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Ost-Städte kämpfen gegen geplanten A9-Center

Von FashionUnited

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Seit der Insolvenz der Kaufhauskette Karstadt, dem Aus des Konkurrenten Hertie und dem stetig fortschreitenden Verfall der klassischen, urbanen Warenhauskultur machen sich Politiker vermehrt öffentlich Sorgen um die Entwicklung deutscher Innenstädte. Sowohl aus den Reihen der SPD,

als auch von einzelnen CDE-Vertretern ist immer öfter zu hören, dass man sich den urplötzlich signifikanten Problemen der alteingesessenen Fußgängerzonen der Republik ernsthaft Sorgen machen müsse.

Dabei leidet der Einzelhandel, allen voran im Textil-Sektor gar nicht unter dem Trend der letzten Jahre, der sich vom klassischen Warenhausmodell zum Marken-Store-Konzept wandelte und so der steigenden Individualisierung in der Bevölkerung Rechnung trug. Bei Karstadt, der seit Jahren rote Zahlen schreibt und kaum noch von jüngeren Zielgruppen nachgefragt ist, geht es nun jedoch um Tausende von Arbeitsplätzen, die auf dem Spiel stehen. Da kann man als Politiker schon mal etwas populistisch werden, und sich über die Finanz-Haie mockieren, die einfach so ein Designer-Outlet-Center auf die grüne Wiese bauen wollen und so den City-Lagen der umliegenden Städte den Todesstoß verpassen.

Bestes Beispiel für den zunehmend mit harten Bandagen geführten Standortwettbewerb ist ein aktueller Fall aus dem Osten Deutschlands. Hier will die niederländische Investment-Gesellschaft Stable International ein Mode-Outlet direkt an der Autobahn A9 nahe des sächsischen Örtchens Wiedemar errichten. Der geplante Komplex, der rund 60 Geschäfte vorsieht und mit dem Verkauf von Markenmode zu besonders günstigen Preisen locken will, soll bereits im herbst nächsten Jahres eröffnet werden.

Den Stadtoberen der benachbarten Ost-Metropolen Leipzig und Halle ist die Shopping-Mall schon jetzt ein Dorn im Auge. Seit an Seit mit dem lokalen Einzelhandel machen die Städte nun Front gegen das Vorhaben, versuchen den Bau sogar mit juristischen Mitteln zu verhindern. Wie die „Mitteldeutsche Zeitung“ (MZ) berichtet, haben die Stadtverwaltungen von Halle, Leipzig, Delitzsch und Schkeuditz bereits gegen die erteilte Baugenehmigung durch den Landkreis Nordsachsen Widerspruch eingelegt. Entsetzt zeigen sich gegenüber dem Blatt auch die Filialleiter der alteingesessenen Warenhäuser, die eine weitere Abwanderung von Kunden befürchten. „Wir engagieren uns seit Jahren für eine Belebung der Innenstädte und jetzt wird uns dieser Klotz vor die Nase gesetzt", so etwa Wolfgang Schmidt, Chef des Kaufhofs Halle und Vorsitzender der Händlervereinigung trotzig. Er setzt sich vehement dafür ein, dass dem ungeliebten Konkurrenten bereits vor Baubeginn das Wasser abgegraben wird. Genauso übrigens, wie auch die Leiterin der Leipziger Karstadt-Filiale, Marlies Göllnitz-Gellert. Sie weiß nun, wo der Feind steht und konstatiert gegenüber der „MZ“: „Der Bau immer neuer Shopping-Center auf der grünen Wiese ist auch ein Grund, warum es Karstadt nicht gut geht."

Wie es scheint, halten Politik und Wirtschaft im Osten nach wie vor nicht allzu viel von den Mechanismen der Marktwirtschaft, schon gar nicht, wenn der Konkurrent auch noch aus dem Ausland kommt. Selten gab es seit dem Fall der Mauer ein solch einhelliges Auftreten von Politik, Einzelhandel und Verbänden gegen die kapitalistische Gefahr aus dem westlichen Ausland, die die heimische Wirtschaft bedroht und damit auch gleich die komplette abendländische Kultur der belebten Innenstadt über Nacht einfach abschafft. Dabei sollen in dem geplanten Designer-Outlet immerhin auch 350 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Dass die Innenstädte jedoch viel mehr von der Vielfalt der Gewerbeansiedlungen, von exklusiven Marken-Stores, kleinen Designer-Boutiquen und einer guten Infrastruktur nebst optimaler Verkehrsanbindung leben, wird bei all der im Einzelfall vielleicht sogar berechtigten Kritik ganz verschwiegen. Außerdem sollten City-Lagen weit mehr zu bieten haben als Kaufhäuser und Modeläden. Ein Umfeld, in dem die Mischung aus Wohnen, Kultur, Nightlife und Shopping stimmt, wird sich immer gegen jedwede Billig-Konurrenz von der grünen Wiese durchsetzen können. Vielleicht sollten sich die betroffenen Ost-Städte einfach wieder mehr auf die eigenen Stärken besinnen und sich weniger um die Entwicklungen im Umland konzentrieren.

Die Zeiten, in denen sich die Politik in die Belange der Wirtschaft direkt und protektionistisch eingemischt hat, sind doch eigentlich längst vorbei – oder etwa doch nicht?

Foto: Stable International

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