Verbände: Corona-Hilfen für Selbstständige nur bedingt hilfreich
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Die Überbrückungshilfen des Bundes für Selbstständige in der Corona-Krise sind Verbänden zufolge nur bedingt hilfreich. Sie seien «extrem bürokratisch» und durch die Nicht-Anerkennung von Lebenshaltungskosten realitätsfern, kritisierte Andreas Lutz, Sprecher des Verbands der Gründer und Selbstständigen. Schon die Soforthilfe des Bundes habe vielen Soloselbstständigen nicht ausreichend geholfen, weil nur bestimmte Kosten bezuschusst wurden - wie etwa die Büromiete, sagte Lutz. Die meisten Selbstständigen arbeiteten aber zu Hause oder beim Arbeitgeber. «Die Überbrückungshilfe jetzt ist noch weniger hilfreich», sagte Lutz.
Unter anderem, weil sie nur von Steuerberatern beantragt werden kann, bringe die Überbrückungshilfe oft wenig: «Viele kleine Selbstständige machen ihre Steuer selbst.» Hinzu komme, dass Steuerberater die Anträge oft nur für bereits bestehende Kunden stellten. Wenn man in der Kürze der Zeit - Anträge sind bis zum 31. August möglich - doch jemanden finde, seien die Antragskosten für die Überbrückungshilfen häufig höher als die Hilfen selbst, sagte Lutz.
Mit der sogenannten Überbrückungshilfe mit einem Volumen von insgesamt 25 Milliarden Euro möchte der Bund neben kleinen und mittelständischen Unternehmen Soloselbständige unterstützen, die infolge der Corona-Pandemie weiter erhebliche Umsatzeinbußen haben. Seit Anfang Juli können sich Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer online registrieren und Anträge für die Zuschüsse stellen. Die Überbrückungshilfe soll für die Monate Juni bis August gewährt werden, die Zahlungen sind je nach Umsatzausfall gestaffelt. Erstattet werden fixe Betriebskosten bis zu 150 000 Euro.
Auch der Bundesverband der Freien Berufe (BFB) sieht die Überbrückungshilfen kritisch. Zwar lieferten sie wichtige Impulse, wie schon bei der Soforthilfe gebe es aber zwei «gravierende Webfehler», sagte Präsident Wolfgang Ewer. So müssten dringend auch Verluste berücksichtigt werden, die erst später einsetzen, denn gerade bei den Freien Berufen seien viele erst zeitversetzt durch eine nachlaufende Rechnungslegung von der Krise betroffen. «Hier muss das Zeitfenster dringend erweitert werden», betonte Ewer.
Darüber hinhaus forderte Ewer ebenso wie Lutz, die Überbrückungshilfe auf die Deckung des Lebensunterhalts auszuweiten. «Viele Solo-Freiberufler oder solche mit wenigen Mitarbeitern sind gezwungen, aus den laufenden Einnahmen zugleich ihren Lebensunterhalt zu decken.» Auch diene die Wohnung oft als Arbeitsort, sodass eine Differenzierung zwischen betrieblichen und privaten Ausgaben kaum möglich sei.
Von den 50 Milliarden Euro, die der Bund als Soforthilfe für Kleinstunternehmen, Soloselbstständige und Freiberufler von März bis Juni zur Verfügung gestellt hatte, wurden bis Ende Juni rund 13,5 Milliarden Euro bewilligt. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt hervor. Zuvor hatte RTL/ntv darüber berichtet. Rund 2,1 Millionen Anträge waren über den gesamten Zeitraum gestellt worden, 1,7 Millionen hatten Erfolg.
«Wenn von 50 Milliarden Stabilisierungshilfen nicht einmal ein Drittel ausgezahlt wurde, viele Selbständige aber weiterhin in der Existenzkrise stecken, dann hat der Wirtschaftsminister seinen Job nicht richtig gemacht», kritisierte Göring-Eckardt. Die Hilfen seien zu bürokratisch und ungenau. Sie forderte die Bundesregierung auf, den Weg dafür frei zu machen, «dass Selbstständige mit coronabedingten Einbußen unbürokratische und schnelle Hilfe bekommen, mit der sie auch ihren Lebensunterhalt bezahlen können». Es sei völlig falsch, dass die Überbrückungshilfen nur für Betriebskosten und nicht für die Lebenshaltungskosten freigegeben sind. «Die Regierung sollte Selbstständigen in der Not mit einem Existenzgeld von 1200 Euro helfen. Dafür bieten wir unsere Unterstützung an.»
Einer Umfrage des BFB von Mitte Juni zufolge trifft die Corona-Krise jeden vierten Freiberufler sehr stark, mehr als jeden dritten stark. Knapp 30 Prozent gaben an, der bereits entstandene Schaden sei existenzbedrohend. Betroffen hiervon sind vor allem ganz junge Unternehmen.
Auch einer Studie des ifo-Instituts zufolge leiden in Deutschland vor allem Selbstständige stark unter den Folgen der Corona-Krise, während abhängig Beschäftigte nur vergleichsweise wenig Einbußen hinnehmen müssen. 66 Prozent der Selbstständigen hätten ersten Ergebnissen der Studie zufolge in der Krise Umsatzrückgänge zu verzeichnen. Nahezu die Hälfte der Selbstständigen (46 Prozent) musste demnach seit Beginn der Corona-Krise private Ersparnisse nutzen, um die negativen Folgen für ihr Gewerbe abzumildern. Mehr als die Hälfte (61 Prozent) der Selbstständigen konnte während der Pandemie ihrer Arbeit gar nicht oder nur noch eingeschränkt nachgehen, wie aus der Umfrage unter 30 000 Befragten im Juni hervorgeht. Die große Mehrheit von 78 Prozent der Arbeiter, Angestellten und Beamten hingegen konnte laut der Studie in der Corona-Krise bis zum Juni ununterbrochen arbeiten. (dpa)