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Vom Brexit zum „Amazon-Effekt’: Was hinter der Achterbahnfart der europäischen Handelsumsätze steckt

Von Angela Gonzalez-Rodriguez

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Business |BUSINESS INTELLIGENCE

In den ersten neun Monaten des Fiskaljahres 2016 mussten Händler viele Kämpfe ausstehen, um ihre Bilanzen, wenn auch nicht auf erfolgreiche, so zumindest auf vertretbare Bahnen zu lenken. FashionUnited hat sich die Zahlen hinter dem allgemeinen Sturzflug angesehen, um herauszufinden, was hinter dieser Achterbahnfahrt steckt.

Um zu umreißen, was die Ursache für die schwächelnden Umsätze im Bekleidungshandel ist, hat sich unsere Business Intelligence- Abteilung die Entwicklung der Verkäufe von Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren in Fachgeschäften angesehen und die Zahlen der ersten drei Quartale des Jahres 2016 mit der gleichen Periode im Vorjahr verglichen.

Händler in Frankreich, Belgien und dem Vereinigten Königreich schwer von Brexit- und Terrorismus-Folgen getroffen

Obwohl die kumulierte Bilanz aller 28 europäischen Länder nur eine leichte Verschlechterung (-0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) ausweist, lässt sich feststellen, dass die Länder Frankreich, Belgien und das Vereinte Königreich klare Verluste hinnehmen mussten. Sie verzeichneten stärkere Verluste als ihre Kollegen in anderen europäischen Märkten.

Das FashionUnited Business Intelligence Team hat sich die möglichen Gründe dafür angesehen und herausgefunden, dass in Frankreich und Belgien erhöhte Arbeitslosenzahlen als Folge der Terroranschläge der Grund für diesen steilen Rückgang zu sehen sind. In Großbritannien kann die vom anstehenden Brexit herrührende Unsicherheit als Faktor identifiziert werden, die zur Stagnation des Umsatzwachstums beiträgt.

“Terrorismus ist in den europäischen Ländern aktiv, das steht spätesten mit den Anschlägen in Paris und an der Côte D'Azur fest“, sagte Fflur Roberts, Head of Luxury Goods bei Euromonitor International gegenüber dem ‘Observer’ in einem Interview.

ForwardKeys erklärte Anfang des Jahres, dass Europa weltweit die einzige Region sei, die international weniger Reisebuchungen verzeichnete. Sie gingen im Vergleich zum Sommer des Vorjahres um 2,1 Prozent zurück.

Diese Tabelle zeigt die prozentuellen Veränderungen in den Verkäufen von Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren in Fachgeschäften. Es wurden Q1,Q2,Q3 oder Fiskaljahres 2016 im Vergleich mit Q1,Q2,Q3 des Fiskaljahres 2015 untersucht.

Luxuswarenhändler geben dem Rückgang an wohlhabenden Touristen in europäischen Hauptstädten die Schuld

Luxuswarenhändler sind die größten Verlierer. Der Rückgang der Umsätze an Luxuswaren zwingt führende Brands dazu, ihre Strategien neu zu überdenken. Im Sommer 2016 musste Prada seinen ersten größeren Rückgang seiner Halbjahresumsätze seit 2011verkünden, das Unternehmen nannte Terrorismus als einen der Hauptgründe hierfür. Hermès und Louis Vuitton folgten kurz darauf und vermeldeten ebenfalls geschwächte Umsatzzahlen in diesem Zeitraum.

“Die europäische Transport- und Tourismus-Infrastruktur stellte klares ein Ziel für Anschläge dar. Solche Vorkommnisse zeigen im Tourismus und daraus resultierend auch bei den Luxuswaren sofortige Wirkung in Form von kurzen, steilen Rückgängen der Umsätze“, so Roberts weiter.

Diesen Trend kann FashionUnited auch mit den Zahlen für Belgien bestätigen. Dort gingen die Verkäufe von Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 um 5,5 Prozent zurück. Die terroristischen Anschläge, die im März am Flughafen von Brüssel verübt wurden, bedeuteten für das Land eine Einbuße von fast einer Million Euro in Form von Steuergeldern. Die Tourismuszahlen müssen sich von diesem Schlag noch erholen. Internationale Buchungen von Reisen nach Belgien gingen laut Euromonitor um 23 Prozent zurück.

Frankreich erging es nicht viel besser. Seit den Anschlägen in Paris und Nizza gingen internationale Reisen mit dem Ziel Frankreich um 11 Prozent zurück. Die Arbeitslosenzahlen stiegen rapide (10,8 Prozent) und wirkten sich auf die Kaufkraft der Konsumenten aus. Dies wiederum hatte einen Rückgang der Verkäufe um 4,3 Prozent in den ersten neun Monaten 2016 zur Folge.

Ist der Brexit Schuld, oder Amazon?

Mit einem Rückgang von 3,1 Prozent an Verkaufserlösen landet Großbritannien im analysierten Zeitraum auf Platz drei der Verlierer. Direkt nach dem Brexit-Votum führte die politische Unsicherheit zu einem scharfen Rückgang des Verbrauchervertrauens. Selbst wenn viele britische Brands – von Asos bis Burberry – von einem günstigeren Währungskurs des Pfund Sterling profitieren konnten, wurden diese Gewinne nicht an die britischen Konsumenten weitergegeben. Diesen stand aufgrund der Währungsentwicklung weniger Kaufkraft zur Verfügung.

Der Brexit ist aber möglicherweise nicht der einzige Grund für die Misere der britischen Modehändler. Viele Analysten sehen eine sich wandelnde Verbraucherpräferenz, die zum Onlineshopping hin tendiert, als Grund für die Verkaufsflaute auf den Einkaufsstraßen. Amazon und Co. böten einfach ein besseres Einkaufserlebnis und bessere Preise als der Stationäre Handel, so das Fazit vieler Kunden.

Online-Verkäufe erreichten laut E-Commerce Europe in Europa insgesamt einen Zuwachs von 13,3 Prozent von 401,85 Milliarden Euro auf 455,30 Milliarden Euro. Das Vereinigte Königreich ist in diesem Bereich führend: 81 Prozent der Befragten kauften 2015 online ein. Darüber hinaus würden zehn bis zwölf Prozent aller Einzelhandelsumsätze des Landes bereits online eingefahren, so ‘Forbes’.

Der sogenannte ‘Amazon-Effekt’ beschreibt, wie E-Commerce die Umsätze des stationären Handels auffrisst. Betroffen sind vor allem Bekleidung, Haushaltswaren und andere traditionelle Kaufhaus-Artikel.

Bild: Flickr, by Achim Hepp

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