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Drohende Insolvenz: Wöhrl greift nach dem Schutzschirm

Von Jan Schroder

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Im deutschen Bekleidungshandel läuft es alles andere als rund. Das bekam zuletzt auch das Nürnberger Traditionsunternehmen Rudolf Wöhrl AG zu spüren. Am Montag entschied sich die Hauptversammlung angesichts beunruhigend schwacher Zahlen zu einem radikalen Schritt: Sie beauftragte den Vorstand, „unverzüglich beim Amtsgericht Nürnberg den Antrag auf Eröffnung eines Schutzschirmverfahrens nach §270b Insolvenzordnung“ zu stellen. Dieses Verfahren bietet Unternehmen die Möglichkeit, bei absehbarer Zahlungsunfähigkeit ein Rettungskonzept in Eigenregie zu erarbeiten. Dabei steht dem Vorstand ein vom Gericht bestellter Sachwalter zur Seite, der die Einhaltung der insolvenzrechtlichen Vorschriften überwacht.

Bei der Aufstellung des vorläufigen Abschlusses für das am 31. Juli beendete Geschäftsjahr 2015/16 sei ein deutlicher Umsatzrückgang und ein voraussichtlicher Verlust in Höhe von 1,0 Millionen Euro ermittelt worden, teilte das Unternehmen mit. Angesichts dessen müssten die laufenden Sanierungsmaßnahmen „verstärkt und beschleunigt werden, um die Gruppe nachhaltig in die Profitabilität zurückzuführen“. Die Nutzung des Schutzschirmverfahrens biete dazu die Möglichkeit.

Außer für die Dachgesellschaft Rudolf Wöhrl AG wurde auch für die hundertprozentige Tochter Rudolf Wöhrl, das Haus der Markenkleidung GmbH & Co. KG, das Schutzschirmverfahren beantragt. Das operative Geschäft in den Modehäusern soll aber „während des Verfahrens ohne Einschränkungen weiterlaufen“.

„Der Schutzschirm eröffnet die Möglichkeit, innerhalb von drei Monaten die Sanierung der Gruppe über einen Sanierungsplan vorzubereiten. In dieser Phase ist das Unternehmen vor Zwangsmaßnahmen der Gläubiger geschützt und weiterhin voll handlungsfähig“, teilte die Rudolf Wöhrl AG in der Nacht zum Dienstag mit. Ziel sei die „Rückkehr zu nachhaltiger Profitabilität durch Kostenreduzierungen“, unter anderem durch die „Schließung unprofitabler Filialen und Neugestaltung der Sortimente“. Außerdem sollen das Online-Geschäft und die Multichannel-Angebote ausgebaut werden.

Defizitäre Filialen sollen zeitnah geschlossen werden

Derzeit werden nach Angaben des Unternehmens alle 34 Modehäuser hinsichtlich ihres „langfristigen Wachstums- und Ertragspotenzials“ analysiert. „Defizitäre Filialen ohne solches Potenzial werden zeitnah geschlossen“, erklärte der Modehändler. Auch Größe und Standort der Hauptverwaltung in Nürnberg stehen derzeit auf dem Prüfstand.

Andreas Mach wurde zum neuen Vorstandschef ernannt, Christian Gerloff zum Chief Restructuring Officer

Darüber hinaus stellte das Unternehmen sein Führungsteam neu auf: Der bisherige Vorstandsvorsitzende Olivier Wöhrl wechselte auf den neu geschaffenen Posten des Chief Strategic Officer, dafür wurde der Aufsichtsratsvorsitzende Andreas Mach zum neuen Vorstandschef befördert. Zudem wurde der Vorstand um Christian Gerloff ergänzt, der als Chief Restructuring Officer die Sanierungsmaßnahmen des Unternehmens leiten soll. Der Münchener Rechtsanwalt hatte bereits als Insolvenzverwalter bei den Modehäusern Escada und Rena Lange fungiert.

Gesucht wird nun ein strategischer Investor

Gleichzeitig macht sich das Unternehmen auf die Suche nach einem strategischen Investor, der die Kapitalbasis stärken soll. Das könnte zu grundlegenden Veränderungen im bisherigen Familienunternehmen führen: „Die Eigentümerfamilie Gerhard Wöhrl hat in diesem Zusammenhang ihre Bereitschaft zu einer unternehmerischen Partnerschaft erklärt, gegebenenfalls auch als Minderheitsgesellschafter“, erklärte das Unternehmen.

"Unser Ziel ist es, die Gruppe als Ganzes zu erhalten"

Andreas Mach, neuer Vorstandschef der Rudolf Wöhrl AG

„Wir sind auf das Schutzschirmverfahren gut vorbereitet“, sagte der neue Vorstandschef Andreas Mach. Er hob die Berufung des „in unserer Branche erfahrenen Restrukturierungsexperten“ Gerloff und die konstruktive Unterstützung durch die Eigentümerfamilie hervor. „Unser Ziel ist es, die Gruppe als Ganzes zu erhalten“, erklärte Mach.

Foto: Rudolf Wöhrl AG
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