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Recommerce-Start-up Okret: „Wir stehen am Anfang einer Kreislaufrevolution“

Von Caitlyn Terra

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Business |Interview

Okret Re-mode Kollektion. Bild: Okret / Foto von Annabell Lucas

Nachhaltigkeit und die Kreislaufwirtschaft sind viel diskutierte Themen, vor allem angesichts der neuen Gesetzgebung auf europäischer Ebene. Modeunternehmen übernehmen mehr Verantwortung für die Produkte, die sie auf den Markt bringen, und dafür, wie sie am Ende des Nutzungszyklus wiederverwertet werden können. Sara Kovic vom Start-up-Unternehmen Okret sah eine Möglichkeit, Marken bei der Einrichtung ihres eigenen Recommerce-Systems zu helfen, um die Rücknahme und den Wiederverkauf von Secondhand-Artikeln zu erleichtern. FashionUnited hat Kovic einige Fragen zu diesem Konzept gestellt.

Können Sie uns sagen, wie die Idee zu Okret entstanden ist?

Während meiner jahrelangen Arbeit im Modesektor als CSR Koordinator [Corporate Social Responsibility, Anm. d. Red.] bei der FNG Group habe ich für verschiedene Arten von Marken gearbeitet, von sehr großen bis hin zu kleinen Nischenmarken. Dies war eine lehrreiche Zeit, in der ich viel über verschiedene Zielgruppen und Produkte gelernt habe. In einem großen Konzern lernte ich, wo verschiedene Arten von Unternehmen aufeinandertreffen und was man in bestimmten Segmenten tun kann und was nicht. Ich hatte die Gelegenheit, viel zu experimentieren und legte damit auch das Fundament für meine spätere Arbeit an Okret. Ich weiß zum Beispiel, dass es heute in den Unternehmen fast unmöglich ist, alles rund um den Recommerce selbst zu machen, also wollen wir mit Okret Lösungen anbieten, damit Unternehmen kurzfristig auf die Kreislaufwirtschaft umsteigen können.

Wann kam der Ball für das Unternehmen ins Rollen und was ist das offizielle Gründungsdatum?

Vor einem Jahr wurde Okret gegründet und ging als Konzept in Belgien an den Start. Da wir ein Ökosystem aufbauen wollen, haben wir vor allem nach den richtigen strategischen Partner:innen gesucht und in der Zwischenzeit unsere ersten Kund:innen gewonnen. In einem Jahr ist bereits viel vor und hinter den Kulissen passiert und der Ball rollt jetzt mit unserem ersten Pop-up, dem weiteren Ausbau des kreislauffähigen Ökosystems und unserer Kundschaft weiter.

Für diejenigen, die Okret noch nicht kennen: Können Sie erklären, was das Unternehmen macht? Aus welchen Bereichen besteht es?

Okret bietet schlüsselfertige Recommerce-Systeme für Modeunternehmen, einschließlich Software-Tools und Beratung. Und das alles basiert auf einem umfassenden Wissen über die Wertschöpfungs- und Lieferkette in der Modebranche, darüber, wie alles zusammenpasst, auf welche Probleme Unternehmen stoßen und wie sie diese lösen können. Das Innovative an Okret ist, dass es sich immer um eine Kombination aus Wissen und Tools handelt. Wir verkaufen also nicht nur die Tools, sondern sie werden mit Zahlen gefüttert. Jeder kann Software erstellen, aber bei Okret basiert sie auf der Kenntnis des Marktes und der Erfahrung in internationalen Unternehmen wie FNG. Wir richten Rücknahmesysteme ein, die auf diesen Erkenntnissen beruhen, um den Wiederverkauf zu ermöglichen und gleichzeitig Daten über die Nutzungsphase zu generieren, aus denen die Marken wiederum lernen können, um ihre Designs und Produkte in Zukunft zu optimieren. Die verschiedenen Bereiche von Okret sind: Wissen, Software und Betrieb. Alles kann von A bis Z von Okret erledigt werden, oder wir füllen die Lücken, in denen es den Unternehmen an Wissen oder Kapazität fehlt, um den Recommerce vollständig unter eigenem Namen einzuführen.

Okret-Gründerin Sara Kovic. Bild: Okret / Foto von Annabel Lucas.

Wie hoch sind die Kosten für die Unternehmen? Gibt es einen Unterschied zwischen großen und kleinen Akteur:innen?

Wir arbeiten mit verschiedenen Modulen. Die Kosten für Unternehmen sind zum einen eine monatliche Gebühr für Software-as-a-Service, zum anderen verdient Okret über eine Verkaufsprovision an allen Verkäufen, die über unsere Recommerce-Plattformen generiert werden: Für jeden Verkauf aus dem Angebot, sowohl online als auch offline, beispielsweise bei unseren Pop-up-Events, erhält Okret 40 Prozent Provision. Das mag auf den ersten Blick viel erscheinen, dient aber gerade dazu, uns partnerschaftlich an der Seite von Modemarken engagieren: Das gesamte Betriebskapital wird von Okret gedeckt und wir verdienen erst, wenn ein Artikel wiederverkauft wurde.

Der Unterschied zwischen kleinen und großen Unternehmen besteht darin, dass die monatliche Gebühr bei den kleinen viel niedriger ist, auch wenn es keinen Unterschied im Verarbeitungsvolumen gibt. So, wie wir das Recommerce-System auf der kommerziellen Seite eingerichtet haben, können Sie als kleines Unternehmen auch mit einem Konto auf dem Okret-Marktplatz einsteigen, wenn Sie eine bestimmte Anzahl von Stücken verkaufen – eben um 'Small fish-big fish'-Szenarien zu vermeiden. Wenn Sie mehr als diese Anzahl von Einheiten pro Monat verkaufen, macht es Sinn, auf unsere White-Label-Plattform zu wechseln – für eine eigene Markenplattform Ihres Unternehmens.

Welche Vorteile ergeben sich für Unternehmen?

Einerseits sind Sie heute nur relevant, wenn Sie sich als Modeunternehmen mit Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit beschäftigen. In Sachen People, Planet & Profit hilft Okret Unternehmen dabei, neue Einnahmequellen im Direktvertrieb zu erschließen, indem sie neue Vertriebskanäle für ihre Marke entwickeln und sich dann auch auf dem wachsenden Secondhand-Markt positionieren. Dieser boomt und soll sich bis 2030 im Vergleich zum Markt für Neuware verdoppeln. Wir helfen Unternehmen, auf diesem Parkett ihren Weg zu finden. Wir helfen ihnen, sich in Bezug auf das Image und das Preissegment ihrer Produkte zu positionieren. Außerdem helfen wir ihnen, die neuen europäischen Rechtsvorschriften zu erfüllen, die sich aus dem Green Deal und der Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien ergeben: unter anderem die erweiterte Herstellerverantwortung. Sowohl für den Wiederverkauf als auch für die Reparatur und das Recycling ist Okret der richtige Partner für die Einrichtung, Kommunikation und Nachbereitung. Um den Kreislauf vollständig zu schließen, bauen wir Brücken zwischen ihren Abfallströmen und kleinen Zero-Waste-Designer:innen, die mit ihnen arbeiten können und oft auf der Suche nach Rohstoffen sind. Hier liegt auch der größte Mehrwert: Wir bringen neue Kundschaft zu ihnen und verdoppeln die Customer Journey. Anstatt auf Vinted für sich selbst einzukaufen, werden die Kund:innen zu den Markenplattformen zurückkehren. Das schafft eine neue Verbindung zwischen Nachhaltigkeit und den Endverbraucher:innen.

Gibt es bekannte Modeunternehmen, die Okret bereits nutzen, können Sie einige Namen nennen?

Terre Bleue, Gigue und auch Zilton nutzen Okret bereits. CKS hat sich bereits für unsere Pop-up-Tage in Antwerpen angemeldet und wird auch danach hoffentlich weiter mit unseren Full-Service- und Software-Tools arbeiten.

Was ist für Okret in naher Zukunft geplant?

Wir wollen bis September mindestens zwei stabile B2B-Kundenbeziehungen in Belgien haben. Außerdem wollen wir weiter an der Einrichtung des Future of Fashion-Hubs und eines zentralen Standorts für das Reverse-Logistics-System arbeiten, da wir glauben, dass dies der einzige Weg ist, die Kosten in einer solchen Kette zu optimieren. Zudem werben wir derzeit in Mailand durch unsere Beziehungen zu Deloitte Italien aktiv um Investitionen aus der Modebranche, denn in einer solchen Modestadt besteht logischerweise großes Interesse an unserem Angebot. Wir bauen global skalierbare Betriebsabläufe auf, die durch Software unterstützt werden, aber sie müssen immer von lokalen Zentren aus gesteuert werden. Das erste lokale Zentrum befindet sich in Antwerpen und das nächste wird in Mailand sein. Unsere Strategie besteht also darin, das Konzept in Mailand mit lokalen strategischen Partnerschaften bis Ende des Jahres einzuführen und dann im nächsten Jahr auf vier bis sechs Kund:innen in Belgien und Italien zu wachsen.

Wo würden Sie Okret gerne in fünf Jahren sehen?

Wir wollen Unternehmen beim Übergang zum Recommerce zur Seite stehen. Es ist nicht unser Bestreben, weiterhin den Store zu spielen, denn es gibt Unternehmen, die das viel schneller und besser können als wir. Wir wollen Lücken bei Unternehmen schließen – dort, wo ihnen die Kapazitäten fehlen. Im Laufe der Jahre werden sie lernen, dies innerhalb ihrer eigenen Organisation selbst zu organisieren, und wir werden dann hoffentlich weniger gebraucht werden. Sobald diese Kapazitäten gefüllt sind und sie es schaffen, ihr Recommerce-System komplett selbst zu betreiben, werden wir immer weniger operativ tätig werden müssen und die Unternehmen können selbst damit weitermachen. Ich sehe das mit Duror [der Muttergesellschaft von Terre Bleue, Gigue und Zilton, d. Red]. Das ist wirklich ein idealer erster Kunde für Okret und ich glaube fest daran, dass wir in dieser Geschichte nur gemeinsam wachsen werden. Wir hoffen auch, unseren Einfluss auf vertikaler Ebene zu messen, um festzustellen, wie viele Tonnen Textilien wir mit Okret eingespart haben. Und natürlich möchten wir, dass die Zahl der lokalen Hubs in ganz Europa stetig zunimmt. Wir stehen am Anfang einer Kreislaufrevolution, und dafür brauchen wir auch die großen Akteur:innen. Deshalb hoffen wir, dass wir innerhalb von fünf Jahren viele weitere große Namen in unser Portfolio aufnehmen können.

Dieser Artikel wurde auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ

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