LVMH & Hermès: Warum fallen Luxusgüteraktien an der Börse?
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Trotz Rekordzahlen haben die Luxusgüterkonzerne – von LVMH über Hermès und L'Oréal bis hin zu Kering – in den letzten Wochen an der Börse nachgelassen. Was waren die Gründe für den unerwarteten Einbruch?
Die Widerstandsfähigkeit der Luxusgüterkonzerne gegen Krisen schien unverwüstlich. Keine Pandemie, galoppierende Inflation oder ein Krieg an den Außengrenzen Europas konnten das Wachstum der Luxusbranche schmälern. Die Zahlen waren ausgezeichnet. Der Luxusriese LVMH hatte im April bekannt gegeben, dass der Umsatz im Jahresvergleich im ersten Quartal um 17 Prozent auf 21 Milliarden Euro anstieg. Damit übertraf der Konzern die Prognosen der Analyst:innen um gut sechs Prozent.
Bereits 2022 war ein absolutes Rekordjahr für LVMH. Das erste Mal in der Historie der Marke konnte Louis Vuitton die 20-Milliarden-Euro-Marke knacken und der Umsatz der gesamten Konzerns belief sich auf fast 80 Milliarden Euro. Das entsprach einem Gewinn von 14 Milliarden Euro. Doch der Luxusgüterriese war nicht der einzige Konzern, der absolute Spitzenwerte erreichte. Im Jahresvergleich gaben auch L'Oréal und Hermès bekannt, dass sie um 30 beziehungsweise 85 Prozent zugelegt hatten.
Hermès und LVMH verlieren an der Börse
Die Luxusgüterindustrie ist äußerst widerstandsfähig. Das liegt wohl daran, dass die Preise ungeachtet der wirtschaftlichen, geopolitischen und monetären Unsicherheiten nach Belieben erhöht werden können, ohne dass die wohlhabende und internationale Kundschaft mit den Wimpern zuckt. Doch diese zweistelligen Wachstumsraten bei konstanten Zinsen in allen geografischen Gebieten beeindrucken die Deutsche Bank nicht sonderlich.
„Es ist Zeit, selektiver zu sein“, so der Titel einer Mitteilung der Deutschen Bank vor einigen Wochen. Die Ansage verfehlte ihre Wirkung bei den Anleger:innen offensichtlich nicht. An der Pariser Börse fiel Hermès sofort um 5,4 Prozent, was den größten Rückgang im französischen Börsen-Leitindex CAC 40 bedeutete. Die Aktien von LVMH und Kering fielen um 4,2 beziehungsweise 2,6 Prozent. An einem Tag verloren die Aktien des Luxusgütersektors somit umgerechnet 30 Milliarden US-Dollar.
Welche Befürchtungen äußerte das Institut? Zunächst einmal ist da die Abschwächung des Wachstums in den USA. „Angesichts der Anzeichen für eine schwächere Nachfrage seitens der Verbraucher:innen mit den höchsten Ansprüchen wird das Wachstum in den USA immer besorgniserregender“, so die Mitteilung der Deutschen Bank. Übersetzt heißt das: Junge Verbraucher:innen wenden sich nunmehr weniger teuren und weniger institutionellen Marken zu.
Das negative Echo auf die Verhandlungen über die Schuldenobergrenze in den USA und die Befürchtungen hinsichtlich der künftigen wirtschaftlichen Dynamik werden zwar nicht im Bericht erwähnt, müssen aber zwangsläufig zu den Quellen der Zurückhaltung gezählt werden. Die Bank weist auch auf die Tatsache hin, dass die Branche im Vergleich zu anderen europäischen Werten mit einem besonders anspruchsvollen Aufschlag gehandelt wird. „Angesichts dieses Bewertungsaufschlags sind wir vorsichtiger und glauben, dass die Anleger:innen im zweiten Quartal selektiver sein werden“, so die Bank.
Aktien von Richemont und Swatch zum Kauf empfohlen
Dieses lapidare Urteil gilt nicht für die gesamte Luxusgüterbranche. So wird der Schweizer Konzern Richemont – zu dem die Star-Marken Cartier und Van Cleef & Arpels gehören – von den Analyst:innen verschont. Richemont engagiert sich weniger stark in den USA, weist aber dennoch eine attraktive Bewertung auf. Vor allem weist der Konzern einen Kursabschlag von mehr als zehn Prozent gegenüber seinen Konkurrenten auf. Im Gegensatz zur Konkurrenz, die alle an der Pariser Börse im Kurs fielen, hielt sich der Richemont-Konzern mit einem Plus von 0,7 Prozent an der Züricher Börse. Die Deutsche Bank empfiehlt auch den Schweizer Konzern Swatch zum Kauf. Auch Moncler-Aktien werden aufgrund der Fähigkeit der Marke, die chinesische Nachfrage zu bedienen, empfohlen
Dennoch besteht kein Grund zur Panik. Die Mahnung zur Mäßigung macht noch lange nicht die ausgezeichneten Basisdaten der Branche zunichte. Die Deutsche Bank empfiehlt derzeit zwar nicht den Kauf der Aktien von LVMH oder Hermès, weist aber darauf hin, dass beide Konzerne „dank ihrer Diversifizierung beziehungsweise ihrer wohlhabenden Kundschaft eine defensive Position im Luxussektor bieten“.
Dieser Artikel wurde auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ