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Geschäfte in unsicheren Zeiten: Wie Zalando mit Brexit, Inflation und veränderter Verbraucherstimmung umgeht

Von Lara Grobosch

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Business |Interview

Foto: Zalando, Berlin HQ

Der Onlinehändler Zalando ist eine der führenden Adressen für Mode und Lifestyle in Europa. Das in Berlin ansässige Unternehmen bedient 25 europäische Märkte mit rund 49 Millionen Kund:innen. Mit seiner Plattformstrategie im Mittelpunkt – Marktplatzmodell und der Integration stationärer Händler (Connected Retail) – strebt Zalando weiteres internationales Wachstum an. Bis 2025 soll das Partnerprogramm auf die Hälfte seines Bruttowarenvolumens (GMV) ausgebaut werden.

FashionUnited hat mit Megan Keller Maley, General Manager für Benelux, Großbritannien und Irland, über Geschäfte in unsicheren Zeiten, die umsatzstärksten Produktkategorien und die Zukunft des Partnerprogramms von Zalando gesprochen.

Inflationssorgen und der Krieg in der Ukraine haben die Stimmung der Verbraucher:innen belastet. Wie laufen die Geschäfte für Zalando?

Für uns als E-Commerce-Unternehmen war es generell eine herausfordernde Zeit. Die makroökonomischen Herausforderungen, mit denen wir und die anderen Unternehmen weiterhin konfrontiert sind, sind heftiger als wir zuvor erwartet haben. Die Inflation, der Krieg in der Ukraine und die höheren Kosten für die privaten Haushalte wirken sich natürlich auf die Konsumausgaben aus. Hinzu kommt, dass das Vertrauen der Verbraucher:innen sinkt und die Kund:innen sich bei ihren Kaufentscheidungen zurückhalten oder sogar in niedrigere Preiskategorien abwandern.

Gleichzeitig haben wir eine Normalisierung des Shopping-Verhaltens erlebt, da die Kund:innen wieder in die Läden gehen können. Unsere Kund:innen haben weniger verfügbares Einkommen, sie haben aber auch mehr Möglichkeiten, es auszugeben. Das kann in physischen Geschäften, auf Reisen oder im Gastgewerbe sein – nicht nur im E-Commerce, wie es auf dem Höhepunkt der Pandemie der Fall war. All diese Veränderungen im Kundenverhalten waren in der ersten Jahreshälfte eine Herausforderung.

Megan Keller Maley, Foto: Zalando

Und wie ist Ihr Ausblick?

Wir haben kürzlich unsere Ergebnisse für das zweite Quartal vorgelegt. Diese haben unsere Agilität als Team unter Beweis gestellt und gezeigt, dass wir schnell reagieren können, um uns an das aktuelle Umfeld anzupassen und gleichzeitig das Erlebnis für unsere Kund:innen noch inspirierender und ansprechender zu gestalten. Wir haben unseren Kundenstamm weiter vergrößert und haben jetzt mehr als 49 Millionen aktive Kund:innen. Wir konzentrieren uns voll auf unsere Strategie und investieren gezielt in unser gesamtes Unternehmen, um unser langfristiges Wachstum zu sichern. Für das zweite Halbjahr 2022 erwarten wir eine verbesserte Rentabilität und eine Rückkehr zum Wachstum.

Gibt es Verbraucher:innen in bestimmten Ländern, die weniger besorgt sind als andere?

Es gibt kein Land, das nicht von den Geschehnissen in der Makroökonomie betroffen ist. Das ist eine allgemeine Situation, mit der die Welt konfrontiert ist – nicht nur Europa.

Wie geht Zalando mit diesen unsicheren Zeiten um?

Dank unserer Plattformstrategie können unsere Zalando-Markenpartner:innen schnell auf Unsicherheiten reagieren, indem sie entscheiden, welche ihrer Produkte sie unseren Kund:innen dynamisch präsentieren wollen. Das Tolle ist, dass die Partner:innen flexibel entscheiden können, welches Sortiment am besten zur jeweiligen Situation passt. Sie müssen nicht zwölf Monate im Voraus festlegen, welche Artikel oder Preise sie auf der Plattform anbieten wollen, sondern können dies dynamisch tun.

Der Geschmack der Kund:innen kann sich ziemlich schnell ändern, oder das Wetter kann plötzlich umschlagen. Die Möglichkeit, das Sortiment flexibel zu verwalten, ist entscheidend. Wenn es im März sehr kalt ist, können unsere Partner:innen weiterhin Winterartikel verkaufen, um den Bedürfnissen der Kund:innen gerecht zu werden.

Auch der Brexit hat die Modeindustrie durcheinander gebracht. Vor welchen Herausforderungen steht Zalando im grenzübergreifenden Handel?

Als Unternehmen sind wir erfahren darin, erfolgreich in Nicht-EU-Ländern wie Großbritannien, der Schweiz oder Norwegen zu agieren. Gemeinsam mit allen beteiligten Partner:innen haben wir an der Umsetzung aller notwendigen Schritte gearbeitet, um einen reibungslosen Ablauf für alle Zalando-Kund:innen in Großbritannien zu etablieren. In den vergangenen Jahren haben wir ständig daran gearbeitet, unsere Prozesse an die neuen Regeln anzupassen und natürlich beobachten wir den Markt weiterhin genau, um unseren Kund:innen das bestmögliche Sortiment und Komfortangebot zu bieten.

Wie meistert Zalando diese neuen Regeln und Herausforderungen?

Wir haben uns noch mehr auf unsere Rolle als starker Partner für britische Marken konzentriert. Unsere Priorität ist es, Marken den Einstieg in unsere Plattform und die Skalierung ihrer Geschäfte zu erleichtern, sowohl in ihrem lokalen Markt als auch in den anderen 24 Märkten, in denen wir tätig sind.

Marken können unsere Insights und Analysetools nutzen, um die Performance auf Zalando zu steuern, Fulfillment- und Versandlösungen, um Zugang zu einer Vielzahl von Märkten in Europa zu erhalten, und Marketingdienstleistungen, um sich bei den Verbrauchenden abzuheben, ihre Zielgruppe zu erreichen und ihre Marke aufzubauen.

Foto: Zalando

Welche Arten von Produkten entwickeln sich in Ihren Märkten in Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, dem Vereinigten Königreich und Irland besonders gut?

Was die einzelnen Produktkategorien betrifft, so ist Streetwear für uns als Unternehmen in allen Ländern definitiv ein großer Wachstums- und Entwicklungsbereich. Wir haben auch eine großartige Entwicklung bei Anlassmode gesehen, da wir wieder mehr soziale Kontakte pflegen, sei es bei Hochzeiten oder beim Ausgehen. Die Anlassmode war sowohl bei der Damen- als auch bei der Herrenmode ein starker Treiber.

Auch unsere Kategorie Designer erlebt eine Art Renaissance. Dieser Trend ist vor allem in Großbritannien interessant, wo er für uns zu einem wichtigen Schwerpunkt geworden ist und wir tolle Ergebnisse verzeichnen können. Dank unserer Partnerschaft mit dem British Fashion Council sind wir in der Lage, sowohl britische Designermarken, als auch internationale Designermarken zu präsentieren. Das ist etwas, das wir mit Begeisterung weiterentwickeln möchten.

Gibt es Unterschiede zwischen den Ländern?

Streetwear ist in allen Ländern, die ich leite, ein echter Shootingstar. Die Niederlande sind immer ein Markt, auf dem wir eine hohe Affinität für Streetwear und Sport sehen – das gleiche gilt für Irland. Designer:innen sind in Belgien und dem Vereinigten Königreich ein wichtiger Schwerpunkt.

Natürlich ist jedes Land anders, und das gilt auch für unsere Position auf diesen Märkten. Belgien und die Niederlande sind für uns sehr reife Märkte, in denen wir seit über zehn Jahren präsent sind. Auf diesen Märkten haben wir einen sehr großen Kundenstamm und konzentrieren uns darauf, unsere Kundenbeziehungen noch weiter zu vertiefen. Um dies zu erreichen, setzen wir zum Beispiel auf unser Treueprogramm Zalando Plus oder auf Kategorien wie Streetwear.

Großbritannien und Irland sind für uns neuere Märkte. Hier haben wir uns darauf konzentriert, die Bekanntheit der Marke insgesamt zu steigern, die Zalando-Story zu erzählen und neue Kund:innen an die Marke heranzuführen. Es ist eine etwas andere Herangehensweise, einfach weil die Märkte einen so unterschiedlichen Reifegrad haben.

Mehr als 4400 Marken sind Teil des Zalando-Partnerprogramms. In welchem Land ist das Connected Retail Programm am erfolgreichsten?

Während unser Partnerprogramm in allen Zalando-Märkten aktiv ist, ist Connected Retail derzeit in 13 der 25 Zalando-Märkte verfügbar. Connected Retail ist – wie unser Partnerprogramm – ein Live-Service, der sich kontinuierlich weiterentwickelt. Da wir Connected Retail 2018 zuerst in Deutschland gestartet haben, ist es immer noch der größte Markt, was die Anzahl der angeschlossenen Geschäfte angeht. Wir sehen aber auch, dass der Service in den anderen zwölf Märkten gut ankommt, wobei Polen und Spanien ebenfalls sehr starke Märkte sind. Wir haben jetzt über 7.000 stationäre Geschäfte in ganz Europa integriert, Tendenz steigend.

Foto: Zalando

In Großbritannien wurde Connected Retail noch nicht eingeführt. Planen Sie, das Konzept auch dort zu etablieren?

Es steht nicht auf dem Plan für dieses Jahr. Es ist eine große Chance für alle Märkte, aber im Moment gibt es keinen Plan, das Programm in Großbritannien einzuführen.

Wie ist das Verhältnis zwischen dem Plattform- und Wholesale-Geschäftsmodell?

Aus Sicht der Kund:innen und weil wir nur durch eine Kombination aus eigenem Einkauf und Partnerprogramm ein komplettes Produktsortiment anbieten können, werden wir den Ansatz auch weiterhin verfolgen. Das Wholesale-Modell ist nach wie vor ein wichtiger Teil des Geschäfts, vor allem für Marken, die für mehrere Märkte relevant sind.

Wir sehen mehr und mehr, dass die Marken zunehmend aktiver werden und selbst bestimmen. Einige Marken sind über Wholesale, das Partnerprogramm und Connected Retail vertreten, andere entscheiden sich dafür, sich nur über Connected Retail zu verbinden. Es geht darum, welche Modelle für sie am besten funktionieren. Der Übergang vollzieht sich von selbst. 32 Prozent unseres GMV im ersten Quartal stammten aus dem Partnergeschäft, und zwar sowohl über das Partnerprogramm als auch über Connected Retail. In den Märkten, die ich leite, ist es sogar noch etwas mehr – speziell in den Benelux-Ländern. Wir beobachten, dass dies jedes Quartal weiter wächst. Das ist also eindeutig etwas, das für unsere Partner:innen interessant ist und funktioniert.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft des Plattform-Geschäftsmodells?

Unser Ziel ist es, immer das beste Sortiment für unsere Kund:innen zu haben. Nicht nur in Bezug auf die Quantität, sondern auch auf die Qualität. Wir wissen, welche Marken unsere Kund:innen lieben, schätzen und auf unserer Plattform sehen wollen. Unser Hauptziel ist es, sicherzustellen, dass wir diese Marken in unserem Modegeschäft vertreten.

Dieser übersetzte und bearbeitete Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.uk.

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