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Inditex’ Dilemma: Weiter wachsen und gleichzeitig ehrgeizige Netto-Null-Ziele einhalten?

Von Jaime Martinez

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Business|Analyse
Logistiksilo in einem der Logistikwerke von Inditex. Bild: Inditex

Inditex soll die Anzahl der Flüge für den Lufttransport von Waren aus seinen Zulieferfabriken in Indien zu seinen Logistikzentren in Spanien um bis zu 70 Prozent erhöht zu haben. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. Die Zunahme der Luftfracht und die damit verbundenen Umweltauswirkungen stellen zumindest vorerst die Fähigkeit des Unternehmens infrage, weiter zu wachsen und mehr zu verkaufen und gleichzeitig sein Ziel von Netto-Null-Emissionen bis 2040 zu erreichen.

Die Nachrichten-Agentur bezieht sich auf ihr vorliegende und analysierte Daten und Berichte. Demnach hat Inditex im Zeitraum zwischen August 2023 bis 2024 laut Versandaufzeichnungen des Handelsdatenanbieters Import Genius 3.865 Luftfrachtsendungen von Indien zu seinen Logistikzentren in Spanien befördert. Dies entspricht einer Steigerung von 37 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.  

Diese Zahl konzentrierte sich insbesondere auf die ersten acht Monate des Jahres 2024, vom 1. Januar bis 31. August. In diesem Zeitraum führte das Unternehmen bis zu 3.352 Luftfrachtsendungen von seinen Lieferbetrieben in Indien zu seinen Logistikzentren in Spanien durch. Dies entspricht einer Steigerung von 70 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2023. Im Vergleich dazu stiegen die Luftfrachtsendungen des Unternehmens im gleichen Zeitraum 2023 „nur“ um 44 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum 2022, basierend auf der Analyse von Zolldaten, die die Schweizer NGO Public Eye mit Reuters teilte. Die Zunahme der Luftfracht von Indien nach Spanien lässt sich laut den gleichen Quellen auch auf Sendungen von Bangladesch nach Spanien übertragen, die nach Angaben der NGO um 31 Prozent gestiegen sind, nach 26 Prozent im Vorjahr.

Anstieg von Lufttransport aus Asien

Über die anfänglichen Beobachtungen zum Verhalten des spanischen Modekonzerns in den ersten Monaten des Jahres hinaus berichtet die Nachrichtenagentur von einem generellen Anstieg der Luftfrachttransporte aus asiatischen Produktionsländern nach Spanien. Unter Berufung auf Daten der staatlichen Außenhandelsagentur ICEX wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2024, von Januar bis September, Luftfrachtsendungen im Wert von 2,48 Milliarden Euro nach Spanien verzeichnet. Dies entspricht einem Zuwachs von 28 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres und deutet auf ein eher „generelles“ Verhalten der Branche und des Handels hin, die verstärkt auf Luftfracht setzen. Im Vergleich zu den für Inditex erhobenen und analysierten Zahlen liegt der Konzern mit einem durchschnittlichen Anstieg von etwa 30 Prozent im Branchentrend, allerdings mit einem Spitzenwert von 70 Prozent zwischen Januar und August 2024.

Zusammenfassung
  • Inditex erhöhte Luftfracht aus Asien um bis zu 70%, was die Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens gefährdet.
  • Die Umsatzsteigerung bei Inditex geht mit erhöhten Treibhausgasemissionen einher, besonders im Transportsektor.
  • Erhöhte Luftfracht ist teilweise eine Reaktion auf Sicherheitsrisiken im Roten Meer; Inditex priorisiert aber weiterhin den Seetransport.

In einem größeren Kontext betrachtet, stehen diese Daten mit einer außergewöhnlichen Zeitspanne in Verbindung. Der Anstieg der Luftfrachttransporte ist eine Reaktion auf die deutlich gestiegenen logistischen Spannungen im Roten Meer, die durch die von somalischen Pirat:innen und jemenitischen Huthi-Rebell:innen ausgehende Unsicherheit in der Region verursacht wurden. Diese Angriffe und Spannungen halten an und beeinträchtigen die Seehandelsrouten. 

Folglich ist die Lieferkette jedes westlichen Unternehmens mit Beschaffungsnetzwerken in Asien betroffen, wie die Angriffe der Huthi-Rebell:innen auf das unter panamaischer Flagge fahrende, türkische Frachtschiff „Anadolu S“ und den US-Flugzeugträger USS Abraham Lincoln in den letzten Wochen zeigten. Der Flugzeugträger, der bisher als Abschreckungselement zur Gewährleistung der freien Schifffahrt in den Gewässern Westasiens in der Region stationiert war, wurde von den Huthi-Rebell:innen im Rahmen ihrer Offensive gegen Länder und Schiffe mit Verbindungen zu Israel angegriffen.

Die Rebell:innen begründen ihre Offensive gegen Israel und dessen Regierung mit Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung, die seit dem Angriff der Hamas auf israelische Zivilist:innen am 7. Oktober 2023 unter der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen und anderen von Palästinenser:innen besetzten Gebieten leidet. Dieser Angriff war der Auslöser für die erneuten Spannungen im Seeverkehr im Roten Meer und damit auch für den Anstieg der Luftfrachttransporte, der seit Ende 2023 und Anfang 2024 zu beobachten ist. Dies betrifft, wie man sieht, nicht nur die Wertschöpfungskette von Inditex, sondern die der gesamten Branche, zumindest in Spanien, und lässt sich auf eine Vielzahl von Ländern übertragen.

Mehr Umsatz, mehr Treibhausgasemissionen

Ausgehend von den von Reuters veröffentlichten Informationen und dem Kontext, in dem diese entstanden sind, hat sich FashionUnited etwas genauer mit Inditex und seinem Geschäftsmodell befasst.  Der spanische Modekonzern, Eigentümer so bekannter Marken wie Zara, Bershka, Pull&Bear und Massimo Dutti, schloss das Geschäftsjahr 2023 mit einem Umsatz von 35,9 Milliarden Euro ab, ein Plus von 10,37 Prozent gegenüber dem Vorjahr.  Dieser Umsatzanstieg ging einher mit einem ebenso deutlichen Anstieg des Nettogewinns, der auf fast 5,4 Milliarden Euro kletterte; ein Plus von 30 Prozent gegenüber dem Ergebnis des Geschäftsjahres 2022.  Eine mehr als hervorragende Leistung, die sich im Laufe des Jahres 2024 deutlich „abkühlte“. Doch wie wirkt sich dies auf die Umweltbilanz des multinationalen Unternehmens aus?

Um dies herauszufinden, warf FashionUnited einen Blick in den Nachhaltigkeitsbericht 2023 von Inditex, insbesondere in das Kapitel „Umwelt“. Dort beschreibt das Unternehmen, wie es 2023 seine Treibhausgasemissionen (THG) im Vergleich zu 2022 nicht etwa verringert, sondern erhöht habe.  Insgesamt hat Inditex das Ziel bis 2040 Netto-Null-Emissionen zu erreichen und seinen CO₂-Fußabdruck im Vergleich zu 2018 um mindestens 90 Prozent zu reduzieren.

Der Anstieg im abgelaufenen Geschäftsjahr erfolgte nahezu flächendeckend: Die Scope-1-Emissionen, die durch die internen und direkten Geschäftstätigkeiten entstehen, stiegen auf 11.512 t CO₂eq (+2,49 Prozent); die Scope-2-Emissionen, die indirekt durch den Energieverbrauch für die Geschäftstätigkeiten der Inditex-Gruppe entstehen, sanken auf 427.885 t CO₂eq (-5,21 Prozent); und die Scope-3-Emissionen, die indirekt durch die Lieferkette des Unternehmens entstehen, einschließlich der Vertriebsaktivitäten, stiegen auf 16.418.450 t CO₂eq (+5,19 Prozent).  

Dieser Wert lag nicht nur über den Emissionen von 2022, sondern auch um 0,17 Prozent über denen des Jahres 2018, gegenüber dem Inditex seine Umweltauswirkungen reduzieren möchte. In der Gesamtbetrachtung schloss das Unternehmen 2023 mit THG-Emissionen der Scope 1, 2 und 3 von insgesamt 16.430 Kilotonnen CO₂-Äquivalent ab, die im Vergleich zu 2018 als „stabil“ bezeichnet wurden. Ein direkter Vergleich mit dem Vorjahr ist jedoch aufgrund einer Änderung der Berechnungsmethode für die Emissionen, die auf „methodische Verbesserungen“ zurückgeführt wird, nicht möglich.

Ohne auf spezifischere Vergleichsdaten zurückgreifen zu können, betrachtete FashionUnited die von Inditex für die Geschäftsjahre 2022 und 2023 ermittelte Verteilung der Emissionen im Bereich Warentransport. Im Jahr 2022 machten die von Inditex als durch Transport und Distribution ihrer Waren verursachten THG-Emissionen 8,4 Prozent der gesamten THG-Emissionen des Unternehmens aus. Dieser Anteil stieg 2023 auf 12,1 Prozent an, was deutlich macht, dass das Unternehmen Schwierigkeiten hat, erstens die Scope-3-Emissionen und zweitens insbesondere die durch Transport und Distribution verursachten Emissionen einzudämmen. 

Angesichts der von Reuters vorgelegten Daten ist zu erwarten, dass dieser Posten 2024 erneut ansteigen wird. Ob dies ausreicht, um die gesamten Scope-3-Emissionen von Inditex erneut in die Höhe zu treiben, ist derzeit noch schwer abzuschätzen. Das Unternehmen vertraut weiterhin auf die Strategien seines Klima-Transformationsplans, um seine Umweltziele zu erreichen, darunter die Reduzierung der Emissionen in den Scope-3-Kategorien.  

Für dieses Ziel und diese Verpflichtung werden verschiedene Initiativen umgesetzt, darunter – als Teil der Strategie zur Dekarbonisierung des Geschäftsmodells – die verstärkte Nutzung alternativer Kraftstoffe gegenüber fossilen Brennstoffen, auch im Bereich Luftfracht. Hier wurde eine erste strategische Vereinbarung mit Repsol und Iberia getroffen, die jedoch zunächst nur die Logistik am Flughafen Adolfo Suárez Madrid-Barajas betrifft und nicht – oder zumindest noch nicht – den Flughafen Saragossa, wo die Luftfrachtlogistik zwischen den Lieferbetrieben von Inditex in Asien und den Logistikzentren in Spanien konzentriert ist.

Der (relative) Einfluss Asiens auf das Liefernetzwerk von Inditex

In einer tiefergehenden Betrachtung der Verbindung zwischen Spanien und Asien, insbesondere im Zusammenhang mit dem Anstieg der Treibhausgasemissionen und dem von Reuters berichteten Anstieg der Luftfrachttransporte von Indien und Bangladesch nach Spanien, nehmen diese beiden Länder eine Schlüsselposition unter den Top 10 Lieferländern von Inditex ein. Das Unternehmen gibt offen zu, dass es im Jahr 2023 dort 98 Prozent seiner Kleidungsstücke produzierte. Die Lieferkette wurde zu diesem Zeitpunkt von China mit 367 Lieferbetrieben angeführt, gefolgt von Marokko (216 Betriebe), der Türkei (186), Bangladesch (150), Spanien (138), Indien (122), Portugal (114), Pakistan (69), Vietnam (11) und Kambodscha (2).

Eine Analyse dieser Liste, die durch die Angabe der Anzahl der mit jedem Lieferbetrieb verbundenen Fabriken vervollständigt werden sollte, verdeutlicht die korrekte Darstellung des Geschäftsmodells von Inditex durch die Unternehmensführung. Im Jahr 2023 arbeitete das Unternehmen mit insgesamt 1.733 direkten Lieferbetrieben in 45 Ländern zusammen, wobei ein „sehr bedeutender Teil der Fabriken für Zuschnitt, Konfektion, Färben, Waschen, Bedrucken oder Veredeln unserer Kleidungsstücke im Jahr 2023“ in Spanien oder nahegelegenen Ländern wie Portugal, Marokko oder der Türkei angesiedelt war. Diese Produktion in der Nähe, sollte sie 2024 fortgesetzt oder sogar verstärkt worden sein, könnte Inditex widerstandsfähiger machen und die CO2-Emissionen begrenzen, während der Konzern seinen Umsatz weiter steigert. Es bleibt abzuwarten, ob dies auch mit Auswirkungen auf den Gewinn einhergeht.  

In diesem Zusammenhang wurde bereits auf das potenzielle Risiko für die Bilanz hingewiesen, das von den Spannungen im Roten Meer und im Suezkanal ausgeht, die zu steigenden Transportkosten sowohl auf dem See- als auch auf dem Luftweg führen könnten. Der Luftweg war für das Unternehmen nie die bevorzugte Option, nicht nur wegen der höheren Umweltbelastung, sondern auch aus Kostengründen. Nur unter außergewöhnlichen Umständen, wie den aktuellen im Roten Meer, und auch nur sehr punktuell, würde man sich für diesen Transportweg entscheiden.

Über die Lieferantenliste und den beträchtlichen Einfluss von China, Bangladesch, Indien, Pakistan, Vietnam und Kambodscha innerhalb der Wertschöpfungskette hinaus, muss man auch die Aufgaben und die in den einzelnen Ländern hergestellten Kleidungsstücke betrachten.

Sorgfältige Analyse von Kosten und Nutzen

In dieser Hinsicht hat Inditex in seiner sorgfältigen Kosten-Nutzen- und Zeit-Transportkosten-Analyse darauf geachtet, die Produktion von Basic-Kollektionen, die zeitloser und weniger trendgebunden sind, auf seine Lieferbetriebe in Asien zu konzentrieren. Die Produktion von trendorientierten Saisonartikeln hingegen findet in der Nähe statt. Diese Strategie soll das Unternehmen vor möglichen Unterbrechungen der Lieferketten schützen und eine schnellere Verfügbarkeit der von den Kund:innen in einer bestimmten Saisonphase nachgefragten Artikel in den Geschäften gewährleisten.  

Gleichzeitig werden die Verkaufsstandorte und Online-Plattformen nach und nach mit den per Seefracht und mit deutlich längeren Lieferzeiten aus den Fabriken der asiatischen Lieferbetriebe eintreffenden Waren beliefert. Diese Vorgehensweise wurde seit Anfang des Jahres angesichts der Unterbrechungen infolge der Spannungen im Roten Meer und im Suezkanal intensiviert und weiter optimiert. 

Von FashionUnited zu diesem Thema befragt, bestätigt Inditex, ohne die von Reuters veröffentlichten Daten zu bestätigen oder zu dementieren, diese Strategie und betont, dass der Großteil der Produkte aus Asien per Seefracht eintreffe. Dies schließe jedoch nicht aus, dass unter außergewöhnlichen Umständen, wie Lieferkettenunterbrechungen oder der aktuellen Situation im Roten Meer, auf andere Transportmittel zurückgegriffen werde. Auch angesichts des „Risikos steigender Transportkosten aufgrund des höheren Treibstoffverbrauchs und der zusätzlichen Kosten“ für die Umleitung von Handelsschiffen auf alternative, längere Routen, priorisiert das Unternehmen weiterhin den Seetransport.  

In Bezug auf die Rentabilität scheint dies den spanischen Modekonzern nicht wesentlich zu beeinträchtigen. Im ersten Halbjahr 2024, bis zum 31. Juli, stieg der Nettogewinn um 10 Prozent auf 2,778 Milliarden Euro, und der Umsatz wuchs um 7,2 Prozent auf 18,065 Milliarden Euro. Es bleibt abzuwarten, ob diese Zuwächse bis zum Jahresende mit einer gleichzeitigen Reduzierung der CO2-Bilanz und der Umweltbelastung einhergehen werden. Ziel ist es, Umsatz- und Gewinnwachstum vollständig von steigenden Treibhausgasemissionen zu entkoppeln und so die ambitionierten Umweltziele zu erreichen: eine Reduzierung der Emissionen um mehr als 50 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 2018 und Klimaneutralität bis 2040.

Dieser Artikel erschien zuvor auf FashionUnited.es und wurde mithilfe von digitalen Tools übersetzt.

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