverfolgbarkeit aller unserer Produkte – von der Produktion bis zum Material und dem Färbeprozess. Wir gehen über die Anforderungen von Reach hinaus, weil wir uns selbst eine breitere Liste von Inhaltsstoffen auferlegen, die wir verbieten. Ab nächstem Jahr werden 100 Prozent der verwendeten Baumwolle aus biologischem Anbau stammen und wir bringen unsere ersten Linien aus recycelten Fasern auf den Markt.

Seit seiner Gründung im Jahr 1998 hat sich Sans Complexe immer für Selbstakzeptanz eingesetzt. Heute setzt sich dieses Engagement für Body Positivity durch seine Kommunikationskampagnen fort, die die wahre Schönheit der Frauen feiern. Der Slogan der ersten Kommunikationskampagne im Jahr 2010 lautete "Modelgröße ist aus der Mode".”

Wie sehen Sie das französische Label "Unternehmen mit einer Mission"?

Die derzeitige Entwicklung von Unternehmen, die eine Kehrtwende hin zu mehr Verantwortung und Engagement vollziehen, scheint notwendig und willkommen. Der Status "Unternehmen mit einer Mission" ist nur eine Facette dieser vielfältigeren Verpflichtungen. Es ist ein bisschen "standardisiert" und mag seinen Gegnern als "Spielerei" erscheinen, weil nur wenige es für sich beanspruchen können (ein bisschen wie das Bio-Siegel), aber es hat das Verdienst, über Themen zu sprechen, die heute universell und notwendig sind: über Verantwortung und Engagement.

Wenn wir uns "unkompliziert" nennen, was für einige Unternehmen eine Mutation oder eine Evolution ist, um mehr Bedeutung und Mission zu integrieren, ist das für uns unsere Daseinsberechtigung. Sans Complexe wurde aus dem Bewusstsein heraus geboren, dass ein großer Teil der Frauen sich vergessen fühlt, von Marken ignoriert wird und frustriert ist, wenn sie ihre Größe inmitten eines viel zu großen Angebots nicht finden und sich in der Darstellung von Frauen in der Markenwerbung oder in den Medien nicht wiedererkennen.

Was bedeutet es Ihrer Meinung nach, im Jahr 2021 eine Marke zu sein?

Die Verbraucher von heute erwarten, dass Marken authentisch, engagiert, respektvoll und transparent sind. Sogar vorbildlich. Dies ist keine Positionierung und kann keine Haltung sein, es ist der neue Standard. In dieser unsicheren und "gefährdeten" Welt ist der Vertrauensverlust beziehungsweise das gestiegene Misstrauen seitens der Verbraucher real. Und die Ansprüche werden immer höher.

Diese Nachfrage spiegelt sich natürlich in Unternehmen und Marken wider, die –und das ist großartig – ihre eigenen Ansprüche und Standards erhöhen. Eine Marke hat im Jahr 2021 keine andere Wahl, als zu sein ehrlich und authentisch, verantwortungsbewusst und transparent zu sein, sei es auf ihren Produkten oder über ihre sozialen Netzwerke, die heute unvermeidlich sind, die Kommunikation über ihre Lieferkette oder Produktzusammensetzungen zum Beispiel ist fast eine Pflicht. Und das wird von den Verbrauchern ebenso erwartet wie von den Mitarbeitern.

Welches sind die wichtigsten Entwicklungen in der Lingerie-Branche, die Sie in den letzten Jahren beobachtet haben?

Die wachsende Nachfrage nach großen Cups hat zur Entwicklung einer Spitzen- und Fantasie-Lingerie geführt, die immer raffinierter und verführerischer wird, während in dieser Nische traditionell eher glatte Produkte mit neutralen Farben angeboten wurden.

Die neue Body Positivity hat auch ein neues Territorium eröffnet, in dem Frauen sich jetzt viel mehr trauen, was Farben, Drucke und Formen angeht.

"Unsichtbare" Produkte sind zur Norm geworden: keine Höschen mehr, die sich abzeichnen. Die neuen Materialien und Oberflächen sorgen für ein deutlich harmonischeres Tragegefühl. Ein Gefühl wie eine zweite Haut ist das, was wir heute von unserer Wäsche erwarten. Aber auch weniger klare Grenzen zwischen Lingerieprodukten, die eher hybrid sind: zwischen Homewear/Loungewear und Lingerie zum Beispiel. Der BH wird zu Hause im Cocooning-Modus oder draußen unter dem Hemd für den Komfort getragen, der Bodysuit wird als Dessous oder unter der Jacke darunter getragen.

Die Entwicklung von Casual Wear und Lifestyles – insgesamt mehr Sport und Sportarten wie Yoga, das Homeoffice – haben zu einer Explosion von "Komfort"-Produkten geführt, vor allem von solchen ohne Bügel. Könnten Sie die drei Lingerie-Trends nennen, die in der Saison Frühjahr/Sommer 21 der große Hit sein werden?

Erstens geht der Trend immer mehr Richtung Komfort: Komfort für alle und bei allen Gelegenheiten. Der Schwerpunkt liegt auf bügellosen BHs und dem Aufkommen von Spacer-Formen. Wir suchen Komfort und Bewegungsfreiheit, genauso wie Leichtigkeit und Unsichtbarkeit.

Zweitens Selbstliebe: Frauen schauen freundlicher auf sich selbst und suchen nach Dessous, um sich selbst zu gefallen. So beobachten wir einen Rückkehr der Sexyness.

Drittens: Farben und Blumendrucke. Fröhliche Farben und Drucke, begleitet von der Rückkehr, oder dem Bedürfni, nach Optimismus und Leichtigkeit.

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

Bild: Sans Complexe Facebook

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