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Textilindustrie in Äthiopien: Löhne müssen steigen

Von Marjorie van Elven

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Mit neu errichteten Industrieparks und einer Reihe von finanziellen Anreizen arbeitet Äthiopien hart daran, der nächste große Bekleidungsexporteur der Welt zu werden. „Wir werden Äthiopien zum führenden Produktionszentrum in Afrika machen“, sagte Dr. Arkebe Oqubay, Sonderwirtschaftsberater des Premierministers des Landes, kürzlich. Die Bemühungen scheinen Früchte zu tragen, denn Unternehmen wie PVH Corporation, Gap, J.C. Penney, Hanes und H&M produzieren heute schon Kleidung dort.

Eine neue Studie von Paul Barrett, stellvertretender Direktor des NYU Stern Center for Business and Human Rights, zeigt jedoch, dass das Wachstum Äthiopiens eine Schattenseite hat: Da das Land keinen verpflichtenden Mindestlohn für den Privatsektor festlegt, werden äthiopische Arbeitern in der Bekleidungsproduktion extrem niedrige Löhne gezahlt. Einsteiger erhalten durchschnittlich 26 US-Dollar pro Monat, was nur 40 Prozent des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens im Land entspricht - und es it weit davon entfernt, Grundbedürfnisse wie Nahrung, Wohnen und Transport zu decken.

Mit dem Titel „Made in Ethiopia: Challenges in the Garment Industry's New Frontier“, betrachtet der Bericht mehrere Fabriken im Hawassa Industrial Park, 140 Meilen von der Hauptstadt Addis Abeba entfernt. Die Industriezone wurde 2017 eingeweiht und ist einer von fünf Industrieparks, die seit 2014 von der äthiopischen Regierung eröffnet wurden. Sie beschäftigt derzeit fast 25.000 Arbeiter - eine Zahl, die voraussichtlich auf 60.000 anwachsen wird. Bis 2025 wurde insgesamt der Bau von 30 Industrieparks zugesagt.

„Der Eifer, es den ausländischen Modefirmen recht zu machen, hat zu Fehleinschätzungen geführt“, heißt es im Bericht. „Der Hauptfehler der Regierung bestand darin, asiatischen Lieferanten und westlichen Käufern zu versichern, dass äthiopische Textilarbeiter mit extrem niedrigen Grundlöhnen zufrieden sein würden“. Infolgedessen sind die äthiopischen Arbeiter in der Bekleidungsfabrik nicht nur weniger produktiv, sondern befinden sich auch in Streik. „Die Produktivität in den Fabriken von Hawassa ist im Allgemeinen gering, die Fluktuation hoch“.

Viele Arbeitskräfte kommen aus ländlichen Gebieten und sind daher mit den industriellen Gepflogenheiten nicht vertraut. Viele Arbeiter verstehen nicht, warum sie für Verspätungen, Fehlzeiten oder Gespräche mit Arbeitsplatznachbarn getadelt werden, so der Bericht. „Du kannst keine Facharbeiter mit einer zweiwöchigen Ausbildung anstellen. Man braucht langfristige Pläne, um in Äthiopien erfolgreich zu sein“, sagte Anas Tazi, äthiopischer Country Manager für Decathlon, in dem Bericht.

Im Durchschnitt ersetzen die Fabriken alle 12 Monate alle ihre Mitarbeiter, was die Kosten erhöht und die Effizienz drückt. Obwohl Arbeiter einer Bekleidungsfabrik in Bangladesch mehr bezahlt bekommen als die Äthiopier, kostet es mehr, ein einfaches T-Shirt in Hawassa herzustellen.

Also, was tun?

Um das Problem zu lösen, listet Barrett eine Reihe von Empfehlungen für die äthiopische Regierung und für die im Land tätigen Bekleidungsunternehmen auf. Die Regierung sollte zunächst einen Mindestlohn festlegen, der menschenwürdige Lebensbedingungen gewährleistet, was schrittweise geschehen sollte, um ausländische Hersteller nicht zu vertreiben. Die Ausarbeitung und Umsetzung eines langfristigen Wirtschaftsplans zur Stärkung der Bekleidungsindustrie sollte als nächstes folgen. Der Plan muss die Entwicklung einer inländischen Lieferkette sowie die Stärkung von Industrieparks und die Diversifizierung in andere Sektoren vorsehen. Was ausländische Hersteller und Marken betrifft, so sollten sie umfassende Schulungen zu Hard- und Soft Skills anbieten, die Äthiopier schneller in mittlere Führungspositionen befördern und die Gewerkschaftsbildung von Arbeitern in der Bekleidungsfabrik unterstützen.

Bilder: Courtesy of NYU Stern Center for Business and Human Rights, Quelle “Made in Ethiopia: Challenges in the Garment Industry’s New Frontier”

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

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