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Macht sich Condé Nast schick zum Verkauf?

Von Herve Dewintre

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Business |KOMMENTAR

Die Entlassungswelle, die derzeit durch die Condé-Nast-Redaktionen rollt, ist offiziell eine klassische Restrukturierungsmaßnahme, um die finanzielle Gesundheit des Konzerns wiederherzustellen. Ein Zustand, der durch den Rückgang der Verkaufszahlen von Printmagazinen und den damit verbundenen rückläufigen Werbeeinnahmen entstanden ist – und offenbar nicht durch die Einnahmen aus dem digitalen Bereich ausgeglichen werden kann.

Der Konzern verbuchte 2018 laut dem Magazin Les Echos einen Verlust von 100 Millionen US-Dollar. Es wird spekuliert, dass zu dieser Umstrukturierung schließlich der Weiterverkauf aller oder einiger Titel, die den Katalog der amerikanischen Gruppe ausmachen, gehören könnte. Oder, anders gesagt: Condé Nast könnte zum Verkauf stehen oder sich mit den aktuellen Umstrukturierungen für die strategische Fusion mit einem anderen Unternehmen bereit machen.

Wer kommt als Käufer in Frage? Viele werden Interesse an den Titeln der Verlagsgruppe haben, darunter Magazine und Zeitschriften mit internationalem Renommee, wie The New Yorker, Vogue, Vanity Fair, GQ oder Glamour. Condé Nast ist im Besitz der Muttergesellschaft Advance Publications, die sich derzeit in den Händen der Nachkommen von Samuel Irving Newhouse Sr. befindet. Diese Medienlegende kaufte die Condé Nast Gruppe 1959 persönlich für fünf Millionen US-Dollar, um sie, so die Legende, seiner Frau Mitzi zu schenken — ein Geburtstagsgeschenk. Er selbst hatte augenzwinkernd erklärt: „Sie bat mich, ihr eine Modezeitschrift zu bringen. Ich ging los und holte ihr Vogue.“ Der Patriarch des Unternehmens ist Donald Newhouse, 90. Er hat den Titel des Co-Chairman von Advance Publications an seinen Sohn Steven Newhouse weitergegeben. Jonathan Newhouse, Cousin von Donald und dem verstorbenen S.I. Newhouse Jr. (der 2017 im Alter von 89 Jahren starb), leitete Condé Nast seit 1990. Ab 2019 hat er sich offiziell aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen.

Advance Publications besitzt außerdem, für potenzielle Käufer nicht uninteressant, eine Beteiligung an Charter Communications, einem US-amerikanischen Unternehmen, das Kabelfernsehen, sehr schnellen Internetzugang und andere Telefondienste anbietet. Dies ist dasselbe Unternehmen, das 2015 die Übernahme von Time Warner Cable für 56 Milliarden US-Dollar angekündigt hatte. Im Jahr 2017, als die amerikanischen Verbraucher versuchten, die Kosten für ihre TV-Abonnements zu senken, machte Charter Communications mit der Einführung eines Streaming-Dienstes für unter 20 US-Dollar von sich reden. Advance Publications übernahm auch eine Mehrheitsbeteiligung an Reddit. Noch interessanter ist, dass die Familie Newhouse einen bedeutenden Anteil an Discovery hält, einer Mediengruppe, die 1985 von John S. Hendricks gegründet wurde. Der Discovery Channel, das Flaggschiff der Gruppe, ist auf die Ausstrahlung von hochwertigen Dokumentationen spezialisiert.

Apple hat Interesse an Condé Nast gezeigt

Der Erfolg von Condé Nast beruht seit einem Jahrhundert auf der Brillanz seiner Printmagazine. Ein Geschäftsmodell, das im Jahrhundert der Streaming- und On-Demand-Inhalte, die heute von den Tech-Giganten angeboten werden, nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Mehr noch als die traditionellen Verlagsunternehmen, blicken gerade diese Tech-Giganten mit Interesse auf die Fülle an Qualitätsinhalten, die unter dem Banner bekannter Titel entstehen können.

Die Internetriesen überbieten sich derzeit einerseits in Aktionen, die darin bestehen, attraktive, ja prestigeträchtige Inhalte zu produzieren, und andererseits im spektakulären Ankauf bereits bestehender Kataloge, die ihre Dienste mit On-Demand-Inhalten füllen können. Im Mai 2021 kaufte Amazon das legendäre US-amerikanische Filmproduktions- und Filmverleihgesellschaft Metro-Goldwyn-Mayer für 8,45 Milliarden US-Dollar, um Prime Video zu füllen, während Apple medienwirksam die Dienste von Steven Spielberg und Oprah Winfrey einkaufte. Apple versuchte, mit diesen prestigeträchtigen Botschaftern aufzuholen und seine Legitimität in der Content-Produktion gegen Amazon und Netflix durchzusetzen.

Diesen Rückstand hat Apple immer noch nicht aufgeholt. Netflix und Amazon haben einen Vorsprung. Die Firma aus Cupertino, die sich von der Abhängigkeit vom iPhone-Verkauf (zwei Drittel des Umsatzes) lösen will, könnte der ideale Käufer sein, zumal sie laut dem The Guardian bereits vor der Covid-19-Krise Interesse an Condé Nast gezeigt hat.

„Historisch gesehen ist Apple eine Vertriebsplattform, aber es will zunehmend eigene Inhalte erstellen und das ist ein Gamechanger“, beobachtete die Apple Analystin Gene Munster von der Firma Loup Analyst im Interview mit dem The Guardian bereits 2018. Laut ihrer Vorhersagen könnte Apple im Jahr 2022 4,2 Milliarden US-Dollar für Inhalte ausgeben. Apples Interesse an der Presse ist bekannt: Im April 2018 kaufte das Unternehmen Texture, einen Webdienst, der Zugang zu mehr als 200 Zeitschriften bietet, darunter The Atlantic und Wired. Seine Marktkapitalisierung von über zwei Billionen US-Dollar würde es Apple sicherlich erlauben, ein zufriedenstellendes Angebot auf den Verhandlungstisch zu legen.

Ein Zusammenschluss zwischen Condé Nast und WarnerMedia-Discovery?

Für die größte Überraschung könnte jedoch ein anderer Bewerber sorgen — sollte der größte Anbieter von Orts- und Ferngesprächen in den Vereinigten Staaten von Amerika, AT&T seinen Hut in den Ring werfen. Ein globaler Gigant, mit Sitz in Dallas, Texas. Es ist das elftgrößte Unternehmen der Welt, laut Forbes: AT&T hat eine Marktkapitalisierung von 206.27 Milliarden US-Dollar, ein Umsatz von 163,8 Milliarden, ein Nettoergebnis von 13 Milliarden US-Dollar, also mehr als zehn Milliarden Euro. Seit mehr als zehn Jahren hat dieser Titan aufgrund des Niedergangs des traditionellen Telefongeschäfts den Übergang zu neuen Medien eingeleitet. Im Juni 2018 schloss AT&T die Übernahme von WarnerMedia für 85 Milliarden US-Dollar ab. Von dieser Megafusion wurde erwartet, dass sie ein Angebot medialer Inhalte hervorbringt, das an das neue Verbraucherverhalten angepasst ist. Die wichtigsten Tochtergesellschaften von Time Warner sind HBO, CNN und Warner Bros Entertainment.

17. Mai 2021: In einer Mitteilung kündigt AT&T an, sich von Time Warner (umbenannt in WarnerMedia) zu trennen, um eine Fusion mit Discovery zu ermöglichen (an dem die Newhouse-Familie, Sie erinnern sich, über Advance Publications und Newhouse Broadcasting Corp. einen bedeutenden Anteil besitzt: 25 Prozent beider Klassen von öffentlich gehandelten Aktien, Stamm- und Vorzugsaktien). Durch den Zusammenschluss von Time Warner und Discovery entsteht ein neues Unternehmen – WarnerMedia-Discovery genannt –, das sich voraussichtlich auf Streaming konzentrieren wird. WarnerMedia-Discovery plant, jährlich 20 Milliarden US-Dollar in die Inhalte der Dienste HBO Max und Discovery+ zu investieren, um unter anderem mit Netflix, Apple und Amazon zu konkurrieren. Das Ziel: 400 Millionen Abonnenten weltweit zu erreichen. Vorbehaltlich der behördlichen Genehmigung, natürlich. Die Fusion soll bis Mitte 2022 abgeschlossen sein. David Zaslav, 61, wird das neue Unternehmen leiten, das de facto eines der größten Medienunternehmen der Welt sein wird. Nach Angaben der New York Times soll der Advance/Newhouse-Arm 14 Prozent des neuen Mediengiganten ausmachen.

Diese Wendung kommt genau zu dem Zeitpunkt, als Condé Nast beschließt, sein Auftreten radikal zu verändern, indem es Redaktionen entlässt und das Ende von Beilagen verkündet, die profitabel waren. Die einzigen Überlebenden waren die Botschafter, wie Anna Wintour und Edouard Enninful, die an die Spitze eines neuen Beirats befördert wurden. Dieser Zeitpunkt hat es Spekulanten erlaubt, die Hypothese aufzustellen, dass eine Fusion zwischen WarnerMedia-Discovery und Condé Nast bevorsteht. Diese Annäherung würde sich laut der New York Post mit der Strategie von Roger Lynch, seit April 2019 CEO von Condé Nast, decken, der multimediale Kanäle (Podcast, Youtube-Videos, Dokumentationen und Shows) entwickeln will. Roger Lynch war zuvor Vorsitzender von Pandora, dem größten Musik-Streaming-Dienst in den Vereinigten Staaten, einem wichtigen Konkurrenten von Spotify und Apple Music.

Peter Kreisky, ein Investmentberater bei Kreisky Media, der von der New York Post zitiert wird, befürwortet den Zusammenschluss: „Condé Nast braucht eine größere Reichweite. Die neue Einheit würde mehrere Kanäle haben. Condé Nast würde wunderbar und einzigartig in dieses neue Portfolio passen. CNN könnte sich auf seine Stärke konzentrieren: die Nachrichtenberichterstattung, während Condé Nast das Unterhaltungsgeschäft ausbauen könnte, das jetzt auf den Sonntagabend verlegt wurde.“ Der ebenfalls von der New York Times zitierte Thomas Maier, Autor eines Buches über das Newhouse-Imperium („All that Glitters“), führt einen weiteren Grund für diese Sitzung an: „Der Gründer dieses Imperiums, Samuel Irving Newhouse Sr., baute das Unternehmen auf, indem er Familienzeitungen aufkaufte, deren Besitzer sich davon trennen wollten. Nun, in der vierten Generation, wollen viele Mitglieder der Newhouse-Dynastie nicht mehr im Geschäft arbeiten, aber immer noch Geld verdienen. Die Newhouses sind jetzt vielleicht in diesem Stadium: „Ein kluger Exit für die Familie.“

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

Bild: condenast.com

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