Überraschungssieger im Karstadt-Poker
Von FashionUnited
Wird geladen...
Allerdings verlangten beide Kandidaten weitere Zugeständnisse von der Belegschaft, inklusive Gehaltskürzungen, weiteren Schließungen unrentabler Standorte und einer Reduktion der verbliebenen 25.000 Mitarbeiter. Berggruen will hingegen den Sanierungstarifplan nicht antasten und alle verbliebenen Filialen nebst Personal zu den gegebenen Konditionen behalten. Damit überzeugte der Sohn des Kunstmäzens Heinz Berggruen vor allem den Betriebsrat und die Gewerkschaft, die ihn bereits im Vorfeld der finalen Entscheidungsrunde am Montag öffentlich unterstützt hatten.
Im Laufe einer achtstündigen Mammutsitzung des Gläubigerausschusses erläuterten nochmals alle Bieter ihre Angebote und mussten dezidiert darüber Auskunft geben, wie es mit Karstadt in Zukunft weitergehen soll. Die besten Argumente hatte wohl Berggruen im Gepäck, der sich nun allerdings mit dem unterlegenen Interessenten Highstreet über Zugeständnisse bei den Standortmieten verständigen muss. Keine leichte Aufgabe, angesichts der weiterhin verfahrenen Situation. Ein Sprecher von Highstreet äußerte sich nach der Niederlage im Bieterrennen bereits leicht angesäuert über das Ergebnis und gab der „Financial Times Deutschland“ (FTD) zu Protokoll, man bleibe unverändert bei den Konditionen des bereits vorgelegten Angebots und plane keine weiteren Zugeständnisse.
Genau die werden nun jedoch von Berggruen gefordert. Er will drastische Mietkürzungen durchsetzen und ist dabei auf den guten Willen der Vermieter, also in erster Linie von Highstreet, angewiesen. Die Entscheidung vom Montag wurde daher nur unter Vorbehalt getroffen. Bis zum Mittwoch, dem 9. Juni 2010 muss sich der neue Eigentümer mit den Vermietern geeinigt haben, sonst droht weiteres Ungemach für Karstadt. Sollte eine Übernahme der Kaufhauskette doch noch in letzter Minute scheitern, käme wohl wider Erwarten doch noch der ungeliebte Konkurrent und Eigentümer von Kaufhof, die Metro AG zum Zug.
Metro will aber nur einige der verbliebenen 120 Karstadt-Filialen übernehmen und als Galeria-Kaufhof-Häuser weiter betreiben. Dies wäre die wohl schlechteste Lösung für Karstadt und den zuständigen Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg, der immer betont hatte, das Unternehmen als Ganzes retten zu wollen.
Trotz eines vermeintlichen Siegers namens Berggruen ist der Übernahmepoker um Karstadt daher noch nicht ganz abgeschlossen. Für viele Experten ist es sogar sehr gut möglich, dass am kommenden Mittwoch doch noch ein anderer jubelt – mit schmerzhaften Folgen für Gläubiger und Belegschaft. Entsprechend vorsichtig äußerte sich Görg nach Beendigung der Gläubigerrunde. Er sagte lediglich: „Die Mitglieder des Gläubigerausschusses werden die nun vorliegenden Angebote gründlich prüfen, damit am 9. Juni 2010 ein Interessent definiert und ein Kaufvertrag unterschrieben werden kann.“ Es bleibt also weiter spannend.
Foto: Karstadt