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Automation statt Billiglohn: Die Zukunft der Produktion

Von Regina Henkel

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Um Mode günstig anbieten zu können, muss sie günstig produziert werden. Deshalb sucht die globale Bekleidungsindustrie ihr Heil in den Niedriglohnländern. Doch deren Potenzial ist fast ausgeschöpft, besagt eine aktuelle Studie von McKinsey & Company. Deren Forderung lautet deshalb: Mehr Investitionen in die Automatisierung der Produktion.

Exportvolumen aus Niedriglohnländern sinkt

Seit Jahren ist der Modesektor auf der Suche nach immer kostengünstigeren Standorten für die Produktion. Jetzt gerät dieser Trend an ein Ende. China scheint als Hauptbeschaffungsland für Kleidung seinen Zenit überschritten zu haben. Erstmals seit 2014 sinkt das Exportvolumen aus China und Hongkong um acht Prozentpunkte. Auch andere große Bekleidungsexporteure wie Bangladesch, Vietnam und Indien verzeichnen erstmals ein geringeres Wachstum. Jeder zweite Einkaufschef von Bekleidungsunternehmen erwartet, dass bereits 2025 niedrige Löhne nicht mehr der Hauptgrund für Wahl des Beschaffungsortes sein werden, sondern die Digitalisierung.

Digitale Fähigkeiten wichtiger als Lohnkosten

Dies sind die zentralen Ergebnisse der Studie „The apparel sourcing caravan's next stop: Digitization” des Beratungsunternehmens McKinsey & Company. Für die internationale Studie befragte die Unternehmensberatung die Einkaufschefs von 63 führenden Bekleidungsunternehmen, die zusammen für rund 135 Milliarden US-Dollar Einkaufsvolumen verantwortlich sind. Bereits 2011, 2013 und 2015 hatte McKinsey die Top-Einkäufer befragt. „Der Modehandel sieht sich sinkenden Gewinnmargen, steigenden Warenüberhängen und massiv verändertem Konsumentenverhalten gegenüber“, sagt der Leiter der Modeindustrieberatung bei McKinsey, Seniorpartner Achim Berg. „Modeunternehmen müssen sich schneller und agiler auf die Wünsche der Konsumenten einstellen.“

Digitalisierung verringert Kosten und Zeit

Gerade die Digitalisierung soll neue Potenziale der Kostenreduzierung und der Zeitersparnis erschließen. Für die Wahl des Produktionsortes werden in Zukunft digitale Fähigkeiten der potenziellen Mitarbeiter entscheidend sein, billige Anlernkräfte dagegen werden immer weniger gefragt sein. Wichtig werden auch die technologische Zusammenarbeit mit Zulieferern und die Verwendung virtueller Prototypen, die den Musterungsprozess wesentlich zu verkürzen hilft. Die meisten befragten Einkaufschefs erwarten, dass Digitalisierung ihre Kosten um rund fünf Prozent senken und die Beschaffungszeit um zwei bis vier Wochen verkürzen wird. Den größten Erfolg versprechen sich die Einkaufschefs von effizienteren Prozessen in der fragmentierten Wertschöpfungskette: 83 Prozent erwarten, die Digitalisierung des Prozessmanagements werde zu schnelleren Entscheidungen, weniger Fehlern und mehr Kundenorientierung führen.

Automatisierung als Chance für Produktion in Industrieländern

Vor allem die Automatisierung in der Produktion wird zu einer Neuorientierung in der Beschaffung führen. Mehr als 50 Prozent der Befragten erwarten, dass 2025 die Wahl des Beschaffungsortes aus Automatisierungsgründen und nicht allein wegen der Kosten getroffen wird. Weitere rund 30 Prozent schätzen, dass dies bis 2030 der Fall sein wird.

„Die Automatisierung wirft auch ein neues Licht auf das Proximity Sourcing, also die Beschaffung in geografischer Nähe. Jeder zweite Einkaufschef gibt an, dass Proximity Sourcing an Bedeutung gewinnen wird, auch um den Kundenwünschen nach schnell verfügbaren Produkten gerecht zu werden“, erklärt Saskia Hedrich, Co-Autorin des Reports. Jeder dritte europäische Einkaufschef geht sogar davon aus, dass der Trend zum Re-Shoring (also der Rückführung der Produktion ins Heimatland) sich durch Automatisierung verstärken wird; bei den US-amerikanischen Einkaufsverantwortlichen sind es sogar mehr als 50 Prozent. Bis es soweit ist, wird es aber noch dauern: Ein Fünftel der Befragten glauben nicht, dass wir innerhalb der nächsten fünf Jahre bereits Produktionskapazität in Europa oder den US aufgrund von Automatisierung aufgebaut haben werden.

China investiert in Automation

Das heißt: Auch auf mittlere Sicht wird China eine wichtige Rolle als Produktionsstandort spielen. Das liegt auch daran, dass China das Problem erkannt hat und massiv in die Forschung zur Digitalisierung von Produktionsprozessen investiert. Das Land wird von 81 Prozent der Einkaufschefs bei der Digitalisierung im Sourcing als führend angesehen. Erst mit großem Abstand folgen Türkei und Bangladesch. Berater Berg: „Wir erwarten vorerst ein Nebeneinander von automatisierter Produktion in reifen Märkten für modische Produkte und manueller Produktion von Basicprodukten in Niedriglohnländern.“

Foto: FashionUnited

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