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Recht & Praxis: Warenabschreibung bei der Überbrückungshilfe III für Modehändler

Von Gastautor

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Am 19. Januar 2021 hat die Ministerpräsidentenkonferenz die Überbrückungshilfe III beschlossen. Die Überbrückungshilfe III erhöht den Rahmen der Förderung für kleine und mittelständische Unternehmen. Sie gilt für alle Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 750 Millionen Euro (zuvor 500 Millionen Euro). Es ist nicht erforderlich, dass das Unternehmen / der Antragsteller unmittelbar von einer behördlich angeordneten Schließung betroffen ist.

Die Überbrückungshilfe III dient insbesondere dazu, die bei den Unternehmen entstehenden beziehungsweise entstandenen Fixkosten auszugleichen, das heißt solche Kosten, die unvermeidbar entstehen und nicht durch betriebliche Maßnahmen vermieden werden können. Aus diesem Grund sollen als Fixkosten auch verderbliche Waren und Saisonwaren der Wintersaison 2020/2021 erstattungs- beziehungsweise förderfähig sein. Die Warenabschreibung kann bis zu 100 Prozent betragen.

Der Handel begrüßt diese Regelung

Die Ware für die Wintersaison wurde in einer Situation geordert, in der noch keine beziehungsweise keine derart langen und einschneidenden Lockdown-Maßnahmen absehbar waren. Entsprechend viel wurde bestellt und entsprechend voll sind die Läger der Modehändler. Zwar handelt es sich bei Kleidungsstücken nicht im klassischen Sinne um verderbliche Ware, doch auch winterliche Jacken und Mäntel beispielsweise, können wohl kaum noch im März gut verkauft werden und sind daher „quasi-verderblich“. Der kalkulierte Verkaufspreis dürfte somit auf keinen Fall mehr erzielbar sein und das stellt insbesondere für die geplante Kalkulation, die Unternehmensplanung und daraus resultierend auch für die Liquidität der Unternehmen eine besondere Herausforderung dar. Zudem nehmen Winterartikel in den Lägern deutlich mehr Platz ein als sommerliche Artikel, die nun bald ebenfalls in die Lager einfließen. Daher ist es eine sinnvolle und notwendige Hilfe für die Einzelhändler, wenn sie nun im Zuge der Überbrückungshilfe III Saisonware als Fixkosten abschreiben dürfen und erstattet bekommen. Zu beachten ist, dass die Überbrückungshilfe III nicht dazu genutzt werden kann, sich kostenschonend von alten Ladenhütern zu trennen, die mit der saisonalen Abschreibung der Ware nichts zu tun haben.

Bestimmung der Abschreibungshöhe

Interessant und wichtig ist die Bewertung der Abschreibungshöhe. Über eine Inventur muss zunächst der relevante Warenbestand ermittelt werden. Zudem muss die Bedingung erfüllt sein, dass der voraussichtliche Erlös des Warenbestandes geringer ist, als dessen Anschaffungskosten. Der Zuschuss aus der Hilfe erfolgt dann auf Basis dieser Schätzung, die es im Nachgang über eine Schlussrechnung, seitens des Händlers, zu beweisen gilt. Dies hat zur Folge, dass der Händler später entweder eine Nachzahlung erhält oder Teilbeträge zurückerstatten muss.

Die Schlussrechnung wird im Sommer 2021 zu erstellen sein. Eine Abschreibung zu nahezu 100 Prozent, auf die sich einige Händler sicherlich bereits freuen, dürfte hier daher zwar vielleicht theoretisch möglich erscheinen jedoch praktisch eher schwierig zu realisieren sein. Zu beachten gilt es auch, dass Händler heute bereits etwaige Rückerstattungen einkalkulieren sollten, vor allem vor dem Hintergrund, dass es sich im Modehandel in den Sommermonaten, wenn die Schlussrechnung vorgelegt werden muss, um die eher umsatz-/ und ertragsschwächeren Monate im Modehandel handelt und die Liquidität entsprechend dünner ist.

Förderungsbedingungen der Überbrückungshilfe III

Im Einzelnen gelten folgende Rahmenbedingungen für die Förderung im Rahmen der Überbrückungshilfe III:

Die Förderung bezieht sich auf den Zeitraum November 2020 bis Juni 2021. Kommt es in diesem Zeitraum zu einem Umsatzeinbruch in Höhe von mindestens 30 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vormonat des Jahres 2019 sind die Förderbedingungen grundsätzlich erfüllt. Es findet eine monatliche Betrachtung statt. Um Missbrauch zu vermeiden, steht die Förderung nur Unternehmen zu, die im Jahr 2019 einen Gewinn und im Jahr 2020 einen Verlust aus der regulären Geschäftstätigkeit erwirtschaftet haben.

Unternehmen können bis zu 1,5 Millionen Euro monatliche Überbrückungshilfe beantragen. Durch die fünfte Überarbeitung des Temporary Framework, das heißt des europäischen Beihilferahmens, wurde am 28. Januar 2021 von der Europäischen Kommission die Obergrenze der (Fixkosten-)Beihilfe auf 10 Millionen Euro angehoben. Wir gehen deshalb davon aus, dass sich die nationale Obergrenze des Fixkostenzuschusses auch noch erhöhen wird (bisher 3 Millionen Euro).

Die Erstattung der Fixkosten hängt von der Höhe des Umsatzrückgangs ab und beträgt maximal 90 Prozent. Im Einzelnen gilt:

 

  • bei einem Umsatzrückgang von 30 bis 50 Prozent werden 40 Prozent der förderfähigen Fixkosten erstattet,
  • bei einem Umsatzrückgang von 50 Prozent bis 70 Prozent werden 60 Prozent der förderfähigen Fixkosten erstattet und
  • bei einem Umsatzrückgang von mehr als 70 Prozent werden 90 Prozent der förderfähigen Fixkosten gezahlt.

 

Es ist davon auszugehen, dass die Bearbeitung der Anträge einige Zeit in Anspruch nehmen wird und frühestens Mitte Februar beginnt. Die Überbrückungshilfe III sieht deshalb auch monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von max. 100.000 Euro vor, um die Unternehmen möglichst schnell mit Liquidität versorgen zu können. Wichtig ist, dass die Unternehmen alle Dokumentations- und Nachweispflichten erfüllen, da im Rahmen der Schlussabrechnung bis zum 31. Dezember 2021 die Fördervoraussetzungen überprüft werden.

Jedes Unternehmen kann wählen, ob es die Überbrückungshilfe III im Rahmen der Fixkostenhilfe oder der Kleinbeihilfe-Regelung in Anspruch nehmen möchte. Bei der Fixkostenhilfe ist der maximale Zuschussbetrag aktuell (noch) auf 4 Millionen Euro beschränkt und bei der Kleinbeihilfe-Regelung auf 1 Millionen Euro. Abweichend von der Kleinbeihilferegelung ist ein Unternehmen nach der Bundesregelung Fixkostenhilfe nur dann anspruchsberechtigt, wenn die Fixkosten nicht durch Einnahmen gedeckt sind, sogenannte ungedeckte Fixkosten. Dementsprechend führen nur im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung für den beihilfefähigen Zeitraum ausgewiesene Verluste, zu ungedeckten Fixkosten, wobei die bisherige Regelung, dass einmalige Verluste durch Wertminderung bei der Verlustberechnung nicht zu berücksichtigen sind, durch die Überbrückungshilfe III modifiziert wird. Bei der Kleinbeihilfe-Regelung ist ein Verlustnachweis nicht erforderlich. Die Antragstellung erfolgt über sogenannte prüfende Dritte, das heißt Steuerberater/innen, Wirtschaftsprüfer/innen, vereidigte Buchprüfer/innen und oder Rechtsanwälte/innen über die Überbrückungshilfe-Plattform: www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de

Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar und kann eine solche nicht ersetzen.

Geschrieben von Dr. Simon Weppner (RA/StB), Eversheds Sutherland (Germany) Rechtsanwälte Steuerberater Solicitor Partnerschaft mbB und und Manuel Farrokh, FarrokhConsulting. Simon Weppner ist Rechtsanwalt und Steuerberater und auf die Beratung großer nationaler und international operierender Unternehmen spezialisiert. Manuel Farrokh ist im Rahmen von insolvenznahen Sanierungen, Kostensenkungs- und Ertragssteigerungsmaßnahmen sowie Restrukturierungen als selbstständiger Unternehmensberater, Interim Manager und Chief Restructuring Officer (CRO) für renommierte Mode- und Handelsunternehmen tätigt.

Bild: Andreas Hermsdorf / pixelio.de

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