Vicunha ist einer der weltweit größten Denimhersteller und arbeitet in Europa mit namhaften Modemarken in allen Segmenten von H&M und Inditex bis Hugo Boss, Tommy Hilfiger, Replay und Diesel. Das Erfolgsgeheimnis des brasilianischen Unternehmens liegt imVorratsverkauf. Der Denimfabrikant kann große Mengen innerhalb von drei Tagen liefern. Bei der Denim Première Vision Anfang Juni in Paris präsentierte Vicunha seine neuen Kollektionen für den Herbst 2009/2010.
FashionUnited sprach mit dem Geschäftsführer Thomas Dislich. “Als ich 1999 in meiner Garage anfing, hätte ich nie zu träumen gewagt, dass es so groß werden würde.” Doch hat Dislich immer an die Möglichkeiten eines Textilfabrikanten geglaubt. Er konnte jedoch nicht vermuten, dass sich seine Abteilung dank des anspruchsvollen, europäischen Marktes zu einem der wichtigsten Pfeiler des Mutterunternehmens entwickeln würde. Der drohende Schatten Asiens hing schon über den Herstellern hier und jeder dachte, dass jegliche Produktion im Laufe der Zeit aus Europa verschwinden würde. “Aber gleichzeitig waren die vertikal organisierten Modeketten stark im Kommen,” sagt Dislich “und ich wusste ganz sicher, dass nicht nur der Preis, sondern auch die Geschwindigkeit ausschlaggebend sein würde.“ Die Geschichte von Vicunha nahm jedoch nicht in Europa, sondern in Brasilien ihren Anfang, im Heimatland des Fabrikanten. Es ist die Geschichte eines Familienunternehmens, das Mitte der 40er Jahre als kleine Weberei anfing, die Einwanderer auf die Beine gestellt hatten, und gut 60 Jahre später um Stahl- und Telekomfirmen, Obstexport und sogar eine Bank erweitert wurde. Vicunha Textil beschäftigt 11.000 Arbeitnehmer, hat zwölf Fabriken und einen Jahresumsatz von knapp 700 Millionen Euro. Das Kerngeschäft ist die Herstellung von Baumwoll-Denimstoff, zwölf Millionen Meter pro Monat und genug für 10 Millionen Jeanshosen. Vicunha ist Zulieferer der unterschiedlichsten Marken, aber Dislich sagt, dass es bei Jeans doch vor allem darum geht, was später in der Produktlinie mit einer Hose gemacht wird. Die Marke bestimmt die Anzahl der Waschungen, das Modell und die Endbearbeitung. Den modischen Aspekt darf ein Denim-Fabrikant jedoch auch nicht außer Acht lassen. Auch das hat Vicunha in Europa gelernt. Vor drei Jahren wurde eine Stylingabteilung ins Leben gerufen und mittlerweile werden in Brasilien 35 Varianten geliefert, mit fünf verschiedenen Endbearbeitungen, speziell für den europäischen Markt.
Die Stylingabteilung ist auch wichtig, weil die Firma Kunden beliefert, die an verschiedenen Saisons arbeiten. Zudem ist der Jeansmarkt in Europa auch noch zweigeteilt: die pure Eleganz der skandinavischen Marken wie Tiger of Sweden und Day Birger et Mikkelsen gegenüber dem hippen Glamour der italienischen Labels wie Diesel und Replay. In der ersten Gruppe führt das zu Dry-Wash-Sorten, matt, natürlichen Schnitte und – auch aufgrund des kalten Klimas – schwereren Stoffqualitäten, wohingegen in Südeuropa innovative Endbearbeitungen, Glanzeffekte und viel leichtere Sorten bevorzugt werden. “Der Erfolg von Vicunha Europe – kurz gefasst – besteht darin, dass wir große Mengen rasend schnell liefern können,” sagt Dislich. Mit schnell meint er dann auch wirklich schnell, ‘3 Days Service’ lautet das Motto. In Europa ist die Formel so ein Erfolg, dass das Unternehmen dieses Kunststück auch in Asien auf die Beine stellen will. Europäische Markenhersteller, die in Asien fertigen, können jetzt auch dort von der schnellen Lieferung profitieren.