Sonntagsruhe vs. Wirtschaftshilfe - Streit um Mode-Center geht weiter
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Ob Menschen an mehreren Sonntagen im Jahr im Outlet-Center Zweibrücken in der Westpfalz shoppen können, ist auch nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) noch nicht endgültig geklärt. Der erste Zivilsenat in Karlsruhe verwies den Fall am Donnerstag zurück an das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken - und gab diesem einige Fragen mit auf den Weg, die eine Fortdauer der Ausnahmeregelung zumindest infrage stellen.
Wenn sich die Grundlagen für eine solche Sonderregel maßgeblich geändert hätten, könnte diese nichtig sein, sagte der Vorsitzende Thomas Koch. Im konkreten Fall geht es um eine Verordnung aus dem Jahr 2007, nach der Geschäfte um den Flugplatz Zweibrücken in den Oster-, Sommer- und Herbstferien auch sonntags öffnen dürfen. Seit 2014 gibt es dort aber keinen kommerziellen Linienflugverkehr mehr, sondern nur noch beispielsweise Privat- und Schulungsflüge.
Deshalb klagte der Betreiber eines Modehauses in der Region wegen unlauteren Wettbewerbs gegen einen Konkurrenten, der eine Filiale in dem Center betreibt. Er unterlag vor knapp einem Jahr in zweiter Instanz vor dem OLG. Dieses verwies auf die noch gültige Verordnung.
Der BGH gab dem OLG nun auf zu prüfen, ob es hinreichende Sachgründe für die Sonntagsöffnung gebe. Dies könnten Aspekte der regionalen Wirtschaftsförderung sein oder wenn der Bedarf an Ladenöffnung nicht mit Geschäften am Flugplatz selbst gedeckt werden könne. Koch betonte dabei auch das "hohe Gut" der Sonntagsruhe - sowohl nach dem Grundgesetz als auch nach der rheinland-pfälzischen Verfassung.
Grundsätzlich gelten hohe Hürden für verkaufsoffene Sonntage in Deutschland. Vor allem Gewerkschaften und Kirchen sehen diese kritisch. Immer wieder kippen Gerichte kommunale Sonderwege.
Das Arbeits- und Sozialministerium in Mainz prüft die entsprechende Verordnung ebenfalls. Es will nach früheren Angaben neben der BGH-Entscheidung Auswirkungen auf Arbeitsplätze in der Region und die geplante Erweiterung des Zweibrücken Fashion Outlet Center berücksichtigen. Das Thema hat auch schon den Landtag beschäftigt.
Der Kläger Steffen Jost, der mehrere Modehäuser unter anderem in der Südpfalz betreibt und Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Textil-, Schuh- und Lederwareneinzelhandels (BTE) ist, sowie BTE-Hauptgeschäftsführer Rolf Pangels sagten: „Mit dem Urteil des BGH wird eine jahrelange und massive Ungleichbehandlung de facto ein Ende finden müssen. Die Landesregierung Rheinland-Pfalz ist nunmehr höchstrichterlich zum Handeln aufgefordert, nachdem sie jahrelang bewusst nichts gegen den offensichtlichen Missstand unternommen hat."
Der Anteil der Sonntagsöffnungen am Gesamtumsatz des Outlet-Centers mache nach BTE-Berechnungen etwa 15 Prozent im Jahr aus. 30 bis 35 Millionen Euro geben die Menschen demnach dann dort aus. Werde das Center wie geplant um rund 8500 Quadratmeter Verkaufsfläche vergrößert, würden sich die Sonntagsumsätze weiter erhöhen und die Folgen für Einzelhändler in der Region noch spürbarer. Diese dürften wie in ganz Rheinland-Pfalz nur an bis zu vier Sonntagen öffnen.
Pangels betonte, der Landesregierung genau auf die Finger schauen zu wollen. Sollte das Outlet-Center weiterhin einseitig gegenüber dem Einzelhandel in den Innenstädten im Einzugsbereich bevorteilt werden, stünden zahlreiche Händler für Klagen bereit, teilte er mit. "Viele Händler haben durch unser entschlossenes Handeln Mut geschöpft, sich gegen offensichtlich rechtswidrige Praktiken zur Wehr zu setzen." (dpa)