Kompressionssocken mit Doping-Effekt: Stox-Gründer und CEO über den Weg zum Erfolg
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Kompressionssocken – ob im Sport, in der Freizeit oder für medizinische Zwecke – gelten selten als modisches Accessoire. Das fand auch Caspar Disselhoff. Also gründete er vor fast zehn Jahren Stox Energy Socks, ein Unternehmen, das Kompressionssocken dank medizinischer Technologie und stilvollem Design eine modische Note verliehen hat.
Stox wurde 2015 mit einer medizinischen Ausrichtung ins Leben gerufen. Nach eingehender Analyse stellte Disselhoff fest, dass eine hohe Nachfrage nach Kompressionssocken besteht, besonders unter Sportler:innn, Vielreisenden und Personen die beruflich viel stehen. Doch eine Socke, die wirklich die gewünschte Wirkung erzielt? Die gab es noch nicht. Disselhoffs Vater, ein erfahrener Gefäßchirurg, ist Experte für die Blutzirkulation – und genau darum geht es bei Kompressionssocken: Sie fördern die Durchblutung, was eine schnellere Regeneration und mehr Energie unterstützt. Gemeinsam entwickelten die beiden die altmodische Stützsocke weiter und verwandelten sie mithilfe degressiver Kompression in ein stylisches (Sport-)Modeaccessoire.
Das Unternehmen startete mit einem eigenen Online-Shop und wuchs rasant. Vor einigen Jahren expandierte Stox in den Großhandel. Mittlerweile stammen fünfzig Prozent des Umsatzes aus den Niederlanden, der Rest kommt aus internationalen Märkten. Nun strebt das Unternehmen eine weitere Internationalisierung an. FashionUnited sprach mit Disselhoff und Stox-CEO Stijn Nuijten.
Der Ausgangspunkt von Stox war ein medizinischer Gesichtspunkt. Es gibt viele Kompressionsstrümpfe auf dem Markt. Was macht die Kompressionssocken von Stox so einzigartig?
Disselhoff: Der Einsatz von degressiver Kompression. Das ist eine spezielle Technik, die schon länger existiert, aber relativ selten angewendet wird. Nur wenige Maschinen können diese Kompressionstechnik überhaupt herstellen. Zudem verwenden wir ausschließlich Materialien höchster Qualität. Für unsere Kompressionssocken zum Sport und Laufen setzen wir beispielsweise auf Dryarn. Dieses Material transportiert Feuchtigkeit zuverlässig ab und fühlt sich dabei angenehm weich an. Die Füße bleiben so trocken wie möglich. Das ist nicht nur hygienisch vorteilhaft – das Material ist auch extrem elastisch und passt sich jeder Bewegung an. Für den täglichen Gebrauch und auf Reisen bieten wir zudem eine Socke aus Merinowolle an. Diese Variante ist atmungsaktiv und passt sich den Anforderungen in großer Höhe und bei Temperaturschwankungen an. Auch für Skifahrer und Wanderer ist Merinowolle von besonderem Vorteil.
Wir prüfen die Anforderungen der jeweiligen Aktivitäten und stimmen die Eigenschaften unserer Socken entsprechend ab. Es ist entscheidend, dass die Socke mit jeder Bewegung flexibel mithält und die optimale Unterstützung bietet. Um unseren Kompressionssocken ein moderneres Image zu verleihen, legen wir großen Wert auf das Design. Kompressionssocken sind per se nicht sexy, aber wir versuchen, das zu ändern – und ich denke, das ist uns ganz gut gelungen.
Die degressive Kompression, das hochwertige Material und der moderne Look machen unsere Socken einzigartig.
Wo steht Stox heute?
Nuijten: Unser stärkstes Wachstum hatten wir in der Corona-Zeit. Die Geschäfte waren geschlossen, die Menschen gingen massenhaft joggen und investierten in ihre Gesundheit. Das führte 2020 und 2021 zu einem explosionsartigen Anstieg. Zwei Jahre später, 2023, stabilisiert sich das Wachstum. Wir erwarten 2024 mit einem Umsatz- und Gewinnwachstum von 35 bis 40 Prozent abzuschließen.
Die Niederlande bleiben ein wichtiger Markt für uns. Außerdem haben wir in Belgien stark expandiert und wachsen dort weiterhin. Auch in Deutschland sehen wir großes Potenzial. Der Markt ist volumenmäßig fast so groß wie in Belgien, und wir erwarten hier weiteres Wachstum. Wir sind ebenfalls in Österreich bekannt und starten nun in Großbritannien und Frankreich. In den USA verkaufen wir nur vereinzelt Produkte, aber unser Hauptaugenmerk liegt auf den Niederlanden und den umliegenden Märkten.
Stox verfolgt eine Direct-to-Consumer-Strategie. Möchten Sie dennoch auch über Einzelhändler:innen expandieren?
Nuijten: Genau. Über 90 Prozent unseres Umsatzes wurden bislang über unseren eigenen Webshop erzielt. Seit zwei Jahren investieren wir intensiv, um unsere Wholesale-Präsenz auszubauen und unsere Markenbekanntheit zu steigern. So sind wir kürzlich Partnerschaften mit Bever (Niederlande) und Veritas (Belgien) eingegangen. Außerdem führen verschiedene Spezialgeschäfte für Laufen und Skisport mittlerweile unsere Produkte.
Vor allem in Deutschland und Frankreich stellen wir fest, dass eine starke Online-Präsenz allein nicht ausreicht, um eine Marke erfolgreich aufzubauen – eine Offline-Präsenz ist ebenfalls wichtig. Die Konsumenten möchten die Produkte spüren können; das schafft Vertrauen. In dieser Hinsicht verstärken sich Online- und Offline-Kanäle gegenseitig. Doch wir wollen nur mit den besten Fachgeschäften zusammenarbeiten – das bedeutet Kooperationen mit Strumpf- und Sportfachgeschäften. Diese Strategie verfolgen wir auf allen unseren Märkten.
Wer ist die Zielgruppe von Stox?
Disselhoff: Anfangs richteten wir uns auf Menschen zwischen 35 und 65 Jahren. Es handelt sich um ein recht hochpreisiges Produkt, und das war einfach die Altersgruppe, in der unsere Produkte am häufigsten verkauft wurden.
Nuijten: Inzwischen sehen wir, dass zunehmend auch Menschen zwischen 25 und 35 Jahren unsere Produkte tragen. In dieser Altersgruppe haben wir stark zugelegt, vor allem dank unserer Marketingstrategie. Wir arbeiten mit Markenbotschafter:innen und Influencer:innen zusammen, die etwa zeigen, welches Material beim Laufen am besten geeignet ist.
Wir sind immer besser darin geworden, unsere Zielgruppe in den sozialen Medien gezielt anzusprechen. Der Trick besteht darin, Menschen dazu zu bringen, über dein Produkt zu sprechen, ohne dass du selbst das Wort ergreifst. Wenn du das erreichst, hast du einen entscheidenden Vorteil.
Welche Erfolge hat Stox in den letzten Jahren erzielt?
Nuijten: Wir sind profitabel geworden und haben uns zu einem internationalen Unternehmen entwickelt. Außerdem haben wir in den letzten zwei Jahren neue Produkte eingeführt, darunter die Sportleggings, die sehr gut ankommen. Wir haben kein einziges Produkt auf den Markt gebracht, das nicht gut lief.
Disselhoff: Wir haben unsere Ausrichtung nie verloren. Unser Kern bleibt die Kompressionstechnologie, und das bleibt unser Fokus. Wir diversifizieren nicht in zu viele andere Produkte, da dies leicht zu Unübersichtlichkeit und einem Verlust des Schwerpunkts führen könnte. Nuijten: Wir bleiben nah an unserem Markenkern, und genau das hat uns zu unseren heutigen Erfolgen geführt.
Mit welchen Herausforderungen sieht sich Stox konfrontiert?
Nuijten: Obwohl unsere Marketingstrategie stark ist, haben wir in den letzten Jahren auch einige Fehler gemacht, insbesondere bei den Marketinginvestitionen. Es ist schwierig, zu entscheiden, wo man sein Geld am effizientesten investiert.
Zudem arbeiten wir hart an der Markenbekanntheit in Deutschland und Frankreich, aber wir merken, dass sich die einzelnen Märkte stärker unterscheiden als gedacht. Es dauert oft länger, neue Einzelhändler:innen zu gewinnen. Die Situation im Einzelhandel ist aktuell angespannt. Wenn man mit einer neuen Marke auf einen neuen Markt kommt, hören wir oft: ‚Wir lieben das Produkt, aber wir ordern trotzdem noch nicht.‘
Wie geht Stox diese Herausforderungen an?
Nuijten: Wir setzen verstärkt auf lokale Teams. Wir sind Niederländer und kennen die Feinheiten anderer Märkte nicht zu 100 Prozent. Daher haben wir kürzlich deutsche Mitarbeiter:innen eingestellt, die sich auf Deutschland konzentrieren. Sie verstehen den Markt dort besser. In Zukunft werden wir auch für andere Zielmärkte gezielt lokale Teams aufbauen.
Wie wirkt sich die Internationalisierung auf die Unternehmensführung aus?
Nuijten: In dieser Phase ist es entscheidend, eine klare Strategie und einen eindeutigen Fokus zu haben. Darüber hinaus müssen wir unsere finanzielle Struktur überdenken. Momentan sind wir funktional organisiert, aber wir müssen uns zunehmend in eine Länderorganisation umwandeln. Das bedeutet, dass Reporting, Zusammenarbeit und Dashboarding künftig pro Land erfolgen müssen. Wir entwickeln uns also zu einer Struktur mit parallelen Märkten, anstatt alles zentral und integriert zu steuern.
Können Sie etwas zur Umsatz- und Gewinnentwicklung des Unternehmens sagen?
Nuijten: Wir geben keine konkreten Zahlen heraus, aber wir können sagen, dass bereits über 650.000 Kund:innen Stox-Produkte tragen. Außerdem haben wir eine enorm hohe Zahl an Stammkund:innen.
Welche Wachstumsziele verfolgt ihr?
Nuijten: Dieses Jahr streben wir ein Wachstum zwischen 35 und 40 Prozent an. Für das nächste Jahr planen wir, diesen Kurs fortzusetzen.
Woran arbeitet Stox neben der Internationalisierung noch?
Nuijten: Wir möchten unser Sortiment erweitern. Wir haben im Segment der Wandersocken stark zugelegt und wollen dieses Wachstum weiter fördern. Zudem überlegen wir, Fahrradsocken ins Sortiment aufzunehmen. Der Radsportverband hatte die Höhe unserer Socken fast schon als ‚Doping‘ angesehen – daher müssen wir etwas Neues entwerfen, aber dieser Markt hat auf jeden Fall Potenzial.
Disselhoff: Das Feedback unserer Kund:innen zeigt, dass auch die Nachfrage nach Low-Waist-Leggings und kürzeren Socken groß ist. Bisher sind alle unsere Modelle hoch geschnitten, daher prüfen wir derzeit Möglichkeiten für Produkte mit niedrigeren Passformen.
Welche weiteren Ziele haben Sie sich gesetzt?
Nuijten: Nachhaltigkeit steht ganz oben auf unserer Agenda. Wir arbeiten auf eine B-Corp-Zertifizierung hin und haben kürzlich unsere erste Nullmessung durchgeführt – wir sind auf einem guten Weg. Stox arbeitet nur mit Herstellern, die ebenfalls Wert auf Nachhaltigkeit legen. Diese achten auf faire Arbeitsbedingungen und wandeln zum Beispiel die entstehende Wärme in Energie um, die wiederum zur Reinigung der Socken verwendet wird. Unsere Hersteller:innen teilen unser Bestreben, nachhaltiger zu werden – das passt perfekt zusammen.
Zudem wollen wir in etwa drei Jahren unsere Unternehmensgröße verdreifachen. Ich denke, dass wir dann in Deutschland, Frankreich, Österreich und Großbritannien als ernstzunehmender Marktteilnehmer auftreten. Auch Skandinavien haben wir bereits im Blick – dort sind Outdoor-Sportarten äußerst beliebt, was gut zu Stox passt. Unser Ansatz bleibt allerdings Schritt für Schritt – wir setzen auf langfristigen Markenaufbau.
Dieser übersetzte und bearbeitete Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl