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Skandal um gefälschte Bio-Baumwolle

Von FashionUnited

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Das Prädikat Bio verhilft derzeit immer mehr Anbietern, ihre Produkte erfolgreich zu vermarkten. Nachhaltig produzierte Textilien und Nahrungsmittel sind gefragt wie nie, und auch Kleidung aus biologisch angebauter Baumwolle erfreut sich vor allem

in jüngeren, zahlungskräftigen Zielgruppen immer größerer Beliebtheit. Kein Wunder also, dass mittlerweile fast alle Modemarken eigene Bio-Kollektionen auf den Markt bringen, darunter auch die Textilfilialisten H&M und C&A, aber auch der Einzelhandelskonzern Tchibo.

Weltweit ist der Bedarf nach Bio-Produkten, darunter vor allem nach Baumwolle in den letzten Jahren exorbitant angestiegen, so dass der enorme Bedarf von den Erzeugern in Schwellen- und Drittweltländern anscheinend kaum mehr gedeckt werden kann. Die Folge: wie überall, wo sich viel Geld mit so genannter Mangelware verdienen lässt, wird getrickst und betrogen. Die neuesten Opfer des Bio-Schwindels im großen Stil sind wohl die drei bereits genannten Unternehmen H&M, Tchibo und C&A, die nach einem Bericht der „Financial Times Deutschland“ (FTD) falsch zertifizierte Baumwolle für ihre Bio-Linien verwendet haben sollen.

Im vergangenen Jahr sei im großen Stil indische Baumwolle als „organisch" verkauft worden, obwohl sie Spuren gentechnisch manipulierter Rohware enthielt, so das Blatt. In den Skandal verwickelt sein sollen neben dem indischen Fairtrade-Unternehmen Raj Eco Farm auch die Zertifizierer Ecocert aus Frankreich und Control Union aus den Niederlanden.

Nun herrscht helle Aufregung bei den betroffenen Marken, es geht um Imageverlust, das Einbüßen von Glaubwürdigkeit und in letzter Konsequenz auch um negative Einflüsse auf die Umsatzentwicklung. Bei Tchibo spricht man sogar bereits von einem „Gau“, den die falsche Zertifizierung ausgelöst habe. Das Unternehmen kündigte nun an, ein unabhängiges Labor einschalten zu wollen, um die Ware zu überprüfen. Auch C&A kündigte gegenüber der FTD an, die Fälle genau zu untersuchen. „Wenn an den Vorwürfen etwas dran sei, sei das kriminell und ein juristischer Verstoß", so ein Unternehmenssprecher. Ganz so dramatisch scheint man die Betrugsvorwürfe bei H&M nicht zu nehmen. Hier erklärt man nur lapidar, man habe mit dem Zertifizierer gesprochen, damit sich ein solcher Fehler nicht wiederhole.

Bleibt die Frage, warum die betroffenen Unternehmen erst jetzt reagieren. Schließlich flog der Schwindel bereits vor rund einem Jahr auf, als in den beiden indischen Provinzen Madhya Pradesh und Maharashtra, die zu den Hauptanbaugebieten von Bio-Baumwolle gehören, gentechnisch verändertes Saatgut ausgesät worden war. Die beteiligten Firmen wurden von der indischen Agrarbehörde Apeda bereits mit einem Strafgeld belegt. Ob C&A, Tchibo und H&M einfach blind der Zertifizierung der betrügerischen Firmen Glauben schenkte oder bewusst wegschaute, als die Gerüchte um den Bio-Betrug aufkamen, ist derzeit noch schwer nachvollziehbar. Fakt ist, dass H&M seine Produktlinie „Organic Cotton“ einfach weiter anbot. Genauso, wie C&A und Tchibo, die ihren Kunden bis heute „100 Prozent Bio“ versprechen.

Die Folgen aus dem Skandal dürften sich jedoch zumindest langfristig in Grenzen halten. Bio-Produkte boomen weiter, was zuletzt auch auf der Berliner Fashion Week zu sehen war. Hier widmeten sich mit „The Key.to“ und dem „Eco-Catwalk“ gleich zwei Messen dem Geschäft mit der Nachhaltigkeit und auch die Ordermesse Premium verzeichnete großes Besucherinteresse an ihrem Öko-Segment „Green Luxury“. Weltweit werden mittlerweile rund vier Milliarden US-Dollar im Jahr mit Biotextilien umgesetzt, Tendenz weiter steigend. Der Skandal um die falschen Zertifikate dürfte dem Markt also höchstens eine leine Delle versetzen. Zum Zusammenbruch wird der Vorfall allerdings kaum führen.

Foto: Dieter Schütz (Pixelio.de)


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