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Unown: nachhaltige Premium-Mode “nutzen statt besitzen”

Von Simone Preuss

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Mode|INTERVIEW

Das Hamburger Unternehmen Unown ist ein Online-Leasing-Service für nachhaltige Premium-Mode, der vor wenigen Tagen auch die Annahme von Kleidungsstücken über das neue ‘Declutter’-Programm startete. Ziel ist es, nachhaltige Mode attraktiver und zugänglicher zu machen, weshalb Unown ständig neue Marken aus der ganzen Welt kuratiert. Die angebotenen Kleidungsstücke und Accessoires müssen jedoch eine Reihe von Kriterien erfüllen: Sie müssen nachhaltige und/oder recycelte sowie recyclebare Materialien enthalten, eine wasser- und energieeffiziente Produktion sowie faire und sichere Arbeitsbedingungen vorweisen und langlebig sein. Das ist kein einfacher Anspruch. FashionUnited hat mit Linda Ahrens, Mitbegründerin und Geschäftsführerin von Unown, über die Zielgruppe, Abwechslung im Kleiderschrank und den smarten Konsum gesprochen.

Wie fing Unown an? Wie seid ihr auf nachhaltige Mode gekommen?

Tina [Tina Spießmacher, co-Founder und Geschäftsführerin von Unown, Anm. d. Red.] und ich kennen uns seit vielen Jahren und wir wollten im Kleinen etwas verändern und nachhaltig konsumieren. Das fing bei Lebensmitteln an; wir wollten nachhaltiger werden und weniger Müll im Alltag produzieren. Das wollten wir auch auf andere Bereiche ausweiten, aber bei der Mode schaltete bei uns selbst auch ständig der Nachhaltigkeitsfilter aus. Man würde gerne, macht es aber nicht.

Also dachten wir uns: Warum übertragen wir unseren bewussten Konsum nicht auf Fashion? Wir haben mit anderen geredet und Fokusgruppen gebildet und dabei festgestellt, das es ihnen so geht wie uns: Sie wollen Nachhaltigkeit in vielen Bereichen, stellen aber fest, dass es in der Mode nicht so richtig klappt. Für viele Leute ist es mühsam, die richtigen Marken zu finden. Nischenmarken wie Kowtow aus Neuseeland zum Beispiel sind relativ schwierig zu beziehen. Viele wissen daher nicht, wo sie anfangen sollen oder müssen sich auf Websites mit einem nachhaltigen Angebot erst einmal zurechtfinden.

Leasing bietet Vielfalt und trotzdem den verantwortungsvollen Umgang mit den Kleidungsstücken und dem Konsum an sich. Wir sehen unsere Aufgabe als das Kuratieren von interessanten, aufregenden, anspruchsvollen Marken. Unser Nutzungsmodell widmet sich den 40 Prozent des Kleiderschranks, die nicht Basics sind, die man nicht besitzen muss, sondern ausleihen kann.

Wie wird Unown angenommen? Was ist das Feedback bis jetzt?

Wir haben festgestellt, dass die Leute sehr involviert sind, aber sie müssen das Konzept “nutzen statt besitzen” für Mode erst noch verstehen. Während dieses Verständnis im Mobilitätsbereich schon vorhanden ist, muss in der Mode erst noch ein Umdenken stattfinden. Aber sobald die Leute uns und unser Leasing-Konzept finden und es probieren, verstehen sie es und integrieren es schnell in ihren Alltag. Wir haben viele Kunden, die zurückkommen und beispielsweise unser Abo abschließen.

Das heißt, Aufklärungsarbeit ist wahrscheinlich wichtig? Wie kommuniziert ihr mit euren Kundinnen?

Wir haben eine Chat-Funktion auf der Seite und man kann uns anrufen und über WhatsApp erreichen. Wir sind auch auf Instagram und erhalten viele Fragen tatsächlich dort per Nachricht. Meistens handelt es sich dabei aber um das ‘Wie?’, also eher operative Fragen und weniger zum Konzept. Wer uns einmal gefunden hat, versteht das Konzept.

Gab es Hürden zu überwinden? Zum Beispiel in Bezug auf gebrauchte Kleidung?

Wenn man uns ausprobiert, hat man diese Bedenken nicht mehr, denn unsere Kleidung fühlt sich immer wie neu an; es gibt kein “Second Hand Feeling”. Dabei sehen wir auch einen generationalen Unterschied: Je jünger die Kundinnen sind, desto eher verstehen sie das Konzept. Viele der bis zu 30-Jährigen kaufen heute schon hauptsächlich Pre-owned, d.h. Secondhand, oder steigen auf Miet-Konzepte um. Aber auch bei den über 30-Jährigen steigt die Nachfrage deutlich, was sich im Marktwachstum spiegelt.

In Bezug auf andere Hürden würde ich sagen, dass man Preistransparenz geben und die Leute verstehen lassen muss, wie sich die Preise zusammensetzen. Derzeit gibt es bei Unown zwei Möglichkeiten: Man kann sich für ein Abo von 69 Euro für drei Teile entscheiden, die man einen Monat behalten kann. Oder man kann Einzelteile für ein bis vier Monate leasen. Je länger man ein Kleidungsstück behält, desto günstiger wird es.

Was wird derzeit besser angenommen, das Abo oder das Mieten von Einzelteilen?

Es ist noch zu früh zu sagen, was besser angenommen wird, aber oft kommen Kundinnen über das Leasing von Einzelteilen zum Abo.

Kaufen die Leute auch Kleidungsstücke am Ende der Mietdauer?

Nur wenige. Viele entdecken nach einem oder vier Monaten, dass sie doch nicht so an einem Teil hängen, und geben es zurück; aber es gibt durchaus auch solche, die merken, dass ein Kleidungsstück gut ihre Garderobe ergänzt und kaufen es, was dann ja auch ein langes Leben für das Kleidungsstück bedeutet.

Was war die größte Überraschung nach dem Start im August?

Naja, eine Firmengründung ist immer interessant. Wie lange es dauert etwa, bis man eine Steuernummer hat und solche Sachen. Aber uns hat überrascht, wie groß der Wunsch von Kundinnen ist, ihre getragenen Sachen auf gute, verantwortungsvolle Weise wieder abzugeben. Die Leute wissen zwar Bescheid, welche Möglichkeiten es gibt, haben aber keine Zeit für den Flohmarkt; ihnen ist der Kleiderkreisel vielleicht zu umständlich und das Schicksal ihrer Sachen im Kleidercontainer zu ungewiss.

Hier kommt unser neuer Service ins Spiel, das ‘Declutter-Programm’, das wir am 23. Oktober gestartet haben: Kundinnen können jetzt auch hochwertige Kleidungsstücke an Unown schicken und wenn wir sie in unser Sortiment aufgenommen haben, erhalten sie entweder einen Gutschein für den Shop oder können entscheiden, dass 25 Prozent aller künftigen Erlöse von uns gespendet werden. Die Teile müssen aber gut erhalten sein und zu unseren Kundinnen passen.

Das ist das Stichwort: Wie werden die Kleidungsstücke für Unown ausgesucht? Wie wichtig sind Trends?

Wir haben einen ganzen Nachhaltigkeitskatalog, der wie ein Filter ist. Zudem wollen wir auch einen konsistenten Stil aufweisen, um einen gewissen Lifestyle zu vermitteln. Auch ist es wichtig, ob man mit einem Artikel ein ganzes Outfit zusammenstellen kann. Also achten wir nicht unbedingt auf den aktuellsten Trend wie etwa das Leo-Kleid, sondern entscheiden uns lieber für den knallroten Strickpulli. Die Langlebigkeit der einzelnen Teile ist wichtig.

Und wie findet ihr die Marken?

Am Anfang haben wir uns tatsächlich durch Hunderte von Marken gewühlt, die wir in den sozialen Medien und im Internet gefunden haben. Dann kam das Scouting offline, wie auf der Messe für nachhaltige Mode Neonyt. Dort haben wir zum Beispiel den Zwei-Leute-Betrieb Nic.Lodz aus Polen gefunden. Das ist Stricken on Demand; sie stellen Strickcardigans her, die ein großer Hit sind. Wir lieben es, kleine, aufregende Marken zu finden, die sich was trauen. Wir bieten keine Klassiker oder Basics an - die rund 60 Prozent des Kleiderschranks ausmachen und auf die sich der Nachhaltigkeitsmarkt versteift hat - sondern konzentrieren uns wie gesagt auf Statement-Pieces, die etwa 40 Prozent ausmachen. Zudem setzen wir auf Community-Verbundenheit und fragen unsere Kundinnen, welche Marken für sie interessant sind und es werden jetzt auch schon Marken vorgeschlagen.

Die letzte Frage zu eurer Zukunftsplanung: Derzeit gibt es Unown nur in Deutschland - könntet ihr euch vorstellen zu erweitern und wenn ja, wohin?

Über Instagram pflegen wir das Gespräch mit der Community und haben so eine Idee, wo man unser Konzept schätzt, aber es gibt noch keine konkreten Internationalisierungspläne. Langfristig können wir uns Österreich und die Schweiz sowie die Benelux-Staaten super vorstellen.

Fotos: 1) Kleid: Black Velvet Circus; 2) Tina Spießmacher und Linda Ahrens (rechts); 3) Jumpsuit: Kowtow; 4) Fashion Abo Box; 5) Kleid: Lanius, Jacke: Kings of Indigo; 6) Kleid: Elementy, Cardigan: Nic Lodz; alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Unown

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