Das Berliner Textilunternehmen Michael Bob GmbH wurde eigenen Angaben zufolge im Jahr 1952 von Harold Bob mit nur einer einzigen, gebrauchten Strumpfmaschine gegründet. Nun, rund 55 Jahre später, scheint die Firma wieder dort angelangt zu sein, wo sie anfing: in der Armut. Wie dieBerliner Tageszeitung „Der Tagesspiegel“ in ihrer heutigen Montagsausgabe berichtet, habe Bob bereits am vergangenen Donnerstag Insolvenz beim zuständigen Kammergericht beantragt. Der Rechtsanwalt Udo Feser, den das Gericht bereits neben Knut Rebholz zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestimmt hat, bestätigte dem Blatt, dass mehr als ein Dutzend Teilgesellschaften des Unternehmens einen entsprechenden Antrag gestellt haben.
Zu den Umständen der Insolvenz schwieg sich der Rechtsbeistand jedoch zunächst aus, verwies in einem Statement auf die noch nicht ganz klare Finanzlage, die es nun genauer zu untersuchen gelte: „Ich kenne noch keine genauen Zahlen" so Feser gegenüber dem „Tagesspiegel“. „Wir wollen aber versuchen, dass die Firma weiterarbeiten kann.“ Seinen Angaben zufolge beschäftigt der Textilveredler allein in Deutschland rund 300 Mitarbeiter, davon rund 40 am Sitz der Holding in Berlin-Charlottenburg.
Aus Firmenkreisen will die Zeitung erfahren haben, dass man sich als Opfer der Globalisierung sehe und als solches mit den Dumping-Preisen der internationalen Konkurrenz nicht mithalten könne. Dabei sah es für Bob vor Kurzem noch gar nicht so schlecht aus. Noch vor rund einem Jahr produzierte man an zwei Standorten in Cottbus und dem polnischen Zagan, fertigte Stoffe für diverse Luxusmodehäuser wie Prada oder Yves Saint Laurent und zählte mit einem Jahresumsatz von über 80 Millionen Euro zu dem Top 20 der deutschen Textilhersteller.
Warum es mit dem Traditionsunternehmen dann so schnell bergab ging und warum man sich nicht besser auf die Herausforderungen des – bekanntlich seit längerem – globalisierten Marktes nicht rechtzeitig eingestellt hat, werden die beiden Insolvenzverwalter nun zu prüfen haben. Ob und in welcher Form das Unternehmen mit seinen 300 Mitarbeitern tatsächlich weiter produzieren kann, ist fraglich.