Berlin Fashion Week: Man bleibt unter sich
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Diesen verbreitet auch Melanie Bähr, Geschäftsführerin von Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie: „Seit dem Fall der Berliner Mauer vor 25 Jahren ist die Stadt zu einer innovativen Wirtschaftsmetropole herangewachsen. Entscheidend zu dieser Entwicklung beigetragen hat die Kreativwirtschaft.“ Junge Designer und Modemacher fänden in Berlin ein einzigartig kreatives Umfeld, um ihre Ideen umzusetzen und zum Erfolg zu führen, so Bähr. Über 3.500 Unternehmen seien in der Hauptstadt im Modebereich tätig. Ihr Fazit: „Sowohl die Umsätze, als auch die Beschäftigtenzahlen in der Berliner Modebranche steigen stetig."
Keine internationale Relevanz
Was Bähr verschweigt, ist die Tatsache, dass sich die meisten Berliner Labels nie in einem internationalen Umfeld positionieren konnten. Etliche der einst gefeierten Avantgardisten mussten mittlerweile aufgeben und selbst die wenigen Großen der deutschen Modeszene wie Hugo Boss oder der biedere Schneider Michael Michalsky zeigen nicht mehr auf der hiesigen Modewoche. Gestandene Designer wie Kostas Murkudis bleiben der Veranstaltung schon seit Langem fern.
Ungebrochen ist jedoch weiterhin der Optimismus der Lokalpresse. Sie folgt noch immer den Parolen von Institutionen wie Berlin Partner, die erst gestern wieder verlauten ließen: „Die Berlin Fashion Week trägt das Image Berlins als Modemetropole nach außen und setzt neue Anreize im internationalen Vergleich.“ Schaut man sich die internationale Modepresse jedoch einmal genauer an, spielt die Berliner Modewoche dort höchstens in den Klatschspalten eine Nebenrolle. Die wenigen ausländischen Journalisten, die sich für die Fashion Week akkreditiert haben, schreiben lieber seitenlange Berichte über das Berliner Nachtleben als über die neuen Kollektionen von Anja Gockel oder Irene Luft.
Vielleicht sollte Berlin die Rolle des Provinzfürsten im Modegeschäft einfach annehmen, anstatt sich ständig einem internationalen Vergleich auszusetzen, in dem es nicht bestehen kann. Berlin zeichnete immer aus, dass im Kleinen etwas entsteht, was im großen nicht funktionieren würde. Statt die Konkurrenz mit Prada, Chanel oder Versace zu suchen, sollte sich Berlin auf seine mikroökonomische, kreative Vielfalt konzentrieren und diese Nische im internationalen Geschäft verteidigen. Globale Relevanz ist in der Kreativwirtschaft eben nicht planbar - auch nicht mit Sponsorengeldern von Kärcher, nicht mit lokalpatriotischem Übermut und nicht mit den Ochsenknechts als Stargästen.
Reinhold Koehler
Foto: FashionUnited