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Kanadischer Pelzhandel kämpft mit dem Verlust der russischen und ukrainischen Märkte

Von AFP

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Pelzmäntel. Foto: Unsplash

Der kanadische Fallensteller Ray Gall versucht, auf einem Damm das Gleichgewicht zu halten, und nähert sich vorsichtig einem großen schwarzen Biber, der sich in einer seiner Fallen verfangen hat.

Nur wenige Menschen in diesem Land können noch von diesem Geschäft leben, das 400 Jahre zurückreicht, als die ersten Ureinwohner:innen Felle an Menschen aus Europa verkauften.

Aber Tausende von Kanadier:innen, darunter auch indigener Herkunft, sind immer noch in dieser inzwischen stark regulierten Branche tätig.

„Es ist der älteste Beruf“ in Kanada, sagt Gall, 47, ein städtischer Wasserarbeiter, der in seiner Freizeit in den Wäldern etwa drei Autostunden nördlich von Toronto Füchse, Wölfe und Kojoten fängt.

„Es wird immer einen Bedarf an Fallenstellern geben, ob der Markt nun da ist oder nicht“, kommentiert er, bevor er den Biberkadaver aus der Falle holt und in einen Rucksack packt, den er sich über die Schulter wirft.

Angesichts der Tatsache, dass das Eindringen des Menschen die Lebensräume der Tiere verkleinert, die Winter aufgrund des Klimawandels kürzer werden und die Preise für Pelze sinken, „wird das Fallenstellen immer schwieriger“, so der 70-jährige indigene Trapper Tom Borg.

„Es ist Teil unseres Erbes und es ist Teil von uns. Das ist hart. Es ist, als würde man uns ein Stück von uns selbst wegnehmen“, sagt er mit trübem Blick.

Der Markt kämpft unter dem Druck des Boykotts von Luxusmarken, dem Ausbleiben chinesischer Kundschaft seit Beginn der Pandemie und nun dem Verlust der zwei Schlüsselmärkte Russland und der Ukraine seit dem Einmarsch Moskaus.

Aber Robin Horwath, Leiter des Fur Institute of Canada und Geschäftsführer der Ontario Fur Managers Federation, ist optimistisch, dass es zu einer Wende kommt.

Die Situation sei jetzt „stabil“, sagt er, nachdem sie „auf einen Tiefpunkt im Zyklus gefallen ist.“

Pelze in Bündeln zur Auktion verschnürt

Kanada ist weltweit führend in der Produktion von Wildpelzen. In der Saison 2019/2020 werden rund 415.000 Pelze für insgesamt 13,8 Millionen kanadische Dollar (etwa 10 Millionen Euro) verkauft.

In der letzten großen Pelzauktion Nordamerikas in North Bay, etwa 350 Kilometer nördlich von Toronto, sind die Makler:innen damit beschäftigt, die Angebote vor der großen Veranstaltung zu prüfen, die aufgrund der Pandemie das dritte Jahr in Folge online stattfindet.

In einem riesigen Lagerhaus hängen zehntausende von Tierfellen – darunter Luchse, Füchse, Wölfe und Schwarzbären – in Bündeln an Regalen, sortiert nach Größe, Farbe und Qualität.

Mit Katalog und Bleistift in der Hand agiert der Makler Michel Roberge als Auge und Hand der ausländischen Käufer:innen, für die er jedes Fell akribisch inspiziert.

„Da es sich um einen Luxusmarkt handelt, sind wir im Falle einer Krise natürlich zuerst betroffen“, sagt der Händler aus Montreal.

Pelzbesatz aus Kojote

Der wachsende Druck von Tierschützern in Europa und Nordamerika hat dazu geführt, dass mehrere große Luxusmarken wie Dolce & Gabbana, Burberry und Chanel die Verwendung von Pelz eingestellt haben.

„Die Pelzindustrie gibt es schon lange, sie ist unsere älteste, und sie ist in den letzten 400 Jahren viele, viele Male aufgestiegen und wieder abgestürzt“, so Mark Downey von der Fur Harvesters Auction in North Bay.

„Der Ausstieg von Canada Goose aus dem Pelzhandel... war definitiv ein schwarzer Tag für die Branche.“

Aber er ist sich sicher, dass andere Marken die „Lücke“ füllen werden, die das kanadische Unternehmen hinterlässt, das im letzten Jahr angekündigt hat, bald keinen Kojotenpelz mehr an den Kapuzen seiner Parkas zu verwenden – ein Merkmal, das fünf Jahrzehnte lang dazu beigetragen hat, die Gesichter von Abenteurer:innen in arktischen Gefilden warm zu halten.

Die kanadische Industrie wird auch mit dem fehlenden Zugang zu den Märkten in der Ukraine und in Russland zu kämpfen haben – letzteres ist der zweitgrößte der Welt, wird aber von den international verhängten Wirtschaftssanktionen getroffen.

„Der Krieg zwischen der Ukraine und Russland ist ein großes Handicap, weil unsere (anderen) großen Abnehmer:innen aus Griechenland, Italien und der Türkei... ihre hergestellten (Pelz-)Produkte nach Russland und in die Ukraine verkaufen“, erklärte Downey, der von den Sanktionen betroffen ist.

„Aber (die Industrie) wird wieder zurückkommen“, sagte er. „Die Nachfrage ist riesig“, vor allem in Asien. (AFP)

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

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