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Bei Karstadt beginnt das Tauziehen um Jobs und Millionenkürzungen

Von FashionUnited

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In den Geschäften läuft das Weihnachtsgeschäft an - hinter den Kulissen geht es bei Karstadt ans Eingemachte: Management und Arbeitnehmervertreter starten in dieser Woche die Gespräche über den harten Sanierungskurs mit Stellenabbau und Filialschließungen.

Stellenabbau, Filialschließungen und drohende massive finanzielle Einschnitte: Für die Beschäftigten des kriselnden Warenhauskonzerns Karstadt kommt es derzeit knüppeldick. Besonders die quälende Ungewissheit, wie sich das Unternehmen unter dem neuen Eigentümer René Benko aufstellen wird und was von dem Warenhauskonzern übrig bleibt, wird zur Geduldsprobe.

Verdi-Bundesvorstand Stefanie Nutzenberger rügt, dass die Karstadt-Führung nur scheibchenweise mit schlechten Nachrichten herausrücke und die Belegschaft mürbe machen wolle. An diesem Mittwoch (12.11.) starten Verhandlungen zwischen Belegschaftsvertretern und Konzernspitze über das Kürzungsprogramm.

"Paket der Grausamkeiten"

Was auf die Mitarbeiter des Unternehmens zukommen könnte, das machten Gesamtbetriebsrat und Wirtschaftsausschuss unlängst in einem Rundbrief an alle Beschäftigten deutlich: Danach plant das Management den Abbau von fast 2000 Vollzeitstellen, unter anderem in der Zentrale und in der Online-Sparte. Berücksichtigt man die Teilzeitquote, wären 3000 Menschen betroffen. „Dies ist kein Sanierungsprogramm, sondern ein Kahlschlag", schimpfen die Betriebsräte und sprechen von einem "Paket der Grausamkeiten". Karstadt hat derzeit rund 17 000 Beschäftigte.

Doch damit nicht genug: Der neue Konzernchef Stephan Fanderl will darüber hinaus alle Häuser auf den Prüfstand stellen. Ob sich damit bereits ein neues Schließungsszenario andeutet, muss abgewartet werden. Gefährdet sind am ehesten die defizitären Häuser. Ihnen will Fanderl nur noch bis Mitte 2015 Zeit für eine Trendwende geben will - viel zu kurz sagen Kritiker.

Es entstehe der Eindruck, dass es Immobilieninvestor Benko an manchen Standorten in Wirklichkeit gar nicht um eine Rettung der Filialen, sondern um die Verwertung der Immobilien geht, heißt es bei Gewerkschaftern. Wolle man die Kunden tatsächlich in den Mittelpunkt rücken, brauche es mehr und nicht immer weniger Beschäftigte auf der Fläche. Gefährdete Standorte werden offiziell nicht genannt, aber die Spekulationen schießen hoch. Filialen in mittelgroßen Städten wie Mönchengladbach, Bottrop oder Iserlohn sollen zu kämpfen haben, aber auch Standorte in Metropolen wie Düsseldorf oder München.

Viele Betriebsräte und die Gewerkschaft sind zum Widerstand entschlossen. Und der regt sich auch deshalb, weil den ohnehin gebeutelten Mitarbeitern erneut tief in die Taschen gegriffen werden soll: Streichung des Urlaubsgelds und der tariflichen Sonderzahlung (Weihnachtsgeld) ab 2015, Erhöhung der Arbeitszeiten und eine Verlängerung der Tarifpause. Hierüber werden Arbeitgeber und Gewerkschaft in der kommenden Woche (17.11.) in einer weiteren Tarifrunde verhandeln.

Ob sich die Wogen glätten lassen, wird sich an diesem Mittwoch zeigen, wenn Management und Gesamtbetriebsrat die Beratungen über die tiefen Einschnitte starten. Hennig Lotter, Mitglied des Gesamtbetriebsrates, ist sich sicher: „Was das Management plant, ist nicht das Endergebnis". Er fordert vor allem eine stärkere Einbindung der Beschäftigten in den nun anstehenden Prozess der Neuordnung.

Tatsächlich ist der Umbau der Karstadt-Häuser unvermeidlich. Kurz nach seinem Amtsantritt in der letzten Oktoberwoche hatte Fanderl die Leitplanken für die anstehende Sanierung gezogen: In einem Brief an die Mitarbeiter sprach er von "schmerzhaften" Entscheidungen. Man müsse hart arbeiten, um die defizitären Filialen zu drehen. Bis Mitte 2015 soll das geschafft sein. Wenn nicht, droht wohl die Schließung.

Karstadt habe allein seit 2010 eine halbe Milliarde Euro Umsatz verloren, sagt Fanderl. Trotz massiver Investitionen "verdienen wir heute immer noch kein Geld über die Ladenkasse". (Peter Lessmann und Rolf Schraa, dpa)

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