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Lokal zu global: Was steckt hinter dem „organischen“ Wachstum von Never Fully Dressed?

Von Rachel Douglass

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NFD-Gründerin Lucy Aylen (recht) mit Model. Bild: Never Fully Dressed

Never Fully Dressed (NFD) ist so etwas wie eine Erfolgsgeschichte für die britische Modeindustrie. Was mit einem Marktstand in der Londoner Portobello Road begann, hat sich inzwischen zu einem Global Player entwickelt, der gerade seinen zweiten Laden in den USA eröffnet hat - den ersten an der Westküste des Landes. Doch trotz des offensichtlichen Wachstums des Unternehmens ist die Gründerin Lucy Aylen standhaft geblieben, um die Marke mit ihrem sympathischen, von der Gemeinschaft geprägten Wesen zu erhalten.

„Auf dem Markt anzufangen, ist der Ursprung dieses Gemeinschaftsgefühls, ob das nun bewusst war oder nicht“, erklärt Aylen im Interview mit FashionUnited. „Als Unternehmerin - auch wenn ich mich erst in den letzten Jahren als solche zu erkennen gegeben habe - kann es ziemlich einsam sein, wenn man anfängt und keine Kolleg:innen hat. So entstand diese Gemeinschaft auf dem Markt, umgeben von anderen Händler:innen und einem wachsenden Kund:innenstamm, von denen viele noch heute bei uns einkaufen und den gleichen Weg wie wir gegangen sind.”

Eröffnungen in den USA verdeutlichen die sich verändernde Landschaft des Einzelhandels

Obwohl die Präsenz von NFD bewusst auf seine Ursprünge als kleines Unternehmen zurückzuführen ist, lässt sich sein Wachstum nicht leugnen. Die E-Commerce-Plattform des Unternehmens verzeichnete beispielsweise im Vergleich zum Vorjahr einen Zuwachs von 47 Prozent. Die geografische Reichweite des Unternehmens erstreckt sich auch über Großbritannien hinaus, da es seine Präsenz in Kernmärkten wie Irland, dem Nahen Osten und den Niederlanden weiter ausgebaut hat. Das Hauptaugenmerk von Aylen liegt jedoch derzeit auf den USA.

NFDs neuer Laden in Los Angeles. Bild: NFD

Nach einer Reihe von Pop-up-Stores in New York und Los Angeles, die die Bedingungen im Land testen sollten, entschied sich die Marke für beide Städte als Standorte für permanente Geschäfte. Während New York im vergangenen Jahr einen Flagshipstore erhielt, eröffnete NFD erst letzten Monat seinen ersten Laden in Los Angeles und brachte damit seinen mediterran-inspirierten Charme dauerhaft an die Westküste. Der Schritt in die Stadt der Engel war eine natürliche Entwicklung für die Marke und für Aylen, die während ihrer Teenagerzeit kurz dort lebte.

„Wir sind in den USA so organisch gewachsen", sagt Aylen, und bezeichnet die beiden Läden an beiden Küsten als „Umarmung“ des Landes und als „strategische“ Entscheidung. Nachdem NFD in der Region bereits Großhandelspartnerschaften mit Revolve und Anthropologie eingegangen war, hatte das Unternehmen bereits eine gute Vorstellung davon, was die US-Konsument:innen suchten. Es machte sich dann daran, potenzielle Herausforderungen zu beseitigen, die seinen Zukunftsplänen im Wege stehen könnten - sei es im Marketing oder in der Abhängigkeit von bestimmten Produkten.

Damit machen die USA inzwischen 20 Prozent des Gesamtgeschäfts von NFD aus. Diese Zahl berücksichtigt nicht nur die Umsätze in den Läden, sondern auch die der inzwischen weit verzweigten Community der Marke, die sich von Küste zu Küste erstreckt. „Die Läden haben es uns wirklich ermöglicht, den Fokus auf Gemeinschaft aufrechtzuerhalten und uns in den USA zu verwurzeln, so dass sie zu einem neuen kleinen Zuhause wurden“, fügt Aylen hinzu.

Kleidermiete ist nächstes Projekt

Natürlich haben sich die Marke und Aylen im Laufe der Zeit immer wieder an die Anforderungen der sich schnell verändernden Branche angepasst. Es überrascht nicht, dass der E-Commerce eine wichtige Ergänzung des Ökosystems der Marke darstellte, nur um dann vom ersten lokalen Geschäft in Großbritannien übertroffen zu werden, das damals 80 Prozent zum Umsatz beitrug. Die Pandemie kehrte diesen Trend wieder um und verlagerte alles wieder ins Internet.

Das Innere von NFDs neuem L.A.-Laden. Bild: NFD.

Dies eröffnete jedoch neue Möglichkeiten für Marken und NFD selbst, das letzte Woche seine ersten Schritte in den immer beliebter werdenden Mietmarkt unternahm. Im Rahmen einer neu gestarteten Partnerschaft können NFD-Produkte nun über das zu Urban Outfitters gehörende Unternehmen Nuuly gemietet werden, wobei sieben Kleidungsstücke den Start in den USA bilden.

„Wir haben uns noch nie mit dem Verleih beschäftigt, während Pre-Loved bereits ein großes Programm für uns ist, aber es war schon seit Jahren Teil der Gespräche“, erklärt Aylen. „Für uns ist es aufregend zu sehen, wie dieser Markt für die Marke funktioniert, und er wird von hier aus wachsen.“

Die Markteinführung unterstreicht nur noch mehr Aylens Beharrlichkeit, sich organisch anzupassen und auf den Markt zu hören, der in den letzten Jahren aufgrund von pandemiebedingten Problemen und der daraus resultierenden Lebenshaltungskostenkrise in Großbritannien und darüber hinaus turbulent gewesen ist. Um darauf zu reagieren, verlässt sich NFD nicht ausschließlich auf spezifische Trends, sondern legt Wert auf einen übergreifenden Fünfjahresplan, um daraus abzuleiten, worauf man hinarbeiten muss.

„Wir sind ein sehr flexibles Unternehmen, aber wir kennen unsere Kundschaft, also kaufen wir nach ihren Vorlieben ein“, so Aylen weiter. „Wir arbeiten nicht zu weit im Voraus. Derzeit sind wir mit Frühjahr/Sommer 2025 beschäftigt, und das ist der weiteste Zeitraum, in dem wir je tätig wurden. Wir arbeiten jederzeit mit allen Zeitrahmen, also sowohl mit langen Vorlaufzeiten als auch mit Reaktionen auf eine Lücke oder einen neuen Trend. Wir sind nicht zu sehr im Trend, aber wenn es etwas gibt, das wir entwickeln oder mit dem wir handeln wollen, weil es eine gute Reaktion gezeigt hat, haben wir immer noch Fabriken, mit denen wir in letzter Minute handeln können. Leder hat zum Beispiel eine längere Entwicklungszeit, aber Webstoffe können viel schneller umgesetzt werden, und wir haben eine großartige Fabrik in Großbritannien für diese Produkte.“

NFD Hochzeitskampagne. Bild: NFD.

Es gibt auch keine bestimmte Zielgruppe, auf die sich NFD konzentriert. Die Marke zieht es vor, ein breites Publikum von Frauen zwischen 20 und 70 Jahren anzusprechen. Auch wenn dies einige Herausforderungen in Bezug auf Marketing oder Passform mit sich bringt, ist die Marke stolz auf ihr Angebot an anpassungsfähigen, vielseitigen Produkten, von denen einige mit Verschlüssen oder abnehmbaren Elementen ausgestattet sind, die eine individuelle Anpassung des Stylings ermöglichen. Ein Trend, den Aylen in der gesamten Kund:innengruppe der Marke wahrgenommen hat, ist jedoch ein Gefühl von neuer Reife in der Mode, das sich letztlich in der Langlebigkeit von Kleidung niederschlägt und Aylen und NFDs saisonunabhängigen, weniger trendorientierten Designansatz unterstützt.

„Ich denke, das gesamte Verhalten der Verbraucher:innen hat sich dahingehend geändert, dass die Menschen viel bewusster einkaufen, und zwar nicht unbedingt unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht“, fügt sie hinzu. „Die Menschen achten mehr auf alles, vom Planeten bis zum Geldbeutel. Es gibt den tatsächlichen Wert eines Produkts und den wahrgenommenen, der hoch sein muss. Das zwingt uns dazu, auf Produktebene härter zu arbeiten, als wir es noch vor vier Jahren getan haben. Es ist ein ganz anderes Spiel, und das liegt unter anderem an der Ausbildung der Designer:innen, mit denen wir zusammenarbeiten.“

Geschäft in Miami und Teilnahme an Londoner Modewoche geplant

Die erneute Fokussierung auf das Produkt hat sich laut Aylen positiv auf die Finanzlage des Unternehmens ausgewirkt, denn leichte Preiserhöhungen stießen bei den Verbraucher:innen nicht auf großen Widerstand. „Das ist eine ermutigende Sache“, sagt sie. „Ich glaube, wir haben unsere Preisarchitektur erweitert, weil wir die Verbraucher:innen nicht verprellen wollen, die uns vielleicht früher auf dieser Reise begleitet haben, als ein Kleid 79 Pfund kostete, während wir es jetzt mit besseren internen Verfahren nachhaltig gemacht haben, so dass es jetzt 120 Pfund kostet. Solange man diese offene Kommunikation beibehält und bei der Preisgestaltung ehrlich ist, wird man auch weiterhin die richtigen Kund:innen anziehen.“

NFD Kampagnenbild. Bild: NFD

Das Bewusstsein für die Verbraucher:innen fließt direkt in die Entscheidungen ein, die Aylen für die nächsten Schritte von NFD trifft. Während New York und L.A. als Hauptstandorte dienen werden, steht als nächstes ein Geschäft in Miami auf der Liste. Die Stadt spiegelt die Vorliebe der Marke für Farben wider und liegt gleichzeitig in unmittelbarer Nähe zu Südamerika, einem wachsenden Markt für NFD. Dieser Prozess in den USA insgesamt ist für die Marke jedoch noch eine Lernerfahrung, da die Wünsche der Verbraucher:innen und die rechtlichen Bestimmungen der einzelnen Bundesstaaten derzeit die Bewegung in der Region bestimmen.

Trotzdem ist dieses Wachstum auf der Grundlage einer starken finanziellen Leistung der Marke insgesamt zu sehen, mit einem Umsatzanstieg von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr im aktuellen Berichtszeitraum. Irland, Deutschland und Australien werden von Aylen als zunehmend leistungsfähig hervorgehoben, doch die USA stehen weiterhin im Mittelpunkt der aktuellen Bemühungen.

Darüber hinaus ist geplant, das Angebot von NFD durch neue Produktkategorien wie die kürzlich eingeführte Bademodenserie, Nachtwäsche, die sich bereits gut verkauft hat, und Sportbekleidung zu erweitern, wobei jede dieser Kategorien im kommenden Jahr in unterschiedlichem Umfang eingeführt werden soll.

2024 wird auch der erste Auftritt von NFD im Bereich der Modewochen sein. Geplant ist, die Marke auf der Londoner Modewoche im September zu präsentieren, was Aylen diskret als eine „Spaß machende Aktivität“ bezeichnete. „Es wird mehr um die Gemeinschaft gehen als um den Verkauf und die Produkte“, sagt sie. „Es wird wirklich nur um die Stärkung von Frauen gehen.“

NFD Kampagnenbild. Bild: NFD

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.uk. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.

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