Unspun & Walmart wollen mit 3D-Webtechnologie die Modeproduktion revolutionieren
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Das US-amerikanische Modetechnologie Unternehmen Unspun hat die neue Webtechnologie „Vega“ entwickelt, die wie eine Rundstrickmaschine Kleidung dreidimensional weben kann. Damit will Unspun der Fashion-on-Demand Revolution einen großen Schritt näherkommen. Seit wenigen Tagen ist auch klar, wer dabei behilflich sein will: kein geringerer als der US-amerikanische Einzelhandelsgigant Walmart.
Das 2015 gegründete kalifornische Unternehmen Unspun ist unter den Innovator:innen der Bekleidungsindustrie kein Unbekannter. Bereits vor sechs Jahren machte das Technologieunternehmen – damals noch unter dem Namen „Denim Unspun“ – mit der Entwicklung einer Technologie zur Herstellung maßgeschneiderter Jeans von sich reden, deren Maße per 3D-Scan ermittelt und per Algorithmus an die gewünschte Passform angepasst werden. Schon damals konnte Unspun namhafte Risikokapitalgeber:innen wie die H&M Foundation für sich gewinnen.
Mit On-Demand-Produktion Überproduktion vermeiden
Die eigentliche Idee hinter der maßgeschneiderten Jeans war weniger eine technische Lösung für besser sitzende Jeans als vielmehr die Idee, mit der Weiterentwicklung der Maßkonfektion die großen Sünden der Modeindustrie in den Griff zu bekommen: Überproduktion und Ressourcenverschwendung. Würden die Firmen erst dann produzieren, wenn die Konsument:innen etwas bestellt haben, gäbe es keine Überproduktion. Schon damals hatte sich Unspun zum Ziel gesetzt, die globalen Kohlenstoffemissionen durch eine automatisierte, lokalisierte und bewusste Fashion-on-Demand-Produktion zu reduzieren. Aber erst jetzt hat Unspun mit der neuen Webtechnologie Vega auch eine Methode geliefert, die mehr Automatisierung möglich macht.
Vega: Gewebte dreidimensionale Kleidung
Die 3D-Webtechnologie Vega funktioniert webtechnisch wie eine Korbflechtmaschine, bloß mit textilen Garnen statt mit Weidenruten. Man kann sie sich vom Ergebnis her auch wie eine Rundstrickmaschine vorstellen. Das Rundstrickverfahren gilt seit langem als Zukunftstechnologie, weil es nahezu vollautomatisiert abläuft, und das Kleidungsstück beim Rundstricken bereits seine dreidimensionale Form erhält. Das heißt außerdem, dass kein Zuschnitt erforderlich ist, wodurch auch kein Abfall anfällt. Auch Vega kann vollautomatisch Schläuche weben, „wobei die Maße angepasst werden können, um beispielsweise eine Hose mit weitem Bein oder eine konisch zulaufende Hose herzustellen“, erklärt Annika Visser, Markenchefin von Unspun. „Die Schlauchstruktur wird gewebt, indem Tausende von Fäden in den Maschinenkern eingelegt werden. Diese Fäden werden dann zu einem nahtlosen 3D-Schlauch verwoben. Jedes Kettfadenende wird digital gesteuert, so dass praktisch jedes Muster und jede Webstruktur realisiert werden kann.“
Kooperation mit Eckhaus Latta
Die neue Maschine funktioniert nicht nur im Labormaßstab, Unspun hat bereits eine Kooperation mit dem Modelabel Eckhaus Latta gestartet. Zwei der Modelle aus der Kooperation, die 'Eckhaus Latta x unspun Wide Leg Jean' und die 'Eckhaus Latta x unspun Ultra Wide Leg Jean', sind über die Websites der beiden Partner:innen zum Kauf erhältlich. Darüber hinaus auch bei verschiedenen Einzelhändlern wie H Lorenzo, ausgewählten Nordstrom-Filialen, Roden Gray und anderen Boutiquen auf der ganzen Welt. „Im Moment ist unsere Zusammenarbeit mit Eckhaus Latta die einzige Partnerschaft, die wir öffentlich bekannt geben können“, erklärt Visser. „Wir haben jedoch einige Kooperationen in Planung, die wir bald bekannt geben werden, und wir können es kaum erwarten, diese mit der Welt zu teilen!“
Walmart wird 500 Vega Maschinen einsetzen
Kurz nach dem Gespräch mit Unspun war dann auch klar, mit welcher großen Nachricht Unspun noch nicht rausrücken durfte: Walmart, der größte Einzelhändler der Welt, will gemeinsam mit Unspun 500 Vega Maschinen in den USA einsetzen und darauf mehr als zehn Millionen Kleidungsstücke für Walmart produzieren. Chino-Hosen werden das erste Produkt der Partnerschaften sein. Wenn das Experiment gelingt, spart Walmart nicht nur Ressourcen, sondern schafft es auch, seine Textillieferketten zu lokalisieren.
Erste Microfactory steht in Oakland, USA
Derzeit produziert Unspun in der ersten Microfactory in Oakland, die im letzten Jahr offiziell eröffnet wurde. „Zum jetzigen Zeitpunkt nutzt Unspun Vega, um mit Modemarken zusammenzuarbeiten und die Vielseitigkeit des 3D-Webverfahrens sowie die Einfachheit der lokalen Produktion mit Vega zu demonstrieren“, erklärt Visser. Das Ziel ist jedoch, dass die Partner:innen die Maschine selbst nutzen und in ihre Lieferketten integrieren. „In naher Zukunft werden wir mit Marken und Herstellern zusammenarbeiten, um die Vega-Technologie in die bestehenden Lieferketten einzubinden, und Mikrosites in Europa und Amerika einrichten. Mit dem Potenzial von Vega, in Fabriken auf der ganzen Welt eingesetzt zu werden, kann Unspun eine kostengünstige, effiziente und nachhaltigere Modeproduktion ermöglichen, die Treibhausgasemissionen durch den Transport begrenzen und die Macht wieder in die Hände des Einzelnen legen,“ so Visser. Damit sind nicht nur Konsument:innen gemeint, sondern auch Designer:innen, die Musterteile dann endlich wieder vor Ort herstellen könnten.
Ziel: Echte Kreislauffähigkeit
Wer Mode nachhaltiger aufstellen will, darf nicht bei der Produktion stehenbleiben. Eine weitere Vision von Unspun besteht deshalb darin, die Produkte am Ende ihrer Nutzungsphase wieder einzusammeln und zu recyceln, um daraus neue Garne und textile Produkte herstellen zu können. Denn ein weiterer Vorteil der neuen Technologie besteht ja auch darin, dass die Designer:innen mehr als zuvor zu den Kreator:innen der „Stoffe“ werden. Schließlich sind sie mit Vega viel enger in den Entstehungsprozess der Kleidung eingebunden, sie müssen aktiv entscheiden, welche Fasern in den Stoff gewebt werden. Sie könnten damit auch den Recyclingprozess stärker integrieren, als das bisher möglich war.