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Deutschlands schwierigster Handelsjob: Fanderl wird Karstadt-Chef

Von FashionUnited

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Er hat Erfahrungen bei Rewe und Wal Mart gesammelt. Doch jetzt wartet auf ihn die größte Herausforderung seines Berufslebens. Stephan Fanderl soll Karstadt nach jahrelangem Siechtum aus der Krise holen. Stephan Fanderl ist schon lange die graue Eminenz bei Karstadt. Bereits als Aufsichtsratsvorsitzender forderte

er mit deutlichen Worten schmerzhafte Einschnitte beim kriselnden Essener Warenhauskonzern ein und drohte kaum verhüllt mit der Schließung etlicher Geschäfte. Das Unternehmen mache sich «seit einiger Zeit berechtigte Sorgen um die Profitabilität von mehr als 20 Häusern», gab er zu Protokoll.

Als neuer Karstadt-Chef kann er nun den Worten Taten folgen lassen. Unmittelbar nachdem ihn der Aufsichtsrat zum neuen Karstadt-Chef ernannt hatte, kündigte er die Schließung von sechs Häusern an. Betroffen sind zwei klassische Warenhäuser in Hamburg-Billstedt und Stuttgart, die bis Mitte nächsten Jahres ihre Tore schließen sollen, die Filialen der auf junge Mode spezialisierten Kette ’K-Town’ in Köln und Göttingen sowie die Schnäppchenmärkte des Konzerns in Paderborn und Frankfurt/Oder.

Fanderl betonte: „Die Sanierung wird uns viel abverlangen. Ohne zum Teil sehr schmerzliche Entscheidungen wie auch Filialschließungen wird es nicht gehen, um das Überleben des Gesamtunternehmens zu sichern."

Die Aufgaben, die auf den neuen Karstadt-Chef warten, sind gewaltig. Der Konzern muss tiefgreifend umgebaut, die Marke wieder aufpoliert werden. Und die Mitarbeiter müssen neue Motivation spüren. Erschwert werden all diese Aufgaben noch durch das eher unglückliche Agieren der Vorgänger.

So hatte der noch unter der Regie des mittlerweile wieder abgetretenen Karstadt-Eigners Nicolas Berggruen zum Chef berufene frühere Woolworth-Manager Andrew Jennings drei Jahre lang vergeblich versucht, das Ruder bei Karstadt herumzureißen. Ihm folgte Anfang dieses Jahres die ehemalige Ikea-Managerin Eva-Lotta Sjöstedt, die schon nach wenigen Monaten im Sommer wieder das Handtuch warf.

Die ersten Schritte des neuen Karstadt-Chef stießen allerdings bei den Arbeitnehmern bereits auf heftige Kritik. Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger warf der Konzernspitze vor, keine genaue Ursachenforschung betrieben zu haben, warum Karstadt in der Krise sei. Stattdessen werde überstürzt die Entscheidung gefällt, einzelne Filialen zu schließen und in weiteren Filialen noch mehr Personal abzubauen. „Für die Beschäftigten ist das heute ein bitterer Tag. Erneut werden sie für Managementfehler der letzten Jahre bestraft", sagte Nutzenberger.

Fanderls Wechsel vom Aufsichtsratsvorsitz auf den Chefsessel ist ein ungewöhnlicher Schritt. Ungewöhnlich, aber nicht beispiellos: Ausgerechnet beim einstigen Karstadt-Mutterkonzern Arcandor/KarstadtQuelle gab es vor knapp einem Jahrzehnt eine ähnliche Konstellation, als Thomas Middelhoff den Posten des Oberkontrolleurs räumte und in die Rolle des Vorstandsvorsitzenden schlüpfte. Gerettet hat dies den Konzern damals allerdings nicht.

Andererseits gilt Fanderl als äußerst erfahrener Handelsexperte. Berufserfahrung sammelte er unter anderem als Vorstandsmitglied der Kölner Rewe-Gruppe und beim US-Handelsriesen Wal Mart. Rückendeckung dürfte Fanderl bei seinen Plänen vom neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfram Keil erhalten. Der Geschäftsführer der für den Einzelhandel zuständigen Firma Signa Retail GmbH des Karstadt-Eigners René Benko hat sich als kompromissloser Sanierer einen Namen gemacht. (Erich Reimann und Uta Knapp, dpa)

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