Indonesien: ein Bekleidungsriese, mit dem man rechnen sollte
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Wie auch in den Porträts zu Vietnam und Indien gesehen, gibt es für Indonesien ebenfalls Stimmen, die angesichts der aktuellen Unglücke in Bekleidungsfabriken in Bangladesch eine Verlagerung in andere bekleidungsproduzierende Länder voraussehen.
USA, EU und Japan wichtigste Bekleidungsimporteure
Die USA, die Europäische Union und Japan sind auf Indonesien angewiesen, um ihren Bedarf nach Konfektionskleidung zu decken. 36 Prozent aller in Indonesien hergestellten Textilien und Bekleidung gingen deshalb 2011 in die USA, 16 Prozent in die EU und 5 Prozent nach Japan.
Wer sich in Indonesien nach Bekleidungsherstellern umsehen will, kann von der Tatsache Gebrauch machen, dass die indonesische Textil- und Bekleidungsindustrie stark konzentriert ist und die meisten Betriebe sich auf der Insel Java und hier besonders im Westen befinden. Die Hauptstadt Jakarta und die Insel Batam im Nordwesten weisen ebenfalls eine starke Konzentration von Bekleidungsfabriken auf, wobei letztere ihre Nähe zu Singapur nutzt - Batam ist nur 20 Kilometer von der Südküste Singapurs entfert und Teil einer speziellen Wirtschaftszone mit dem Stadtstaat, die Zölle und Mehrwertsteuer für zwischen den beiden Häfen gehandelte Waren aufhebt. Niedrigere Lohnkosten und spezielle staatliche Förderung machen die Insel zusätzlich attraktiv für ausländische Firmen, die hier Fabriken betreiben.
Bangladesch kann von Indonesien lernen
Auch wenn keine große Verlagerung der Aufträge von Bangladesch nach Indonesien zu erwarten ist, könnte die südostasiatische und ozeanische Nation doch ein Vorbild für seinen nördlichen Konkurrenten in Bezug auf die Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Löhnen und stetiger Wettbewerbsfähigkeit sein. Schließlich hat Indonesien seine Bekleidungsindustrie nach einer Reihe von Sweatshop-Skandalen in den 90er Jahren durch eine Kombination von staatlicher Förderung und Vereinbarungen zwischen Gewerkschaften und internationalen Auftraggebern erfolgreich verbessert und bessere Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen eingeführt.
"Wir sind in vieler Hinsicht viel besser als Bangladesch; wir haben eine der besten Mindestlöhne in Asien und wir sind relativ frei, Gewerkschaften zu gründen", bestätigt Surya Tjandra, ein Experte für Arbeitsrecht an der Atma Jaya University in Jakarta, so der Christian Science Monitor.
Wie viele asiatische Länder hat die Nation mit einer Bevölkerung von 260 Millionen ihre Bekleidungsindustrie in den 1970er Jahren aufgebaut und von billigen Arbeitskräften profitiert, die jederzeit und im Überfluss verhanden waren. Der Rücktritt des autokratischen Präsidenten Mohamed Suharto im Jahr 1998 hat dem Land ebenfalls geholfen, da er Arbeitsmarktreformen zusammen mit Demokratie einleitete. Besonders die frühere Präsidentin Megawati Sukarnoputri (2001-2004) förderte arbeiterfreundliche Gesetze, einschließlich eins aus dem Jahr 2003, das sich für hohe Abfindungen einsetzt. Im Jahr 2012 stieg der Mindestlohn um bis zu 40 Prozent und liegt derzeit für Bekleidungsarbeiter bei 80 bis 160 US-Dollar im Monat (zum Vergleich: Löhne des südostasiatischen Nachbarn und Konkurrenten Kambodscha liegen bei rund 75 US-Dollar im Monat).
Abkommen zwischen Auftraggebern, Lieferanten und Gewerkschaften helfen
Abkommen wie das Freedom of Association Protocol (FOAP) haben einen großen Unterschied gemacht. Es wurde im Juni 2011 von Gewerkschaften, Fabriken und sechs internationalen Sportbekleidungsmarken unterzeichnet, um “die Rechte von Frauen und Männern zu unterstützen, die für internationale Marken in Indonesien fertigen, um sich Gewerkschaften anzuschließen und sich gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen und Veränderungen zu bewirken.” Obwohl nur sechs internationale Auftraggeber das Abkommen unterzeichneten - Adidas, Asics, New Balance, Nike, Pentland und Puma – war es doch ein wichtiger Meilenstein, da diese sechs den Großteil der Sportartikelhersteller weltweit ausmachen und es auch das erste Abkommen überhaupt war, das die Verpflichtung örtlicher Arbeitsrechtsgruppen, Lieferanten und internationaler Auftraggeber gleichermaßen einbezog.
Angesichts der Tatsache, dass der indonesische Bekleidungsmarkt noch fragmentiert ist, hat jeder einzelne große internationale Auftraggeber die Möglichkeit, etwas zu verändern. So gab es 2012 keinen einzelnen heimischen oder internationalen Auftraggeber mit mehr als einem Prozent Anteil am indonesischen Bekleidungsmarkt. Der spanische Modegigant Inditex kam der Spitzenposition am nächsten, gefolgt von Schuhhersteller Bata.
Laut Scott Nova, geschäftsführendem Direktor des Worker Rights Consortiums, sind Abkommen wie das FOAP wichtig, da sie “die Verpflichtungen von Fabrikbesitzern, Marken und Einzelhändlern gleichermaßen ansprechen”, aber es gibt immer noch eine Diskrepanz zwischen Theorie und Umsetzung. "Es gab große Probleme mit Arbeitern, die um ihre Abfindungen gebracht wurden und auch wenn der Mindestlohn dank massiver Proteste wesentlich höher ist [als anderswo], ist es doch ein Hungerlohn”, stellt Nova fest.
Wie Vietnam (und Kambodscha, Haiti, Jordan, Lesotho und Nicaragua weltweit) ist Indonesien seit 2011 Teil des Better Work-Programms der Internationalen Arbeitsorganisation, dessen Ziel ist, die Arbeitsbedingungen in Bekleidungsfabriken zu verbessern und gleichzeitig die Produktivität und Wettbewerbsfähigheit zu fördern. Laut der Better Work-Website, sieht die Durchführung des Programms im Land gut aus: “Auch wenn es noch in den Anfangsjahren ist, war das Programm bereits erfolgreich darin, die Teilnahme von Betrieben und internationalen Auftraggebern anzuregen, wobei koreanische multinationale Zulieferer, die prozentual einen großen Anteil der Investoren ausmachen, die Führung übernommen haben, sowie mit einem Pilotprojekt der sozialen Medien Neuerungen einführen, die sich an die Arbeiter richten.”
Herausforderungen und Chancen für Indonesien
Was die Herausforderungen angeht, wird Indonesien ein Problem zu bewältigen haben, das unter den Entwicklungsländern weit verbreitet ist, nämlich den Bedarf nach Investitionen in Maschinen, Ausrüstung und Technologie. Rund 70 Prozent aller in der Textil- und Bekleidungsindustrie benutzten Maschinen gilt als überholt, d.h. ist mehr als 10 Jahre alt. Als Antwort auf dieses Problem hat die indonesische Regierung 2007 ein Restrukturierungsprogramm für Textilmaschinen eingeführt, das Anreize wie Rabatte und geringere Zinsraten auf Maschinen verspricht. Zudem ist der Import von Textilmaschinen zollfrei.
Die Konkurrenz aus China und anderen asiatischen Ländern ist eine weitere Herausforderung für Indonesien, speziell in Bezug auf chinesische Exporte von Fasern, Textilien und Bekleidung nach der Aufnahme von China in das Freihandelsabkommens des Verbands Südostasiatischer Nationen (CAFTA) im Januar 2010. Nach einem anfänglichen Anstieg chinesischer Exporte um 70 Prozent wird Indonesien als Hersteller hochwertiger Ware jedoch mittelfristig von dem Abkommen profitieren.
Laut dem Global Business Guide Indonesia bleibt auch das Wachstum der heimischen Bekleidungs- und Textilproduktion eine große Herausforderung: “Die Markenbildung und Vermarktung von in Indonesien hergestellten Textilien wurde in der Vergangenheit schlecht durchgeführt und heimische Marken haben bei den indonesischen Verbrauchern nicht gut Fuß gefasst. Ausländische Bekleidungsmarken florieren am oberen Rand des Markts sowie die Importe billiger Bekleidungsartikel aus China. Mit einer Neuorientierung des Sektors auf hochwertigere Ware und einem größeren Schwerpunkt auf Innovation und Kreativität hat Indonesien eine starke Basis für eine weitere Entwicklung seiner Bekleidungs-, Textil- und Textilfaserindustrien.”
Dieser Artikel schließt unsere Reihe von Länderporträts der Spitzenexporteure des Bekleidungssektors ab. Bitte schicken Sie Kommentare, Fragen und Anregungen an news@fashionunited.com.
Fotos: Made in Indonesien (Noricum), Arbeiterinnen in einer Bekleidungsfabrik (Better Work Indonesia); ein Schneider auf Java (Nick Sarebi)