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Arcandor-Insolvenzverwalter beklagt Managementfehler

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Von FashionUnited

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Der insolvente Handelskonzern Arcandor wird wohl schon bald in seine Einzelteile zerlegt und steht damit kurz vor dem Aus. Wie prekär die Lage in dem Unternehmen aktuell ist, zeigt die Tatsache, dass die Mitarbeiter in diesem Monat wohl vergeblich

auf ihre Gehaltszahlungen warten müssen, und ihre insolvenzgeldfähigen Bezüge „aus abrechnungs- und insolvenzrechtlichen Gründen (...) mit rund zehn Tagen Verschiebung“ beziehen sollen. Die Mitarbeiter werden so zwar nicht leer ausgehen, eine besonders vertrauensbildende Maßnahme ist diese Verzögerung in der aktuellen Situation allerdings nicht.

Geschürt wird dieses Misstrauen durch einen Artikel in der „Welt am Sonntag“ (WamS), in dem Görg eingestand, dass Arcandor über keinerlei finanzielle Mittel mehr verfüge. Die Zahlungen für den Monat September könne er zwar „zusichern“, aber nicht garantieren, so Görg gegenüber dem Blatt.

Zugleich erhebt der Jurist schwere Vorwürfe gegen das ehemalige Firmenmanagement um Ex-Chef Thomas Middelhoff. So habe der Konzern bereits seit Jahren trotz schleppend laufender Geschäfte auffallend viel Geld ausgegeben. „Der dienstliche Aufwand des Vorstandes war sehr hoch. Jedenfalls sehr hoch für ein Unternehmen in der wirtschaftlichen Verfassung wie Arcandor. Ein Vorstandsvorsitzender sollte Vorbild sein; ich habe sparsamere erlebt“, sagte Görg der WamS. Nun überlegt er sich, Middelhoff und Konsorten vor Gericht zu ziehen. „Wir sehen einige Hinweise, die wir sammeln und zu gegebenem Zeitpunkt bewerten wollen“, so Görg betont diplomatisch. „Wir haben bis zu drei Jahre Zeit, Konsequenzen zu ziehen.“

Sehr viel eiliger ist hingegen die Aufgabe, wenigstens einzelne Unternehmensteile vor dem endgültigen Aus zu bewahren. Bereits in der vergangenen Woche hatte Görg tiefe Einschnitte angekündigt, denen bis zu 3.700 Arbeitsplätze zum Opfer fallen sollen. Nun sollen vor allem die Zinsbelastungen aus bestehenden Kredite reduziert werden. Derzeit zahlt beispielsweise die Arcandor-Tochter Quelle fast 18 Prozent Zinsen im Jahr für einen kurzfristig gewährten Überbrückungskredit der Valovis-Bank. „Wir werden in den Verhandlungen darauf drängen, die Konditionen deutlich zu verbessern. Solche Zinsen kann das Geschäft niemals erwirtschaften“, so Görg gegenüber der WamS.

Zugleich zeigte sich der Insolvenzverwalter entsetzt über das, was er nach der Übernahme des Mandates Anfang Juni vorgefunden habe: „Wir haben mit der Lupe nach der Substanz in diesem Unternehmen gesucht, aber wir haben nichts Nennenswertes gefunden. In diesem Hause gibt es wirklich nichts, was nicht anderen Leuten gehört. Das habe ich in so großen Unternehmen noch nie erlebt“, stellte Görg fassungslos fest. Es sei „dem Vorstand erstaunlich lange gelungen, den Staub aus den Ecken zu kehren und auch den noch zu Liquidität zu machen“.

Ex-Chef Middelhoff, der bislang stets behauptet hatte, ganz im Sinne des Unternehmens gehandelt zu haben, kann sich daher schon mal auf einen Prozess gegen ihn einstellen. Den vom Verlust ihrer Arbeitsplätze bedrohten Mitarbeitern des Konzerns hilft dies aktuell jedoch wenig. Die Entlassung von 3.700 Menschen allein bei der Versandhandelssparte Primondo (Quelle, Walz) ist bereits beschlossene Sache. Zudem steht die Zukunft der Warenhauskette Karstadt weiter auf der Kippe, die Schließung von 19 Filialen und der Verlust weiterer Stellen wurde bereits angekündigt.

Ob und in welchem Umfang der Konkurrent Metro mit seinen Kaufhof-Häusern bei Karstadt einsteigen wird, ist außerdem weiter unklar. Fakt ist, dass so oder so Entlassungen im großen Stil anstehen. Im schlimmsten Fall wird Karstadt nach Hertie, Woolworth und SinnLeffers als vierte große Warenhauspleite der letzten Monate in die Geschichte eingehen.

Foto: Klaus Hubert Görg

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