Recht und Praxis: Rote Sohlen vor dem EuGH – Die Entscheidung
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Wie wir in unserer Rubrik „Recht und Praxis“ bereits berichtet hatten waren die bekannten roten Sohlen von Louboutin Gegenstand eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Ein niederländisches Gericht hatte dem EuGH eine Frage zur Auslegung der europäischen Markenrechtsrichtlinie vorgelegt (Az. C-163/16). Der EuGH hat nun entschieden, dass ein Zeichen, das aus einer auf der Sohle eines hochhackigen Schuhs aufgebrachten Farbe besteht, nicht ausschließlich aus der „Form der Ware“ besteht.
Die Hintergründe
Die Schuhe des französischen Schuhdesigners Christian Louboutin sind nicht zuletzt wegen ihres „Markenzeichens“ einer rotlackierten Sohle weltweit bekannt geworden. Louboutin verfügt in vielen Ländern der Welt über Marken, um die roten Sohlen zu schützen. Im Mai 2016 hatte Louboutin trotz mehrerer Widersprüche die Eintragung einer europaweit geltenden Unionsmarke für seine roten Sohlen erreicht. Eine Benelux-Marke wurde Louboutin bereits im Januar 2010 gewährt. In einigen Ländern ist Louboutin der Schutz für seine roten Sohlen als Marke aber auch versagt worden, so etwa in der Schweiz.
Das Verfahren
Seit 2013 streitet sich Louboutin mit Van Haren, einem Unternehmen der Deichmann-Gruppe, um die roten Sohlen. Van Haren hatte im Jahr 2012 in den Niederlanden hochhackige Damenschuhe mit roten Sohlen zu einem Bruchteil des Preises der Louboutin-Schuhe vertrieben. Louboutin verlangte von Van Haren Unterlassung des Vertriebs und machte zudem Schadensersatzansprüche wegen Markenrechtsverletzung geltend. Van Haren erhob Widerklage auf Löschung der nachfolgend gezeigten Benelux-Marke von Louboutin und begründete diese u.a. damit, dass die Marke ausschließlich aus der Form der Ware bestehe, die dieser ihren wesentlichen Wert verleihe. Van Haren argumentierte, dass die rote Farbe der Sohlen dabei als „Form der Ware“ anzusehen sei.
Nach der europäischen Markenrechtsrichtlinie ist die Form einer Ware nicht als Marke schützbar. Damit soll verhindert werden, dass bloße Warenformen durch Markenrechte monopolisiert werden und der Wettbewerb auf dem betreffenden Gebiet damit effektiv ausgehebelt wird. Die reine Form einer Ware soll jeder Wettbewerber frei benutzen dürfen. Der EuGH hatte daher zu klären, ob sich der Begriff der Form der Ware auch auf die Farbe (bzw. die Kombination aus Form und Farbe) bezieht oder ob nur dreidimensionale Eigenschaften einer Ware nicht monopolisiert werden können.
Die Entscheidung
Zwar hatte der Generalanwalt dem EuGH noch vorgeschlagen, den roten Sohlen einen Markenschutz abzusprechen. Ein Zeichen, das Farbe und Form kombiniere, könne nach der Markenrechtsrichtlinie einem Eintragungshindernis unterfallen und damit nicht schutzfähig sein. Der EuGH befand allerdings, dass sich der Begriff der „Form der Ware“ nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch tatsächlich nur auf die Gesamtheit der Linien und Konturen beziehe, die die betreffende Ware räumlich begrenzten. Zwar könne die so verstandene Form der Ware bei der räumlichen Begrenzung einer auf das Produkt aufgebrachten Farbe eine Rolle spielen. Es könne aber nicht angenommen werden, dass ein Zeichen aus dieser Form bestehe, wenn die Eintragung der Marke gerade nicht die äußere Form, sondern nur die Aufbringung einer Farbe an einer bestimmten Stelle der Ware schützen solle. So war es aber im vorliegenden Fall, weil sich aus der Beschreibung der Louboutin-Marke ausdrücklich ergab, dass die Marke die Kontur des Schuhs gerade nicht umfassen, sondern nur die Position der roten Farbe schützen sollte. Für diesen Fall lehnte der EuGH das Eintragungshindernis der „Form der Ware“ ab und folgte insoweit Louboutins Argumenten.
Analyse
Den roten Sohlen von Louboutin lässt sich nach der Entscheidung des EuGH – jedenfalls in der EU – nicht entgegenhalten, dass die Marke schutzunfähig sei, weil das Zeichen ausschließlich aus der Form der Ware bestehe, die dieser ihren wesentlichen Wert verleihe. Es bleibt aber trotzdem abzuwarten, ob die roten Sohlen Louboutins als Marken Bestand haben: Die Unionsmarke Louboutins ist nach wie vor wegen anderer Schutzhindernisgründe angegriffen, so dass sich noch zeigen muss, ob der von Louboutin vor dem EuGH errungene Erfolg sich nur als Etappensieg herausstellt.
Geschrieben von Janina Voogd, LL.M. (Cape Town), Noerr LLP Janina Voogd ist Rechtsanwältin und Assoziierte Partnerin der Sozietät Noerr LLP. Sie berät nationale und internationale Unternehmen in allen Bereichen des Marken- und Designrechts. Darüber hinaus berät sie im Wettbewerbs- und Vertriebsrecht. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Beratung von Unternehmen in der Mode- und Kosmetikbranche. Janina Voogd ist Lehrbeauftragte für Marken- und Designrecht an der AMD Akademie Mode & Design in München.
Foto: Louboutin Website / Bild: Trade mark register (Benelux trade mark No. 0874489)