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Modebranche: Nachhaltigkeit unterm Weihnachstbaum?

Von FashionUnited

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Bekleidung, Bücher und Spielwaren sind nach wie vor die Renner unterm Weihnachsbaum. Laut GfK-Studie werden die Deutschen 2012 rund 285 Euro für Weihnachtsgeschenke ausgeben; 11 Euro mehr als im letzten Jahr. Aber angesichts jüngster

Sicherheitsskandale in Zulieferländern (260 Tote in einer Textilfabrik in Pakistan, 115 in Bangladesch) und Giftstoffen in Markenbekleidung, ist dieses Segment noch so stark wie zuvor?

Modeunternehmen
gelangen zunehmend ins Kreuzfeuer für ihre Handlungsweisen - der Sportartikelriese Adidas und seine geplatzten Sponsorenverträge mit US-Universitäten aufgrund ausstehender Abfindungszahlungen an einen Zulieferer in Indonesien ist hier nur ein Beispiel. Was können Modehäuser aber in Punkto Nachhaltigkeit und Arbeitssichterheit tun? Und wie können sie aufgebrachte Kunden beruhigen? Fashion United hat sich umgehört.

Geringere Gewinne werden gern als Gründe gegen eine aktive Nachhaltigkeitspolitik angeführt – sei es in Bezug auf umweltverträgliche Produktion oder Arbeitssicherheit. “[Unternehmen] fürchten sich davor, entsprechende Entscheidungen zu treffen, weil durch den Kauf von Fair-Trade-Produkten oder durch menschenwürdige Arbeitsbedingungen die Kosten steigen und damit der Gewinn des Unternehmens geringer wird”, stellte Fraktionsgeschäftsführer der Grünen Volker Beck fest.

Dabei würde sich der Preis eines T-Shirts laut einer Berechnung der Kampagne für Saubere Kleidung nur um etwa 12 Cents verteuern – für Kunden durchaus tragbar, gerade wenn auf dem Etikett verzeichnet wird, dass das Kleidungstück ein “sauberes” ist.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Offenlegung aller Bezugsquellen. Auftraggeber sträuben sich oft dagegen, dabei ist er zu ihrer eigenen Sicherheit, denn diese Offenlegung sollte sich auch auf Zulieferer erstrecken. Hier gilt allerdings – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, denn sonst kann sich schnell herausstellen, dass Kleidungsstücke nicht wie besprochen in Textilfabrik XYZ, sondern durch Gefängnis- oder Kinderarbeit angefertigt wurden. Ein Beispiel ist hier der Fall Takko, bei dem sich der Textildiskonter angeblich auf die Versprechen ausländischer Tochterfirmen deutscher Auftragnehmer verlassen hatte und feststellen musste, dass Tausende seiner Kleidungsstücken in chinesischen Gefängnissen hergestellt wurden.

Was tun in einem solchen Fall, wenn negative Publicity droht? Statt sich hinter einem Verhaltenskodex für Grundregeln zu verstecken oder die Verantwortung auf Zulieferfirmen und örtliche Behörden abzuwälzen, sollten die betroffenen Auftraggeber ihre Fehler eingestehen. Ehrlichkeit kommt bei Verbrauchern gut an, ebenso wie das Versprechen (und dessen Einhaltung), sich aktiv an einer Verbesserung der Zustände zu beteiligen, zum Beispiel durch regelmäßige Sicherheitschecks vor Ort .

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as nicht hilft, sind Boykotte bestimmter Marken oder Unternehmen, denn die treffen meist jene zuerst, die sowie schon wenig haben: Die größtenteils weiblichen Arbeitskräfte in Zulieferbetrieben, die durch ihren Job vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben die Möglichkeit haben, zum Familieneinkommen beizusteuern und sich so etwas finanzielle Autonomie zu erkaufen. Sinnvoller ist hier, gemeinsan die Arbeitsbedingungen aller Arbeitskräfte der Lieferkette zu verbessern. Dabei helfen Information und Ausdauer, denn ein ständiges Nachhaken und Nachprüfen wird unerläßlich sein, bis die ersten Grundregeln sich etabliert haben.

Unternehmen, die ihre soziale Verantwortung Ernst nehmen, könnten bald auch von gesetzlicher Seite Beistand bekommen. Ein Gesetzentwurf der Grünen-Bundestagsfraktion sieht eine Ergänzung zu Paragraf 93 des Aktiengesetzes vor, „wonach die Einhaltung menschenrechtlicher, sozialer und ökologischer Standards in allen Geschäftsbereichen Bestandteil der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters sind und damit nicht zu einem Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Vorstand führen können.“ Damit würde die unternehmerische soziale Verantwortung von der freiwilligen Auflage (‘nice to have’) zum Standard (‘must have’) werden.

Müssen Modemarken angesichts der jüngsten Skandale Angst haben, ihre Kunden zu verlieren? Laut Kurzumfrage des Onlinemagazins Textilwirtschaft Anfang Dezember lautet die Antwort ‘nein’. Dort reichten die Antworten der zu Kik und zum Fabrikbrand in Bangladesch Befragten von “die Menschen tun mir schon leid” und “man macht sich irgendwie mit schuldig” bis “ich muss auch aufs Geld achten”. ‘Noch nicht’ sollte man wohl ergänzen, denn im Hinblick auf immer besser informierte Kunden scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die sich häufenden Vorfälle auch im Kaufverhalten Wirkung zeigen.

Simone Preuss

CSR
Nachhaltigkeit
Textilindustrie