Start-ups erleben Finanzierungsboom
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Start-ups in Deutschland haben im vergangenen Jahr so viel Geld eingeworben wie nie zuvor. Junge Firmen erhielten laut einer neuen Studie die Rekordsumme von fast 17,4 Milliarden Euro Risikokapital von Investoren - mehr als dreimal so viel wie im Corona-Krisenjahr 2020 (5,3 Mrd). Die Zahl der Finanzierungsrunden stieg kräftig um 56 Prozent auf 1160, wie die Beratungsgesellschaft EY am Donnerstag mitteilte. Dabei sammelten Gründer in Berlin das mit Abstand meiste Geld ein, gefolgt von Bayern. Sie lagen auch bei den großen Deals vorne. Das meiste Risikokapital floss in junge Firmen aus den Branchen Finanzen, Online-Handel und Software.
Start-ups mit ihren meist technologiebasierten Geschäftsmodellen profitieren davon, dass die Digitalisierung in der Pandemie einen Schub bekommen hat. Ob Homeoffice, Online-Shopping, Streaming, Essenslieferungen oder Finanzgeschäfte - Corona verstärkt Trends.
„Die Pandemie erweist sich immer mehr als Katalysator für einen Start-up-Finanzierungsboom", sagt EY-Partner Thomas Prüver. Immer mehr Start-ups kämen an frisches Geld und die Summen stiegen rasant. So habe sich die Zahl großer Deals mit mehr als 100 Millionen Euro Volumen 2021 vervierfacht. Dazu komme ein großer Anlagedruck bei Investoren. "Es ist viel Geld im Markt."
Jedoch konzentrierten sich die Finanzspritzen für Gründer auf wenige Standorte. Nach Berlin flossen 10,5 Milliarden Euro Risikokapital, damit kam die Gründerhochburg allein auf 60 Prozent Marktanteil. Nach Bayern gingen 4,4 Milliarden Euro (26 Prozent Marktanteil). Andere Bundesländer verbuchten zwar auch große Zuwächse, folgten aber mit viel Abstand - etwa Baden-Württemberg (599 Millionen Euro), Nordrhein-Westfalen (566 Mio) und Hamburg (459 Mio). Bayern habe sich neben Berlin als Gründerstandort etabliert, sagte Prüver. "Für die anderen Start-up-Standorte ist es hingegen schwer, da mitzuhalten."
Die größte Transaktion in Deutschland 2021 war demnach eine Geldspritze von 861 Millionen Euro für den Berliner Lebensmittellieferdienst Gorillas. Es folgt eine Investition von 830 Millionen Euro in den Münchner Software-Anbieter Celonis. Dahinter kamen mit der Smartphone-Bank N26 (775 Mio Euro) und dem Broker Trade Republic (747 Mio Euro) zwei weitere Berliner Start-ups. Insgesamt zählte EY acht Finanzierungsrunden mit mehr als 500 Millionen Euro - im Vorjahr gab es keine einzige dieser Größenordnung. In der Studie wurden Firmen berücksichtigt, die höchstens zehn Jahre alt sind.
Start-ups sind auf Investoren angewiesen, da sie anfangs keine Gewinne schreiben. Fonds und große Firmen stecken Kapital in junge Firmen in der Hoffnung, dass sich deren Geschäftsideen durchsetzen. Start-ups gelten als Innovationstreiber für die Wirtschaft. Jedoch sinkt seit Jahren die Zahl der Selbstständigen in Deutschland. Und bei der Finanzierung und Börsengängen von Start-ups liegt Deutschland weit hinter Ländern wie den USA und Großbritannien zurück.
Im vergangenen Jahr hatte die Corona-Pandemie den Aufschwung vieler Start-ups gebremst: Geldgeber hielten sich zurück, Finanzierungen platzten, die Geschäfte junger Firmen wurden mühsamer. Das große befürchtete Gründersterben blieb jedoch aus. (dpa)