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Kampf der Mode-Giganten: Bosideng gegen Inditex

Von FashionUnited

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“China ist ein großes Land für Bekleidung, aber noch kein einflussreiches Land für Bekleidung”, sagte Frau Gao Mei Zhen, Mitglied der Familie, die hinter Chinas bekanntester Marke und größter Holding-Gesellschaft Bosideng

steckt, im Rahmen der 29. IAF Modemesse in Shanghai.

Analysten
der weltweiten Beraterfirma Price Waterhouse Coopers zufolge hat die Wirtschaftskrise in Europa Chinas Bedarf an Konsumgütern nicht beeinflusst und das Land ist dabei, innerhalb der nächsten drei Jahre der größte Einzelhandelsmarkt der Welt zu werden. Dies macht China zum Schwerpunkt für Unternehmen wie Inditex, das Mutterunternehmen von Fast Fashion-Marke Zara. Ashma Kunde, Analystin für Bekleidung bei Euromonitor International, weist darauf hin, dass “trotz der wirtschaftlichen Verlangsamung des Landes, [China] 2012 bei weitem Inditex' wichtigster Markt war, was die Einzelhandelsexpansion angeht." Angesichts eines Großteils von Unternehmen aus dem Westen, die das wachsende Potential des chinesischen Markts fest im Blick haben, wo bleiben da die aufstrebenden chinesischen Marken?

Bosideng ist bereit für den Weltmarkt

Die chinesische Regierung ermutigt herausragenden Unternehmen aktiv, auf den Weltmarkt zu gehen. Die Bosideng International Holding Company, am besten für ihre 500-Yen Daunenjacke (rund 60 Euro) bekannt, erwarb kürzlich die britische Herrenbekleidungmarke Greenwoods, nachdem das Unternehmen im letzen Jahr seinen ersten Flagshipstore außerhalb Chinas in London eröffnete. Bosideng schloss das Geschäft für 40 Millionen Yen ab (rund 4,88 Millionen Euro) und besitzt 96 Prozent des Unternehmens in der Hoffnung, dass die britische Marke helfen wird, Bosidengs Position in Großbritannien zu verstärken und zu festigen sowie seine Expansion in andere europäische Länder zu unterstützen. Bosideng ist jedoch bis jetzt im Vergleich zu anderen Holdinggesellschaften innerhalb der EU größtenteils unbeobachtet geblieben. Die spanische Holdinggesellschaft Inditex gilt derzeit als die größte Einzelhandelsholding der Welt und ihr Gründer, Amancio Ortega, wird mit einem geschätzten Vermögen von 47,6 Milliarden Euro als drittreichster Mann auf Bloombergs Milliardärindex geführt; Inditex’ Marktwert wird auf den beeindruckenden Betrag von 80 Milliarden Euro geschätzt. Im Vergleich dazu wird Bosidengs Gründer Herr Gao Dekang von Forbes als zwölftreichster Geschäftsführer aufgeführt, und das Unternehmen hat einen wesentlich kleineren Marktwert, der auf knapp über 2 Milliarden Euro geschätzt wird.

Aber laut Geschäftsführer Manel Jadraque des spanischen Labels Desigual “gibt es auf der Welt Platz für 20 Firmen wie Inditex” und Bosideng hat es sich bereits zum Ziel gesetzt, neben Inditex eine der größten Holdinggesellschaften der Welt zu werden. Um jedoch mit Inditex auf gleichem Niveau konkurrieren zu können, muss das chinesische Unternehmen noch eine Reihe von Hindernissen überwinden. Obwohl Bosideng mit einem geschätzten Wert aller Marken von 24,5 Milliarden Yen (2.98 Milliarden Euro) umsatzmäßig eine der sich am besten verkaufenden Marken Chinas ist und mehr als 14.343 Geschäfte in ganz China hat (Stand: 31. März 2013), muss das Unternehmen jedoch erst noch das gleiche Level an weltweiter Markenerkennung wie Inditex errreichen, denn außerhalb des chinesischen und britischen Markts hat Bosideng nur eine geringe Präsenz.

Inditex
gewinnt Modefans mit dem Versprechen von zwei neuen Artikeln pro Woche

Inditex hingegen hat 6.104 Geschäfte (Stand: 31. Juli 2013) in 86 Ländern weltweit und hat erfolgreich auf allen fünf Kontinenten sein Geschäftsmodell eingeführt. Inditex’ Hauptmarke Zara ist ein Fast Fashion-Vorreiter und seine einzigartige Lieferkette hilft ihr dabei, konkurrierende Modeeinzelhändler wie H&M und Primark auszustechen, so der aktuelle Bericht “Fashion 2025” der internationalen Bank ING. Zara zieht Massen von Kunden mit seinem Versprechen an, “alle 15 Tage neue Artikel” bereitzustellen und bleibt trotz höherer Kosten durch die Produktion in “heimischen Gefilden” der Konkurrenz einen Schritt voraus. Inditex gab im letzten Jahr Umsätze von 16 Milliarden Euro bekannt, wobei die meisten Umsätze auf die Hauptmarke zurückgingen, sowie Pläne, 1.000 weitere Geschäfte weltweit zu eröffnen, wobei die Hälte davon Zara- Geschäfte sein sollen. Inditex schätzt die Umsätze durch das Hinzufügen dieser neuen Geschäfte auf 19 Milliarden Euro und den Reingewinn auf 3 Milliarden Euro ein und zeigt keine Anzeichen, seine Expansiongeschwindigkeit zu drosseln.

Überraschenderweise bedient sich Bosideng eines anderen Geschäftsmodells, um neue Märkte zu erschließen. Laut Kunde hat das chinesische Unternehmen den entgegengesetzten Weg eingeschlagen. “Statt auf den Fast-Fashion-Zug aufzuspringen hat [Bosideng] sich für gehobene Herrenbekleidung entschieden.” Im letzten Jahre eröffnete Bosideng sein erstes Geschäft in Großbritannien, an der Ecke Oxford und South Molten Street in London. Das Unternehmen entschied sich, im Geschäft statt seiner bestehenden vier Marken eine neue Reihe gehobener Herrenbekleidung einzuführen und nannte sie Bosideng London. Um den britischen Markt und was Männer dort tragen besser zu verstehen, stellte Bosideng die britischen Designchefs Nick Holland und Ash Gangotra ein, um dabei zu helfen, die neue Reihe zu entwickeln. Frau Gao Mei Zhen erklärte, dass durch die Zusammenarbeit ausländischer und chinesischer Designer das Unternehmen hofft, die Marke erfolgreich in neuen Märkten einführen zu können.

Kunde gibt jedoch zu bedenken, dass das erste britische Geschäft “einen größeren Einfluss haben sollte als es hat” und weist darauf hin, dass “die Markenbildung weiterhin ein wichtiges Anliegen bleibt”. Sie sagt: “Trotz des hochwertigen Produktangebots und konkurrenzfähigerPreise bleibt das Markenbewusstsein lähmend niedrig.” Obwohl Bosidengs jüngste Akquisition der britischen Herrenbekleidungskette Greenwoods, seine Partnerschaft mit Tottenham Hotspur und seine neue britische E-Kommerz-Site dem Unternehmen helfen werden, auf dem britischen Markt Fuß zu fassen, fasst Kunde zusammen: “Die Akquisition hilft nicht in Bezug auf Bosidengs Hauptproblem – der Markenidentität im Ausland.” Wenn Bosideng wirklich versucht, weiter im Ausland zu expandieren und ein "international bekannter, integrierter Betreiber von Bekleidungsmarken" zu werden wie Herr Gao Dekang, Vorsitzender und Gründer des Unternehmens in diesem Jahr in einer Bekanntmachung sagte, dann muss sich die Firma diesem Problem stellen.

Mohammed Mirza, Gründer und Geschäftsführer von Luxury Recruit, stimmt Kunde zu. “Ich denke, es ist fair zu sagen, dass Bosidengs europäisches Unterfangen eher langsam begonnen hat. Seit den eineinhalb Jahren, die es sein sehr teures Geschäft an der South Molton Street eröffnet hat, hat Bosideng Probleme gehabt, Kunden zu gewinnen und eine beachtliche Kundenfrequenz aufzubauen. Obwohl das Produkt attraktiv, gut aufgemacht und gut vermarktet ist, befindet es sich in dem konkurrenzbetonten Massenluxusbereich, den etablierte Marken wie Reiss einnehmen. Als Neueinsteiger in die britische Luxusbekleidungsszene mit einem unbekannten Namen und wenig in Bezug auf eine gewinnende Geschichte zum Ausgleich ist die Marke etwas von der Bildfläche verschwunden.”

Bosidengs
Diskrepanz zwischen Bosideng London und Bosideng China

Mirza weist auch darauf hin, dass das Unternehmen “als Chinas größte Modemarke in Bezug auf Umsatz weit davon entfernt ist, knapp bei Kasse zu sein” und sicherlich die Mittel hat, seine derzeitige Stellung in Großbritannien mit Hilfe des richtigen Marketings und der richtigen Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern. Aber zuerst müsste das Unternehmen versuchen, seine “riesige Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Image, das Bosideng versucht, in London zu präsentieren und dem Modell und den Verpflichtungen, die es mit Greenwoods auf sich nimmt, zu überbrücken.” Zwischen den Geschäftsmodellen und Marken, die Bosideng in Großbritannien eingeführt hat, und denen in China bestehen große Unterschiede, da Bosident in seinem Heimatland mit “so etwas wie Gap” vergleichbar ist, während die britische Marke exklusiv und edel ist. Laut Doreen Wang, Leiterin des Bereichs Customer Solutions bei Millward Brown in China, versuchen chinesische Fimen, eine unterschiedliche internationale Präsenz aufzubauen, weil es schwer ist, das Markenimage in China “zu verändern oder zu aktualisieren”. Mit der Einführung einer Luxusreihe von Herrenbekleidung hat Bosideng die Chance, die Kundenwahrnehmung seiner Marken zu verändern.

Obwohl chinesische Kunden sich für Luxusgüter nach Westen orientieren, schaut leider ein Großteil der britischen Kunden nicht nach Osten für Luxusgüter oder Marken, besonders wenn diese außerhalb Asiens größtenteils unbekannt sind. Gerade diese vorgefasste Meinung, dass der Westen in Bezug auf Qualität bessere Ware anbietet, hat jedoch Inditex geholfen, in China und anderen asiatischen Märkten zu expandieren. “Die Mehrheit der chinesischen Kunden zieht immer noch westliche Marken und Produkte den einheimischen vor”, bestätigte Julie Sun, Bosidengs Vizepräsidentin für Unternehmensstrategie und Anlegerpflege kürzlich in einem Interview. Kunde weist darauf hin, dass der Hauptvorteil für Inditex in China die chinesische Anerkennung für die “europäische modebewusste Designästhetik” ist. Sie gibt eine Herausforderung zu bedenken, die Inditex sich zukünftig auf dem chinesischen Markt stellen muss, nämlich "seine längere Lieferkette aufgrund der Produktion, die näher an Westeuropa liegt. Dies bedeutet, dass sein Hauptwettbewerbsvorteil Geschwindigkeit gefährdet ist.” Um in China mit anderen modebewussten Marken wie Bosideng und Uniqlo konkurrieren zu können, muss Inditex in Erwägung ziehen, seine Produktionsstätten näher an den asiatischen Markt zu verlagern oder das Risiko eingehen, in Bezug auf sein schnelles Geschäftsmodell ins Hintertreffen zu geraten. Da jedoch China inzwischen Inditex’ zweitgrößter Markt nach Spanien ist, wird es nicht lange dauern, bis die Firma ihre eigene “heimische” Produktionsstätte eröffnet, um mit der wachsenden Nachfrage nach dem Fast-Fashion-Rezept des Unternehmens Schritt halten zu können.

Aber wie Frau Gao Mei Zhen auf der Modemesse sagte: “Nur wenn wir uns der stärkeren Konkurrzenz stellen, können wir uns selbst besser verstehen und erfolgsorientiert bleiben.” Ohne Konkurrenten wie Inditex, um Bosideng voranzutreiben, gäbe es keinen Kampf um die Dominanz in den Einzelhandelsmärkten der Welt.

Vivian Hendriksz
Übersetzung von Simone Preuss


Fotos: Zara in China Zara Jacke (rechts), Bosideng Jacke (links) Bosideng in London
Bosideng
Inditex