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Techtextil & Texprocess Innovation Awards zeigen relevante Trends der Textilbranche

Von Simone Preuss

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Techtextil & Texprocess Innovation Awards 2024. Bild: Messe Frankfurt

Bei den diesjährigen Innovation Awards der noch bis Freitag in Frankfurt stattfindenden Textilmessen Techtextil und Texprocess wurden am Dienstag insgesamt 15 Preisträger:innen in acht Kategorien für wegweisende Forschung und neue Produkte, Verfahren oder Technologien ausgezeichnet. Die Preisträger:innen wurden von Jurys aus international renommierten Experten:innen ausgewählt. Die Auszeichnungen gelten in der Branche als wichtiger Indikator für relevante Trends in der Textilindustrie weltweit, zu denen in diesem Jahr Hanfleder, eine in Bekleidung integrierte Textilpumpe, selbstkühlende Textilien, eine effektive, chemiefreie Kleiderreiningung, KI-gestütztes Textilrecycling und andere gehören.

In der Kategorie „New Technology“ des Techtextil Innovation Awards gewann eine neuartige Beschichtung für selbstkühlende Textilien der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF). Sie ermöglicht, Sonneneinstrahlung nicht nur indirekt abzuhalten (wie etwa Sonnenschirme oder Markisen) und selbst aktiv zu kühlen, sondern auch das Sonnenlicht zu reflektieren und Wärmeenergie wieder abzustrahlen.

„Unsere Tests zeigen, dass sich Textilien dadurch auf unter die Umgebungstemperatur abkühlen lassen“, sagt Cigdem Kaya, Leiterin des Teams Barrieretextilien im Kompetenzzentrum Textilchemie, Umwelt und Energie der DITF. Dies wird sich für Bekleidung, aber auch Kühltextilien auszahlen, da der Kühlenergiebedarf in Städten laut Kaya zwischen 1970 und 2010 um 23 Prozent gestiegen sei. Ventilatoren und Klimaanlagen sorgen für Abkühlung, doch gerade letztere verbrauchen viel Strom: „Aktiv kühlende Textilien, die keinen Strom brauchen, könnten hier an Fassaden und auf Dächern von Gebäuden eine echte Alternative werden“, so Kaya.

KI-generiertes Bild zur Illustration. Bild: FashionUnited

Smarte Textilpumpe hält Kleidung trocken

In der gleichen Kategorie konnte auch das schwedische Unternehmen LunaMicro mit einer intelligenten Textilpumpe punkten, die ein mehrlagiges, poröses Textil ist, das mit einer kleinen Batterie verbunden ist. Sie wird in ein Kleidungsstück eingearbeitet und befördert so Flüssigkeiten wie Schweiß schon während des Tragens aktiv aus dem Inneren der Kleidung nach außen und hält die Träger:innen so trocken, bevor ein Gefühl von Nässe entsteht. Die Innovation soll schon bald in Outdoor- und Arbeitsschutzkleidung sowie in persönlicher Schutzausrüstung (PSA) zum Einsatz kommen.

Veganes Leder „LOVR“ aus Hanfabfällen

In der Kategorie „New Concept“ überzeugte das Biotech-Start-up Revoltech aus Darmstadt mit seinem veganen, vollständig recycelbaren Lederersatz aus Hanfabfällen aus dem industriellen Hanfanbau. Das Material names „LOVR“ — ein Akronym für „lederähnlich, ohne Plastik, vegan, reststoffbasiert“ ist laut Revoltech der „weltweit erste wirklich zirkuläre Lederersatz“, da vegane Lederalternativen laut Revoltech-Mitgründer und Geschäftsführer Lucas Fuhrmann bisher oft zwei Probleme hatten: Entweder waren sie durch erdölbasierte Bestandteile nicht rein pflanzlich oder wurden im Labor gezüchtet und waren daher schwer skalierbar.

LOVR dagegen vereine Skalierbarkeit und 100-­prozentige Kompostierbarkeit. „Es ist ein echtes Kreislaufmaterial, das den Markt für traditionelles Leder und Kunstleder grundlegend verändern wird“, so Fuhrmann. Es soll bald in Schuhen und in einem Konzeptfahrzeug des Autoherstellers KIA zum Einsatz kommen beziehungsweise in Polstermöbeln, Autoinnenräumen und Bekleidung.

Mehr Nachhaltigkeit in der Textilpflege

Einer der drei Texprocess Innovation Awards in der Kategorie „Ökonomische Qualität“ ging an Veit aus Landsberg am Lech für seinen patentierten Kompaktfinisher„CF20 DesFin“, der zusammen mit dem Krefelder Textilforschungsinstitut wfk - Cleaning Technology Institute hergestellt wurde. Er soll Gerüche, Schimmel, Verunreinigungen und Krankheitserreger ohne Chemie aus Kleidungsstücken entfernen beziehungsweise unschädlich machen.

Dies zahlt sich etwa in der Bekleidungslogistik, bei Onlinehändlern, in Wäschereien und Textilreinigungen aus. „Bekleidung aus Retouren oder über weite Strecken mit dem Schiff transportierte Ware lässt sich mit dem neuen Kompaktfinisher chemikalienfrei desinfizieren, desodorieren und gleichzeitig aufbügeln“, kommentiert Geschäftsführer Christopher Veit, der Kunden wie Hugo Boss und Zara bedient. Die Technologie wird derzeit auf der Texprocess erstmals einem breiten internationalen Fachpublikum vorgestellt.

KI-gestütztes Bild zur Illustration. Bild: FashionUnited

KI-gestütztes Textilrecycling

Das belgische Unternehmen Valvan erhielt einen von zwei Texprocess Innovation Awards in der Kategorie „Digitalisierung + KI“ für seine KI-gestützte Maschine Trimclean, die nicht-textile Teile in Altkleidung automatisch erkennt und entfern, um die textile Recyclingquote zu erhöhen.

Die verwendete Sortiersoftware profitiert laut Jean-François Gryspeert, Sales & Business Developer bei Valvan auch von jüngsten Fortschritten auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz (KI): „Wir nutzen KI in Kombination mit einer speziellen Kamera, um Stoffteile besser von nicht­textilen Teilen separieren zu können.“ Das funktioniere so gut, dass Trimclean im Unterschied zu anderen Lösungen sogar Aufnäher, Nähte und Drucke entfernen könne. „Die KI-Technologie, die Trimclean möglich macht, gab es vor ein paar Jahren so noch gar nicht“, so Gryspeert.

Neue Vermessungsmethode für besser sitzende BHs

Die zweite Auszeichnung in dieser Kategorie ging an das Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM) und die Professur für Entwicklung und Montage von textilen Produkten an der TU Dresden für ein neues Auswerteverfahren für Bodyscans auf Basis von 4D-Scans. Dieses ermöglicht es, weiche Körperpartien wie die weibliche Brust auch in Bewegung zu vermessen und nicht – wie bei vielen 3D-Bodyscannern – nur in ruhender Pose. Laut ITM können damit dynamische 4D-Scans von Personen erstellt werden, die viel genauer sind und die sich zudem digital miteinander vergleichen lassen. „Mit solchen 4D-Körperdaten könnten Bekleidungshersteller:innen künftig unter anderem individuellere BHs mit höherem Tragekomfort entwickeln und zudem Zeit und Kosten bei der Produktentwicklung sparen“, ist das Fazit.

Wäschebild zur Illustration. Bild: Unsplash

„Weltneuheit für Deko- und Ziernähte“

Industrienähmaschinenhersteller Dürkopp Adler aus Bielefeld gewann den Texprocess Innovation Award in der Kategorie „Innovation zur Qualitätssteigerung“, und zwar für eine CNC-Nähanlage mit rotierender Näh-Kinematik für mittelschwere Industrie-Nahtanwendungen. Dem Unternehmen zufolge ist diese eine „Weltneuheit für Deko- und Ziernähte“, die offiziell auf der Texprocess eingeführt wurde.

„Es ist die erste CNC-Anlage ihrer Art, die perfektes Nähen in alle Richtungen ermöglicht“, sagt Sebastian Kinnius, Leiter Produktmanagement und Marketing bei Dürkopp Adler. So spart die „911 Resolve“ den Einsatz weiterer Maschinen in der Produktion und verbessert somit die Ressourceneffizienz und spart Energie. Autozulieferer, Hersteller hochwertiger Lederwaren oder technischer Textilien sollen damit künftig zum Beispiel Autositze und -interieur, Airbags, medizinische Bandagen, Filter und Handtaschen präziser und hochwertiger nähen können.

Nähmaschine. Bild zur Illustration. Credits: Bild: Pexels

Maschinelles Nähen für alle

Ein Preis in der Kategorie „Ökonomische Qualität“ ging an Juki Central Europe für ihre innovative Industrienähmaschine „DDL-10000DX“, die Nähprozesse in der Bekleidungsproduktion vereinfacht, insbesondere das dreidimensionalen Nähen, das bisher von den Handhabungsfähigkeiten einzelner Bedienpersonen abhängig war. Ein spezielles Transportbandes unterstützt die Handhabung der Maschine und erleichtert die Zuführung des Stoffes bei allen Arten von Materialen und Mustern so erleichtern, so dass alle das Nähen beherrschen können.

Automatisiertes Nähen

Ein weiterer Preis in dieser Kategorie ging an das dänische Unternehmen Mikkelsen Innovation für „FastSewn“ – eine patentierte Technologie, die digital gesteuert das automatische Nähen und Schneiden von der Rolle ohne Vorschneiden auf einer einzigen Arbeitsfläche ermöglicht und damit das manuelle Ein- und Ausladen von Rahmen und Schablonen umgeht.

Zweidimensionale Textilprodukte wie Industriefilter oder maßgefertigte Kissen werden bei FastSewn automatisch zu einem Flachbett-Nähsystem transportiert, das das Verbinden beliebiger – auch komplexer – Konturen ermöglichen soll. „Das System ist außerdem in der Lage, die genähten Muster gleichzeitig mit einem Laser zu schneiden, was den Arbeitsaufwand noch weiter reduziert“, erklärt Steve Aranoff, Business Development Director bei Mikkelsen Innovation. Es soll zunächst auf die Fertigung von AirbagAutositzen und genähten Möbelteilen zielen und wird derzeit auf der Texprocess vorgestellt.

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