About You hält trotz Kaufzurückhaltung der Verbraucher an Zielen fest
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Nach einem coronabedingt starken Wachstum bekommt auch der Online-Einzelhändler About You zum Start in sein neues Geschäftsjahr eine gewisse Kaufzurückhaltung der Kunden zu spüren. Die hohe Inflation und der Ukraine-Krieg dämpfen allgemein die Kauflust der Verbraucher und bescheren der gesamten Branche aktuell Gegenwind. Beim Hamburger SDax-Unternehmen sorgten zudem gestoppte Marketingkampagnen, aber auch Lieferkettenprobleme und die ohnehin hohen Investitionen in die Expansion im ersten Geschäftsquartal für überraschend hohe Verluste.
Gleichzeitig bestellen jedoch immer mehr Kunden und Kundinnen bei About You. Während der große Konkurrent Zalando erst kürzlich seine Ziele zusammenstrich, bleibt About You seinen Zielen treu: „Mit unserem wachsenden Kundenstamm sind wir gut positioniert, um unsere strategischen Ziele umzusetzen", sagte Mitgründer und Co-Chef Tarek Müller laut Mitteilung vom Donnerstag in Hamburg.
An der Börse ging es für die im Nebenwerteindex SDax notierte Aktie am Morgen um fast zweieinhalb Prozent nach oben. Allerdings hat das Papier seit dem Jahreswechsel auch mehr als 60 Prozent verloren. Damit ist About You kein Einzelfall – für den gesamten Einzelhandelssektor ist das erste Börsenhalbjahr katastrophal verlaufen.
Erst Ende Juni war die About-You-Aktie bei 5,73 Euro auf den tiefsten Stand seit dem Börsengang im Juni vergangenen Jahres gefallen. Sein bisheriges Rekordhoch hatte das Papier gleich am ersten Handelstag bei knapp 27 Euro erreicht - von dieser Marke ist der Kurs inzwischen weit entfernt. Aktuell wird die Aktie mit rund 7,50 Euro gehandelt.
Analyst Volker Bosse von der Baader Bank sprach mit Blick auf den aktuellen Quartalsbericht von "robusten" Resultaten. Er hob vor allem das Wachstum in den deutschsprachigen Ländern hervor, wo Wettbewerber Zalando Einbußen verzeichnet habe. Zudem sei das Wachstum des Geschäftskundenbereichs bemerkenswert und unterstreiche dessen großes Potenzial. Dass About You aktuell etwas vorsichtiger kommuniziere, sei eher dem schwierigen Umfeld geschuldet als den eigenen Geschäftstrends, glaubt derweil JPMorgan-Analystin Georgina Johanan.
Die Hanseaten bauen derzeit ihre Geschäfte in zahlreichen Ländern durch hohe Investitionen aus. Dies zeigt sich auch im größeren Kundenstamm, die Zahl der aktiven Käuferinnen und Käufer wuchs im ersten Geschäftsquartal umrund 28 Prozent. About You definiert aktive Kunden als Menschen, die in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal beim Unternehmen per App oder auf der Webseite eingekauft haben.
DACH: Erlöse steigen um zehn Prozent
Der Umsatz kletterte im Vergleich zum coronabedingt starken Vorjahreszeitraum von Anfang März bis Ende Mai um 19,4 Prozent auf gut 504 Millionen Euro. Damit schlug About You die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten etwas. In Deutschland, Österreich und der Schweiz legte der Erlös um knapp zehn Prozent zu, in den übrigen Märkten des Unternehmens um mehr als 23 Prozent. Das stärkste Wachstum mit gut 45 Prozent verzeichnete der Bereich mit Geschäftskunden, in dem die Firma unter anderem ihre Shop-Technologie an Dritte verkauft.
Insgesamt verlangsamte sich das Wachstum im vergangenen Quartal jedoch deutlich. Zum Vergleich: Im gesamten Geschäftsjahr 2012/22 hatte der Erlös um fast die Hälfte zugelegt, im vorangegangenen Quartal waren es noch mehr als 30 Prozent Plus gewesen. Die zunehmende Kaufzurückhaltung der Kunden habe sich insbesondere in den osteuropäischen Nachbarländern der Ukraine bemerkbar gemacht, sagte eine Unternehmenssprecherin. Dort stoppte die Firma in der Folge bereits gebuchte Marketingkampagnen und musste hierfür Ausfallgebühren zahlen.
Diese einmaligen Kosten lasteten im Berichtszeitraum auf der Profitabilität, ebenso wie die laut der Sprecherin noch coronabedingten Lieferkettenprobleme in einem Distributionszentrum in der Slowakei. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) verschlechterte sich dadurch überraschend stark auf minus 28,8 Millionen Euro nach minus 12,3 Millionen Euro vor einem Jahr. Die entsprechende Marge ging von minus 2,9 auf minus 5,7 Prozent zurück. Unter dem Strich fiel ein Nettoverlust von 44,4 Millionen Euro an, nach einem Minus von 23,5 Millionen im Vorjahreszeitraum.
Für das Gesamtjahr peilt About You jedoch unverändert ein bereinigtes operatives Ergebnis von minus 70 bis minus 50 Millionen Euro an, nach minus 67 Millionen im Vorjahr. Der Umsatz soll um 25 bis 35 Prozent auf 2,165 bis 2,338 Milliarden Euro zulegen, die entsprechende operative Marge damit bei minus 3,2 bis minus 2,1 Prozent liegen. Im kommenden Geschäftsjahr 2023/24 soll beim operativen Ergebnis nach Möglichkeit dann ein Plus stehen. Hierfür stimmt Co-Chef Müller "das anhaltende Wachstum in den etablierten und auch neuen europäischen Märkten von About You, die verbesserte Aussteuerung vom Marketing und die operative Effizienz" zuversichtlich. (dpa)