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Einzelhandel: Arbeitszeit im Wandel

Von FashionUnited

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Vor 25 Jahren, am 5. Oktober 1989, wurde der lange Donnerstag eingeführt, was der Beginn für längere Arbeitszeiten und eine drastische Ausweitung der Ladenöffnungszeiten war. Verdi sieht in dem langen Donnerstag keinen Vorteil, sondern eine Verschlechterung der Arbeitszeiten für die Beschäftigten,

und auch das erhoffte Umsatzplus bleibt laut Verdi aus.

„Der lange Donnerstag beziehungsweise der allgemeine Trend zur Ausweitung der Ladenöffnungszeiten geht vor allem zulasten der Beschäftigten, aber auch zulasten kleinerer Ladengeschäfte. Das große Versprechen, dass längere Öffnungszeiten dem stationären Handel mehr Umsätze

bescheren, hat sich hingegen nicht bewahrheitet. Längere Öffnungszeiten bringen für Beschäftigte Nachteile mit sich. Und sie führen zu ungünstigen Arbeitszeiten und Nachtarbeit, zu einer Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft", sagte Stefanie Nutzenberger, Verdi-Bundesvorstandsmitglied und zuständig für den Handel.

Jedoch muss auch berücksichtigt werden, dass vor 25 Jahren Online-Shopping ein Fremdwort war. Heute wird im Laden geguckt und Online gekauft – Grund dafür sind die günstigeren Preise. Das ist schlecht für die Händler und schlecht für die Städte – aber Schuld daran sind nicht die Arbeitszeiten. Die langen Öffnungszeiten wirken eher wie ein verzweifelter Versuch, mit dem Online-Geschäft mithalten zu wollen.

1989 brachte der 'lange Donnerstag' Öffnungszeiten bis 20.30 Uhr. Seit 1996 durfte wochentags bis 20.00 Uhr verkauft werden, samstags bis 16.00 Uhr. 2003 wurde Läden erlaubt, auch an Samstagen bis 20.00 Uhr zu öffnen. Mit der Föderalismusreform von 2006 ging die Gesetzgebungskompetenz für den Ladenschluss vom Bund auf die Länder über. Berlin reagierte als erstes Land und gab die Öffnung rund um die Uhr frei, andere Länder folgten. Viele Supermärkte und Shopping-Center haben nun von Montag bis Samstag bis 22.00 Uhr geöffnet, einige bis Mitternacht.

Rund 5.000 Vollzeitkräfte mehr als vor fünf Jahren

In einer Studie des Handelsverband Deutschland kann man beobachten, dass der Umsatz im gesamten Einzelhandel in den letzten Jahren gestiegen ist. 2005 lag der Umsatz bei 430,2 Milliarden Euro, 2006 gab es ein kleines Plus um 0,6 Prozent auf 432,7 Milliarden Euro. 2009 lag der Umsatz in den vergangen 10 Jahren mit 418,9 Milliarden Euro am niedrigsten. Tatsächlich gab es seitdem eine kontinuierliche Steigerung, bis hin zum Höchstumsatz 2014 auf 456,8 Milliarden Euro.

Auch im Textilhandel gab es auf Dauer gesehen eine Verbesserung. Im Jahr 2005 lag der Jahresumsatz noch bei rund 56,8 Milliarden Euro, 2006 schon bei 58,3 Milliarden. 2011 war in den letzten zehn Jahren mit 61,2 Milliarden Euro das bisher umsatzstärkste Jahr. 2012 lag der Umsatz vorläufig bei 60,1 Milliarden und 2013 schätzungsweise bei 60 Milliarden Euro.

„Längere Öffnungszeiten führen dazu, dass sich prekäre Arbeitsverhältnisse ausbreiten. Um die Randöffnungszeiten abzudecken, nutzen die Arbeitgeber geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, unfreiwillige Teilzeit und setzten immer stärker auf eine vollständige Flexibilisierung der Arbeitszeiten, die zum Teil an Arbeit auf Abruf grenzt. Die Zahl der Vollzeitarbeitsplätze im Handel hat in den letzten Jahren dramatisch abgenommen. Die Beschäftigten tragen die Lasten: Sie müssen immer flexibler und länger am Abend oder in der Nacht arbeiten, teilweise zu niedrigen Löhnen, die nicht zur Existenzsicherung ausreichen. Das geht, das zeigen viele Studien, extrem auf Kosten der Gesundheit und es raubt Zeit für die Familie oder auch für berufliche Weiterbildung", meint Nutzenberger.

Laut Bundesagentur für Arbeit, lag die Anzahl der Beschäftigen im Einzelhandel auf geringfügigen Basis im März 2008 bei 919.930. Als Teilzeitkraft waren 691.322 Menschen eingestellt und 1.235.521 hatten einen Vollzeitvertrag. Fünf Jahre später, im März 2013, waren nur noch 899.592 geringfügig beschäftigt, 943.824 befanden sich hingegen in einem Teilzeitverhältnis und 1.128.274, also rund 5.000 Menschen mehr, hatten eine Vollzeitstelle. Es gab also insgesamt einen Anstieg der Beschäftigten im Einzelhandel.

„Die ausgedehnten Öffnungszeiten treiben Verdrängungs- und Konzentrationsprozesse im Handel weiter voran. Kleine und mittelständische Unternehmen haben dabei das Nachsehen. Sie können es sich oft nicht leisten, ihre Geschäfte länger zu öffnen und verlieren den Wettbewerb", sagte Nutzenberger. „Als Kunde freue ich mich vielleicht, wenn ich spät am Abend noch etwas einkaufen muss und ein offenes Geschäft finde. Aber wir alle bezahlen dafür als Bürgerinnen und Bürger einen hohen Preis: Einkaufsvielfalt schwindet, damit werden unsere Innenstädte immer eintöniger, und unseren Sozialkassen gehen über die Ausbreitung von prekären Beschäftigungsverhältnissen wichtige Einnahmen verloren. Wir werden immer mehr zu einer Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft, in der der Erwerbsdruck und die Konsummöglichkeiten keine Grenzen mehr gesetzt bekommen. So gehen für uns alle Ruhezeiten und wichtige Anker unserer Zeitkultur verloren.“

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