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Deutscher Modeverband: Coronavirus bringt Sourcing-Probleme ab Sommer

Von Lisa Dartmann

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Business|AKTUALISIERT

Deutsche Exporte wachsen international, aber der Corona Virus dämpft die Stimmung in der Modebranche. Beschaffungsengpässe in China sorgen für Lieferverzögerungen und die Auslieferungstermine verschieben sich nach hinten.

Bis zum Sommer verläuft in der Lieferkette alles relativ normal, aber die Herbst/Winter Saison 2020/21 ist von der Virusinfektion voll betroffen. Bei den Lieferterminen werden Störungen und Verzögerungen von bis zu zwei Monaten erwartet, hat eine Blitzumfrage von GermanFashion ergeben.

In Zeiten von Corona ist nichts mehr kalkulierbar

Ein kurzes Hallo und Kopfnicken – in Zeiten von Corona begrüßen sich die Teilnehmer der GermanFashion Pressekonferenz mit höflicher Distanz. Gerd Oliver Seidensticker, Präsident des Modeverbandes ist vor einigen Tagen aus Asien zurückgekehrt und erzählt von den professionellen Vorkehrungen und Checks, die hier im öffentlichen Raum getroffen werden. Mundschutz wird bei dem leisesten Hauch einer Erkältung schon aus Höflichkeit getragen und an den Eingängen in den vier Produktionsstätten von Seidensticker befinden sich Hygienebehälter. Bei den Mitarbeitern wird regelmäßig Fieber gemessen und wer hustet oder niest, wird nach Hause geschickt. „Es läuft alles relativ normal, aber wir müssen die Abläufe jede Woche neu überprüfen“, erzählt Oliver Seidensticker.

Bild: Gerd Oliver Seidensticker, Präsident (links) & Thomas Lange, Hauptgeschäftsführer GermanFashion (rechts).

Aber in Zeiten von Corona ist nichts mehr kalkulierbar. Der Ausbruch des Corona Virus hat alle in China produzierenden Industrien international, aber auch in Deutschland völlig unerwartet getroffen. „Die Exportmärkte präsentieren sich weiterhin erfreulich stark, während wir es insbesondere auf dem Beschaffungsmarkt China mit einer schwierigen Situation zu tun haben“, so der Präsident des deutschen Modeverbandes. Aus diesem aktuellen Anlass hatte GermanFashion eine Blitzumfrage unter den 350 Mitgliedern durchgeführt. 77 Unternehmen haben mitgemacht und die Fragen bis Ende Februar beantwortet. Zur Studie: 58 Prozent der teilnehmenden Unternehmen produzieren Herrenbekleidung und 21 Prozent Damenbekleidung. Ein Viertel der Teilnehmer verfügt über eigene Produktionen im Ausland, 46 Prozent beschaffen über das Vollgeschäft und die restlichen 29 Prozent über Lohnveredelung.

Weniger als Drittel aller chinesischen Produktionsstätten arbeitet mit voller Belegschaft

Wie schlimm sind die Auswirkungen und wie ist ihre Einschätzung? Lediglich in weniger als einem Drittel aller Produktionsstätten in China werde derzeit mit voller Belegschaft gearbeitet. Die Situation bezogen auf China ist gespalten: China sei als Produktionsland kurz oder mittelfristig nicht zu ersetzen, vor allem nicht durch hektisch gesuchte Ersatzlösungen. „Sicherlich werden einige Unternehmen in Zukunft überlegen, wie sie ihre hoch entwickelte Lieferkette unempfindlich gegen Störungen wie diese gestalten können“, erklärt Thomas Lange, Hauptgeschäftsführer von GermanFashion.

Die gute Nachricht: Die Auslieferung für die laufende Saison Frühjahr/Sommer 2020 ist relativ wenig betroffen. In der zweiten Jahreshälfte 2020 müssen sich die Modehersteller allerdings auf erhebliche Marktstörungen einrichten. Für Herbst/Winter 2020/21 sind die Prognosen gedämpft und die Ungewissheit groß. Rund 55 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sich die Lieferungen um mehr als zwei Monate verzögern. Entsprechend hoch seien die Umsatzausfälle, denn der Anteil der Stornierungen in der Produktion werde die Unternehmen im Winterhalbjahr heftig treffen. Auch bei den Lohnveredelungen komme es zu Umsatzausfällen. Bei den Beschaffungspreisen erwarten fast zwei Drittel der Unternehmen geringe bis mittlere Steigerungen.

Die Sourcing-Strukturen lassen sich nur für die wenigsten kurzfristig ändern. Viele Modeunternehmen denken über eine Verlagerung auf andere internationale Märkte nach. Eine Verlagerung der Produktion nach Europa betreffe nur geringe Mengen der gesamten Produktion, da die Kapazitäten nicht in großem Umfang vorhanden seien, so die Auswertung von GermanFashion.

Export: Deutsche Marken international beliebt

Mit einem Minus von einem Prozent im Jahr 2019 ist die Modebranche noch einmal glimpflich davon gekommen. Die deutsche Bekleidungsindustrie erwirtschaftete einen geschätzten Umsatz von rund 11 Milliarden Euro. „Mit einem leichten Minus von rund einem Prozent im Jahr 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zeigen die Gesamtumsätze der Bekleidungsbranche eine den gemäßigten Erwartungen des letzten Jahres entsprechende Situation“, beschreibt Gerd Oliver Seidensticker den wirtschaftlichen Rahmen.

China steht mit einem leichten Zuwachs in 2019 weiterhin an der Spitze der wichtigsten Importländer. Bangladesch zeigt sich stabil auf Platz 2 der Importstatistik, gefolgt von der Türkei, Italien, Indien, Vietnam, Kambodscha, Pakistan, Niederlande und Polen.

Die Bekleidungsexporte sind mit einem Plus von 5,6 Prozent weiterhin die Stütze der deutschen Modeindustrie. Auf dem außereuropäischen Markt erreichten deutsche Hersteller ein Umsatzplus von zwei Prozent. „Deutsche Marken genießen mit ihrer Qualität, ihrer guten Passform und ihrem Design einen sehr guten Ruf und behaupten sich gegenüber internationalen Fast Fashion Anbietern“, betont Gerd Oliver Seidensticker.

Die Rangliste der wichtigsten zehn Exportländer: Schweiz, Polen, Österreich, Frankreich, Niederlande, Italien, Vereinigtes Königreich, Belgien, Spanien und Tschechien. Die Prognose: Der Verband rechnet in diesem Jahr nicht mit Umsatzsteigerungen, da sich die Entwicklungen laufend ändern. Die Verbraucher würden sicherlich nichts davon mitbekommen.

Bild: Unsplash

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