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Recht & Praxis: Saint Laurent – Ist "anstößige" Werbung in Deutschland verboten?

Von Janina Wortmann

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„Herabwürdigend, unterwürfig und sexistisch“ - das sind die Meinungen zur aktuellen Werbekampagne der Luxusmarke Saint Laurent, welche kürzlich in Paris für Wirbel gesorgt hat. Ein Plakat zeigt ein Magermodel, welches sich auf einen Hocker stützt, das andere ein Model, das in Pelzmantel und Netzstrumpfhose mit gespreizten Beinen auf dem Boden liegt. Laut dem französischem Werberat ARPP setzen diese Plakate das Bild der Frau in der Gesellschaft herab. Das Modehaus wurde deshalb dazu aufgefordert, die umstrittenen Werbeplakate wieder abzuhängen.

Aufmerksamkeitswerbung, ob nun mit oder ohne Produktbezug, ist in Deutschland an der Tagesordnung. Solche Werbung soll das Unternehmen mit gesellschaftspolitischen Themen in ein positives Licht rücken und den Bekanntheitsgrad steigern. Auch "Schockwerbung" ist in Deutschlang keine Seltenheit. Unternehmen setzen diese Form der Werbung ein, um den Absatz ihrer Ware mit emotionaler Werbung zu fördern. Solche Imagewerbung ist – jedenfalls im Grundsatz – wettbewerbsrechtlich zulässig.

Im Grundsatz erlaubt, aber mit Grenzen

Es gibt jedoch Grenzen. Eine absolute Grenze ist stets das Grundgesetz und dort vor allem die Menschenwürde. Problematisch sind damit Werbekampagnen mit diskriminierenden Inhalten sowie die Darstellung von Gewalt, Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung oder Ächtung. Auch Verstöße gegen die "guten Sitten" können unter Umständen untersagt werden. Hierhin gehört zum Beispiel die Fallgruppe der gefühlsbetonten Werbung, z.B. mit leidenden Tieren. Verstöße können jedoch immer nur durch eine Einzelfallbetrachtung festgestellt werden, so dass sich klare Grenzen nicht abstrakt bestimmen lassen.

Der Fall Benetton

Ein bekanntes Beispiel in diesem Zusammenhang ist der "Benetton-Fall": Bereits 1995 entscheid der Bundesgerichtshof (BGH), dass das Modelabel Benetton nicht mit aidskranken Menschen, der Darstellung von Kinderarbeit und ölverpesteten Enten für seine Kleidung werben darf, da diese Art der Aufmerksamkeitswerbung gegen die Menschenwürde verstoße und sittenwidrig sei. Die Urteile des BGH wurden jedoch vom Bundesverfassungsgericht nach einem insgesamt neun Jahre andauernden Rechtsstreit wieder gekippt. Das Gericht gab der Meinungsfreiheit Benettons jeweils den Vorrang und erklärte die Werbung für zulässig.

Auch sonstige gesetzliche Grenzen kommen in Betracht. Auf französischen Laufstegen zum Beispiel sind seit Dezember letzten Jahres Magermodels gesetzlich verboten. Eine solches Verbot lässt sich in den deutschen Gesetzen allerdings bislang nicht finden.

Bei der kommerziellen Kommunikation sind aber ggf. nicht nur die gesetzlichen Grenzen einzuhalten. Darüber hinaus wurden von der Wirtschaft freiwillige Grenzen festgelegt. Der Deutsche Werberat, ein Organ der freiwilligen Selbstkontrolle, trägt Verantwortung für ein geordnetes Werbeverhalten in Deutschland. Beim Werberat gingen im letzten Jahr deutlich mehr Beschwerden vor allem gegen sexistische Werbung ein – teils waren diese begründet, teils unbegründet.

Auch in der Politik scheint sexistische Werbung immer mehr zum Thema zu werden. Seit April 2016 gibt es einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, welcher ein Verbot geschlechterdiskriminierender Werbung vorsieht. Es bleibt abzuwarten, ob die Spielregeln für Werbung in Deutschland damit strenger werden.

Janina Voogd ist Rechtsanwältin und Senior Associate in der Praxisgruppe Gewerblicher Rechtsschutz im Münchener Büro der Sozietät Noerr LLP. Sie berät nationale und internationale Unternehmen in allen Bereichen des Marken- und Designrechts. Darüber hinaus berät sie im Wettbewerbsrecht sowie in Domain-Streitigkeiten. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Beratung von Unternehmen in der Modebranche. Janina Voogd ist Lehrbeauftragte für Marken- und Designrecht an der AMD Akademie Mode & Design in München.

Bild: Saint Laurent campaign, Yves Saint Laurent und YSL, Facebook

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