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Recht und Praxis: Folgen des Brexit für Modeunternehmen

Von Gastautor

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Nach langwierigen Verhandlungen haben die Europäische Union und das Vereinigte Königreich am 24. Dezember 2020 den Partnerschaftsvertrag unterzeichnet, der das zukünftige Verhältnis zwischen den beiden Vertragsparteien umfassend regelt. Mit dem derzeit noch vorläufigen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Zollunion am 1. Januar 2021 ist der Brexit damit, vorbehaltlich der Zustimmung des Europäischen Parlaments, formell vollzogen.

Seit dem „Leave-Vote“ der Briten am 23. Juni 2016 treibt der Brexit vielen Unternehmen, gerade solchen, die wie Modeunternehmen international agieren, Sorgenfalten auf die Stirn. Fürchtete man zunächst einen „No Deal Brexit“, sorgt man sich nunmehr um die absehbaren Auswirkungen, die der Brexit auf sehr viele Bereiche haben wird. Hierzu zählen zum Beispiel das Ende der Personenfreizügigkeit, Zollformalitäten oder neue Zölle auf Waren, die in Asien hergestellt und von Großbritannien aus in die EU geliefert werden (sogenannte Reexporte).

Wie aber steht es um die „Crown Jewels“ der meisten Modeunternehmen, mithin die „EU-Marken“ (sogenannte Unionsmarken) und „EU-Designs“ (sogenannte Gemeinschaftsgeschmacksmuster)? Haben sie im Vereinigten Königreich ihren Schutz verloren? Besteht akuter Handlungsbedarf zur Sicherung von Rechten?

Diesbezüglich ist Folgendes zu beachten:

Eingetragene EU-Marken und EU-Designs: Aus eins wird zwei

Eingetragene EU-Marken und EU-Designs haben am 1. Januar 2021 im Vereinigten Königreich zwar ihre Gültigkeit verloren. Sie werden allerdings automatisch als nationale britische Marken und Designs weitergeführt (sogenannte „comparable trade marks“ und „re-registered designs“). Das britische Markenamt UKIPO hat dazu alle eingetragenen EU-Marken und EU-Designs in nationale Marken und Designs umgewandelt. Hierzu waren weder ein Antrag noch die Zahlung einer Gebühr erforderlich. Auch die Priorität sowie die Seniorität in UK, die unter Umständen geltend gemacht wurden, werden beibehalten. Künftige Gebühren zum Beispiel zur Verlängerung sind allerdings „doppelt“ zu zahlen. Änderungen ergeben sich, jedenfalls nach Ablauf von Übergangsfristen, auch hinsichtlich der jeweils zugelassenen Vertreter.

Für EU-Marken ergibt sich daher folgendes Bild:

Grafik: Eversheds Sutherland (Germany) Rechtsanwälte Steuerberater Solicitors Partnerschaft mbB

Inhaber von „neuen“ nationalen Marken und Designs können, wenn sie nicht Inhaber bleiben wollen, einen „opt-out“ aus dem Schutz im Vereinigten Königreich erklären.

Internationale Marken- und Designeintragungen: Aus international wird national

Anders als ursprünglich erwogen, werden internationale Registrierungen mit Schutzwirkung für die EU ebenso behandelt wie „reguläre“, beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eingetragene EU-Marken und EU-Designs. Das heißt, sie werden ebenfalls nationale britische Marken und Designs. Die Möglichkeit des „opt-out“ besteht auch hier.

Anhängige Anmeldungen für EU-Marken und EU-Designs sowie internationale Registrierungen: Umwandlung nur auf Antrag

Inhaber von EU-Markenanmeldungen, die am 31. Dezember 2020 anhängig waren, und von Gemeinschaftsgeschmacksmuster-Anmeldungen, die an diesem Tag noch nicht eingetragen und veröffentlicht wurden, können diese Anmeldungen (oder Eintragungen) unter Beibehaltung ihres EU-Anmelde- und Prioritätsdatums (und eines etwaigen britischen Senioritätsdatums) in britische Marken- oder Designanmeldungen “umwandeln”, indem sie bis spätestens zum 30. September 2021 entsprechende Anmeldungen beim britischen Markenamt einreichen.

Abtretungen, Übertragungen, Lizenzen und Sicherungsrechte: Alles optional

Wurde eine EU-Marke oder ein EU-Design vor dem 1. Januar 2021 abgetreten oder übertragen, sollte gegebenenfalls ein Antrag auf Eintragung des neuen Inhabers beim britischen Markenamt gestellt werden. Der neue Inhaber wird dann in das britische Markenregister eingetragen. Lizenzen, die für EU-Marken oder EU-Designs mit Wirkung für das Vereinigte Königreich erteilt wurden, gelten fort, sofern der Lizenzvertrag keine abweichenden Regelungen vorsieht. Dies gilt unabhängig davon, ob die Lizenzen im europäischen Register eingetragen sind oder nicht. Lizenzen, die im europäischen Register eingetragen sind, werden aber nicht automatisch in das britische Register übernommen. Alle Lizenzvereinbarungen, die vor dem 1. Januar 2021 geschlossen wurden, können unabhängig davon, ob sie zuvor im europäischen Register eingetragen waren oder nicht, während des gesamten Jahres 2021 im britischen Register eingetragen werden. Dieselben Regeln gelten für die im europäischen Register eingetragenen Sicherungsrechte.

Laufende Verletzungsverfahren: Noch nicht alles klar

Für Gerichtsverfahren, die vor dem 1. Januar 2021 eingeleitet wurden, gelten im Vereinigten Königreich sowie in den EU-Mitgliedsstaaten weiterhin die Bestimmungen über die Zuständigkeit in der Unionsmarkenverordnung und in der Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster.

Das heißt, Verletzungsverfahren, die vor dem 1. Januar 2021 eingeleitet wurden, laufen weiter. Dass die EU-Marken- und -Geschmacksmustergerichte in den 27 EU-Mitgliedsstaaten und im Vereinigten Königreich ihre Zuständigkeit behalten, beantwortet nicht die Frage, welchen Rechtsschutz sie gewähren können. Damit ist nicht klar, welchen Umfang entsprechende Entscheidungen haben werden. Es scheint insbesondere noch nicht geklärt zu sein, ob britische Gerichte auch die Verletzung einer EU-Marke oder eines EU-Designs mit Wirkung für die EU-27 ausurteilen und eine geltend gemachte EU-Marke oder ein EU-Design für verfallen erklären können. Auch die Frage, ob ein EU-Marken- oder -Geschmacksmustergericht in den EU-27, obwohl es auch für das Gebiet des Vereinigten Königreichs zuständig ist, eine Entscheidung treffen kann, in der eine oder keine Verletzung der neuen nationalen Marken oder Designs festgestellt wird, ist noch ungeklärt.

To-dos?

Was muss man als Inhaber dieser EU-weiten Schutzrechte beachten? Inhaber eingetragener EU-Marken und EU-Designs sowie von Anmeldungen solcher Rechte sollten ihre Marken- und Designportfolios prüfen und gegebenenfalls den Schutz beziehungsweise ihre Strategie neu ausrichten. Es sollte ferner geprüft werden, ob Vereinbarungen im Zusammenhang mit EU-Marken und EU-Designs (zum Beispiel Lizenzvereinbarungen, Sicherungsrechte und so weiter), für das Vereinigte Königreich gelten. Gegebenenfalls müssen hier vertragliche Regelungen gefunden werden, um dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU Rechnung zu tragen. Dies gilt auch für Abgrenzungsvereinbarungen.

Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar und kann eine solche nicht ersetzen.

Geschrieben von Dr. Thomas J. Farkas, LL.M. (London), und Dr. Julia Traumann, Eversheds Sutherland (Germany). Thomas Farkas und Julia Traumann sind Rechtsanwälte der Eversheds Sutherland (Germany) und beraten nationale und internationale Unternehmen in allen Bereichen des gewerblichen Rechtsschutzes (Marken-, Design-, Urheber- und Wettbewerbsrecht) sowie im Vertriebsrecht und angrenzenden Rechtsgebieten des Wirtschaftsrechts. Ein Fokus liegt auf der Beratung von Unternehmen in der Mode- und Konsumgüterbranche.

Titelbild: Pixabay

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