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Hertie: Verzweiflung wächst

Von FashionUnited

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Das Chaos um die insolvente Warenhauskette Hertie geht unvermindert weiter, und der Ton zwischen Betroffenen und Beteiligten der Misere wird zunehmend schärfer. Nachdem das Unternehmen nach zuletzt immer schwächeren Geschäftszahlen und analog dazu wachsenden Schulden damit begonnen hat,

die defizitärsten Standorte und Filialen zu schließen, geht die Verzweiflung um, in der Belegschaft. Nicht nur, dass wie angekündigt 19 der noch existierenden 73 Häuser vor dem endgültigen Aus stehen, auch die Zukunft der verbleibenden 54 Hertie-Filialen ist mehr als ungewiss.

So erklärte der Hauptanteilseigner des Unternehmens, die niederländische Beteiligungsgesellschaft Mercatoria Acquisition BV (MABV), am vergangenen Freitag alle versuche für gescheitert, das Traditionshaus vor der Abwicklung zu retten. Im Kreuzfeuer der Kritik steht nun der zuständige Insolvenzverwalter Biner Bähr, dem es nicht gelungen sei, entsprechende Investoren für Hertie zu finden. Die MABV kündigte nun an, das Unternehmen zerschlagen zu wollen und auf eigene Faust Investoren zu suchen, die einzelne Standorte übernehmen wollen.

Kritik am Krisenmanagement kommt jedoch nicht nur von Seiten der Hauptaktionäre, sondern auch von der Belegschaft. So haben die Betriebsräte am Dienstag dieser Woche einen offenen Brief verfasst, in dem sie von der Politik, der Wirtschaft und der Öffentlichkeit mehr Unterstützung einfordern und zugleich auf die desolate Situation hinweisen, in der sich Hertie befindet. Das Schreiben, das von der zuständigen Dienstleistungsgewerkschaft ver.di an die Öffentlichkeit gebracht wurde, erhält jedoch nicht nur Hilferufe sondern auch bittere Vorwürfe an das bisherige Konzernmanagement, dass die Krise mit seiner Führungspolitik erst verursacht habe. Man habe miterleben müssen, wie das Unternehmen in den letzten Jahren „systematisch zerstört wurde“, so die Betriebsräte. Die ehemaligen Manager hätten die Warenhäuser durch mangelnde Erhaltungsinvestitionen geradezu „verkommen lassen“ und „keine qualitativen Konzepte“ gegen die immer stärker werdenden Shop-Center entwickelt.

Geht es nach Insolvenzverwalter Bähr, leidet Hertie jedoch in erster Linie an den viel zu hohen Mieten, die das Unternehmen an seinen früheren Eigentümer, den Finanzinvestor Dawnay Day zahlen musste und bis zu 20 Prozent des Gesamtumsatzes verschlungen haben sollen. Das fünffache der marktüblichen Preise soll Hertie so an Day bezahlt haben, und das über einen viel zu langen Zeitraum. Nun ist Day jedoch genauso pleite wie Hertie, nur dass bei dem Essener Konzern rund 3.400 Mitarbeiter betroffen sind.

Die Abwicklung von 520 Vollzeit-Stellen ist bereits beschlossene Sache, und wenn weiterhin kein Investor für die verbleibenden 54 Warenhäuser gefunden wird, stehen wohl auch die anderen Arbeitsplätze vor dem endgültigen Aus.

Nun soll ein Treffen auf politischer Ebene das Schlimmste verhindern, die nordrhein-westfälische Landesregierung hat für den heutigen Mittwoch zu einem Krisengespräch in das Düsseldorfer Wirtschaftsministerium gebeten. Wer daran teilnehmen wird und ob es Pläne über eine durch den Staat finanzierte Rettungsaktion gibt, wurde bislang nicht bekannt.

Foto: Hertie

Hertie