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Bangladesch: Bekleidungsarbeiterinnen erwerben Führungsqualitäten

Von Simone Preuss

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85 Prozent der Beschäftigten in Bangladeschs Bekleidungsfabriken sind Frauen. Doch nur wenige gehören zum Aufsichtspersonal oder kennen ihre Rechte als Arbeitnehmerinnen und Frauen. Darüber hinaus gibt es einen Mangel an Frauen in Führungspositionen in den Gewerkschaften, was es für sie noch schwieriger macht, ihre Rechte am Arbeitsplatz durchzusetzen. Angesichts der häufigen Schikanierung durch männliche Vorgesetzte, insbesondere gegen Gewerkschaftsmitglieder, müssen die Arbeiterinnen in Bezug auf ihre Rechte und Rolle geschult und auf Führungspositionen vorbereitet werden.

Zusammen mit dem TUC Aid-Programm des britischen Gewerkschaftskongresses begann der nationale Verband der Bekleidungsarbeiter in Bangladesch (NGWF), Partner der weltweiten Gewerkschaft IndustriALL, im Dezember 2014 Schulungen für weibliche Gewerkschaftsmitglieder, um sie als zukünftige Gewerkschaftsführerinnen heranzubilden. Die erste Trainingsphase wurde mit über 500 teilnehmenden Bekleidungsarbeiterinnen erfolgreich abgeschlossen. Sie erhielten Schulungen in den Bereichen Arbeitsrecht und Organisationsfähigkeiten sowie Gesundheits- und Sicherheitsfragen, Bezahlung und Arbeitsbedingungen. Im Bereich der Grundrechte im Rahmen des neuen Arbeitsrechts ging es insbesondere um die Gleichstellung der Geschlechter beziehungsweise Diskriminierung. Sehr wichtig war auch eine Diskussion zur Stellung der Arbeiterinnen in der Familie.

Ein Jahr nach Programmstart bewertete der dänische Verband 3 F jetzt das Training und stellte fest, dass die Teilnehmerinnen sicherer waren als zuvor, eine aktive Rolle in ihren Gewerkschaften übernehmen und geschlechtsspezifische Diskriminierung durch Tarifverhandlungen bekämpfen zu wollen. Nach Aussagen von TUC sind inzwischen 20 Teilnehmerinnen in die Führung der örtlichen Gewerkschaften gewählt worden. Aufgrund der positiven Ergebnisse wird es eine weitere Reihe von Schulungen für Bekleidungsarbeiterinnen geben.

Die zweite Phase des Trainingsprogramms wird im Frühjahr 2016 beginnen und erweiterte Fortbildungen für Gewerkschaftlerinnen enthalten, die ihre Verhandlungsfähigkeiten weiter entwickeln soll, vor allem in den Bereichen körperliche Belästigung, niedrige Löhne und schlechte Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen sowie eine Einführung in neue arbeitsrechtliche Bestimmungen in Bangladesch. Außer einer Stärkung des Selbstvertrauens der Frauen, das sie bei Verhandlungen mit dem Management brauchen, ist ein wichtiger Teil der Ausbildung auch die Konfliktprävention, um zu verhindern, dass kleinere Probleme eskalieren und zu körperlicher Belästigung führen.

Zu den großen Herausforderungen, die es noch zu bewältigen gilt, gehört die Bekämpfung der sehr niedrigen Gewerkschaftsbeteiligung in Bangladeschs Bekleidungssektor - laut Internationaler Arbeitsorganisation liegt sie bei nur 1,6 Prozent. Darüber hinaus verlangt das Arbeitsgesetz vor Ort, dass mindestens 30 Prozent der Fabrikarbeiter Gewerkschaftsmitglieder sein müssen, damit sie rechtlich anerkannt werden kann, was bedeutet, dass die effektive Organisation der Arbeiter und Arbeiterinnen auf Fabrikebene extrem wichtig ist.

Mit insgesamt mehr als 48.000 Mitgliedern in 42 registrierten Fabrikgewerkschaften und 1.221 Fabrikkomitees ist der NGWF einer der größten Gewerkschaftsverbände in Bangladeschs Bekleidungssektor. Mit mehr als 27.600 Personen machen Frauen 57 Prozent der Mitglieder aus und 17 von 30 Führungsmitglieden, darunter die Vize-Präsidentin, Sekretärin und Schatzmeisterin. NGWF war auch eine der wichtigsten Gewerkschaften als es darum ging, bei der Entwicklung und Koordination der Umsetzung des Abkommens zur Brandschutz- und Gebäudesicherheit in Bangladesch zu helfen.

Insgesamt beschäftigt die Bekleidungsindustrie des Landes mehr als 3,5 Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter in über 4.800 Textilfabriken, die hauptsächlich Konfektionsware für den Export produzieren, insbesondere nach Europa und Nordamerika.

Foto: Teilnehmerinnen des eintägigen Trainingsprogramms / TUC
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