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Karstadt, Quelle und Primondo sind konkurs

Von FashionUnited

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Es hat am Ende alles nichts mehr geholfen. Weder, dass Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick am Montagvormittag mit einem Megafon bewaffnet eine Bockleiter emporstieg, um sich solidarisch mit den protestierenden Karstadt-Mitarbeitern vor dem Arcandor-Hauptquartier für staatliche Kredite einzusetzen,

noch die Tausende von Unterschriften, die von den Konzernangestellten während der letzten Wochen in den Fußgängerzonen der Republik gesammelt wurden. Am Diensteg, dem 9. Juni 2009 hat der Handelskonzern Arcandor beim zuständigen Amtsgericht Essen Insolvenz angemeldet.

Alle Proteste, alle Kundenunterstützung und alle TV-Talkrunden verpufften damit, ohne auch nur einen Hauch an Wirkung erzeugt zu haben. Bis zuletzt hatte das Arcandor-Management noch auf die Zusage der Bundesregierung gewartet, doch noch wenigstens noch eine Staatsbürgschaft in Aussicht gestellt zu bekommen. Nachdem die Politik bereits am Montagfrüh signalisiert hatte, die beantragten Beihilfen in Höhe von rund 437 Millionen Euro nicht bereitzustellen, kam am Nachmittag auch die Absage für etwaige Bürgschaften. Arcandor solle sein Antragswerk nochmals nachbessern, die Anteilseigner mehr in die Pflicht nehmen und bei den Gesprächen mit Metro über einen Verkauf der Karstadt-Sparte auf’s Tempo zu drücken.

Forderungen, die von Arcandor anscheinend nicht zu leisten waren. Auch die Bemühungen Eicks, die nun auslaufenden Kreditlinien um weitere Monate zu verlängern und sich so etwas Luft zu verschaffen, schlugen fehl, da die Investoren nicht mitspielen wollten. Angesichts der nun fälligen Darlehen in Höhe von satten 710 Millionen Euro sei der Insolvenzantrag erforderlich gewesen, so Eick. Ziel des Verfahrens sei nun, mit einem Insolvenzplan die begonnene Sanierung des Unternehmens und seiner Tochtergesellschaften fortzusetzen und deren Fortbestand zu sichern.

Mit der Konzernmutter Arcandor AG haben auch die Karstadt Warenhaus GmbH, die Primondo GmbH und die Quelle GmbH Gläubigerschutz beantragt. Unberührt vom Insolvenzverfahren bleiben hingegen der Reiseveranstalter Thomas Cook, die Spezialversender der Primondo-Gruppe sowie der Homeshopping-Sender HSE 24. Insgesamt stehen rund 43.000 der über 50.000 Arbeitsplätze bei Arcandor auf dem Spiel, von denen sicherlich viele abgebaut werden. Auch wenn Metro wie geplant 60 der 90 Karstadt-Filialen übernehmen sollte, wird wohl ein Drittel der Mitarbeiter gehen müssen. Wie es mit dem Versandhändler Quelle und den Spezialversendern wie Baby Waltz weitergehen soll, ist bislang völlig unklar. Immerhin: Alle Gehälter der Beschäftigten sind Unternehmensangaben zufolge für die Monate Juni, Juli und August gesichert, bezahlt von der Bundesagentur für Arbeit. Was danach kommt, weiß derzeit noch niemand.

Wie der Arcandor-Vorstand am Dienstagnachmittag weiter mitteilte, wurde inzwischen der Kölner Rechtsanwalt Klaus Hubert Görg zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestimmt, während der Düsseldorfer Insolvenzexperte Horst Piepenburg die Durchführung des Verfahrens als Generalbevollmächtigter leiten soll. Ziel des Verfahrens: Retten, was noch zu retten ist. Arcandor-Chef Eick zeigte sich ebenso zerknirscht wie kämpferisch angesichts der momentanen Lage. „Gemeinsam mit Herrn Dr. Görg und Horst Piepenburg werden wir im Rahmen einer strukturierten Insolvenz die Ziele unseres Ende April vorgestellten Restrukturierungskonzepts konsequent weiter umsetzen,“ so der Manager, dessen Laufbahn bei Arcandor erst im vergangenen Jahr begonnen hatte. Er ist sich sicher: „Dieses Verfahren versetzt uns in die Lage, schnell und effizient die notwendigen Veränderungsprozesse auf dem Weg zu einem wieder erstarkten Unternehmen zu vollziehen. Dabei werden wir mit aller Kraft daran arbeiten, möglichst viele Arbeitsplätze und Standorte zu erhalten.“

Der laufende Geschäftsbetrieb soll unterdessen auch bei den betroffenen Unternehmensteilen unvermindert fortgesetzt werden. Warenlieferungen würden im Rahmen der vereinbarten Zahlungskonditionen bedient und sämtliche Kundenbestellungen im Versandhandel weiter ausgeführt, so der Arcandor-Vorstand. Außerdem behielten auch die bestehenden Kundengarantien ihre Gültigkeit, ebenso wie das Rückgaberecht für Waren.

Mancher Mitarbeiter hätte es derzeit jedoch wohl lieber, wenn es auch ein Rückgaberecht für Hauptaktionäre geben würde. Die beiden großen Anteilseigner von Arcandor, das Bankhaus Sal. Oppenheim und die Schickedanz-Familie, profitierten in der Vergangenheit in hohem Umfang von der ganz auf Shareholder Value angelegten Firmenpolitik des vorherigen Chefs Thomas Middelhoff, ohne sich jedoch in der aktuellen Notlage kompromissbereit zu zeigen und einen Teil des Finanzierungsrisikos zu übernehmen. Wie Hohn mag da die Aussage des Arcandor-Managemnts klingen, die beiden Hauptaktionäre „bekennen sich unverändert zum Fortbestand des Unternehmens“.

Foto: ver.di

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