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Wie aus „Made in Peru“ eine Geschäftsidee wurde

Von Regina Henkel

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Business |INTERVIEW

Viele träumen davon, ein eigenes Label zu starten und davon leben zu können. Caro Hönn aus Frankfurt am Main ist es gelungen. Ein Auslandspraktikum in Peru brachte sie 2009 auf die Idee, ihr Label Ringelsuse zu gründen und damit peruanischen Handwerkern ein faires Einkommen zu sichern. Wie es dazu kam und was daraus geworden ist, erzählt sie hier.

Die Idee, Dich mit Produkten „Made in Peru“ selbständig zu machen, kam Dir während eines Lehramts-Praktikums im peruanischen Hochland. Wieso?

Während meines Praktikums dort verbreitete jemand die Nachricht, dass ich peruanische Waren in Deutschland verkaufen würde. Also sprachen mich ständig Leute an, um mir ihre Ponchos, Limetten oder sogar Meerschweinchen anzubieten. Natürlich musste ich immer ablehnen, aber mit der Zeit begann ich, darüber nachzudenken und fand die Idee immer besser. Ich schaute mich auf dem riesigen Textilmarkt in Lima um und konnte mir gut vorstellen, mich als Designerin mal auszuprobieren. Als ich wieder in Deutschland war, wusste ich, dass ich es versuchen will und habe direkt einen neuen Flug nach Peru gebucht.

Wie genau hast Du Dich vorbereitet, wie finanziert?

Ich habe alles neben meinem Studium organisiert und nur mit Eigenkapital selbst finanziert. Ich wollte mich nicht von einer Bank abhängig machen. Unterstützung bekam ich von meinem Bruder, der sich als VWLer in vielen Bereichen besser auskannte als ich. Meine Taktik in Peru war dann, Touristenmärkte zu besuchen, um so den Kontakt zu den einheimischen Herstellern zu finden. So kam ich letztlich zu Daniel, unserem heutigen Produzenten. Eine echte Schwierigkeit waren die Abwicklung des Transports und das Verstehen der Zollbestimmungen. Wir holten uns Hilfe bei der Außenhandelskammer. Ich hatte das Gefühl, Daniel hatte fast mehr Angst davor als ich, dass etwas schief gehen könnte!

Ok, Du hast Deine Kollektion produzieren lassen – wie sollte sie dann nach Deutschland kommen?

Die erste Lieferung mit zehn großen Kartons kam mit DHL direkt zu mir ins WG Zimmer – vorher hatte DHL noch wissen wollen, wo denn bei der Anlieferadresse die Laderampe sei? So etwas hatte ich natürlich nicht! Ich habe am Anfang immer mit DHL zusammengearbeitet – das war zwar teurer, aber so hatte ich einen Ansprechpartner in Lima und Deutschland. Das war mir wichtig. Inzwischen organisiere ich die Lieferung mit einem regionalen Anbieter und einem Verzollungsbüro und lasse die Ware per Flugzeug transportieren. Es heißt zwar immer, das Schiff sei billiger. Aber dadurch, dass ich in Frankfurt wohne und meine Ware direkt am Flughafen abhole, stimmt das aber für mich nicht.

Und dann? Wie und an wen wolltest Du Deine Kollektion verkaufen?

Ich hatte in der Zwischenzeit eine eigene Website entwickelt, ein Logo und die Marke Ringelsuse schützen lassen. Natürlich wussten wir nicht so genau, wie wir unsere Sachen verkaufen sollten. Also haben wir es ganz klassisch mit Klinkenputzen versucht und den Händlern ein Kommissionsmodell angeboten. Nach drei Monaten bekamen wir dann das Feedback, wie viel verkauft wurde. Wir hatten uns Geschenkeläden, Modeboutiquen und Buchläden ausgesucht und sind mit dem Kombi der Eltern an den Wochenenden durch Deutschland getourt. Es hat ab und zu ziemlich viel Überwindung gekostet, man wurde ja oft abgewiesen. Man schafft das nur mit viel Humor und Selbstironie! Parallel haben wir über Dawanda verkauft und machten Werbung über Blogs.

Wie war das Ergebnis?

Nach ein paar Touren hatten wir schon 60 Läden! Wir waren nicht überall persönlich, z.T. haben wir die Ware auch einfach per Post verschickt. Das war toll. Allerdings bin ich heute nicht mehr so sehr von dem Kommissionsmodell überzeugt, aber es war richtig für den Start. Leider hat sich im Laufe der Zeit auch herausgestellt, dass viele dieser schönen kleinen Läden insolvent gingen – etwa ein Drittel der Läden, in denen wir auf Kommission verkauft haben, gibt es heute nicht mehr.

Ihr hattet auch die Idee, Verkaufspartys zu machen. Wie läuft das?

Wir haben ganz klein damit angefangen, und zuerst lief alles über Freundinnen. Dann haben wir es als Vertriebsform auf unserer Website angeboten. Theoretisch kann also jeder so eine Verkaufsparty mit unseren Produkten machen. In der Praxis ist es aber eher selten, dass so etwas zustande kommt. Insgesamt haben wir vielleicht zehn Partys im Jahr.

Und was ist heute Dein wichtigster Vertriebskanal?

Ganz klar: Amazon. Das Verkaufen auf der Plattform war mit einigen Startschwierigkeiten verbunden. Aber seit 2012 funktioniert das sehr gut. Vor allem zur Weihnachtszeit kann ich mich vor Bestellungen kaum retten.

Hat sich die Produktion seither irgendwie verändert?

Nein, alles, was von Ringelsuse verkauft wird, hat Daniel und seine Familie genäht. Er kauft die Stoffe ein und regelt die gesamte Produktion.

Wie oft musst Du nach Peru? Und wie genau ist der Zeitplan?

Normalerweise bin ich einmal im Jahr in Peru und regle dort alles, bespreche neue Produkte. Geliefert wird auch einmal im Jahr und die Produktionszeit beträgt etwa zwei bis drei Monate. Man muss sich dabei immer auch an die Mentalität und die Gegebenheiten dort anpassen.

Und wie funktioniert es finanziell?

Ich habe bis heute geschafft, ohne Fremdkapital von einer Bank auszukommen. Natürlich konnte ich mir anfangs nichts selbst auszahlen, aber immerhin konnte ich die laufenden Kosten decken und musste nichts mehr reinschießen. 2010 habe ich dann eine GmbH gegründet. Als GmbH wird man von allen viel ernster genommen. Besonders bei den Banken war das deutlich spürbar. Seit zwei Jahren kann ich mir ein Geschäftsführergehalt auszahlen und muss nebenbei nicht mehr jobben gehen.

Was ist jetzt Dein Ziel? Wäre auch ein eigener Laden interessant?

Ich würde gern noch mehr große Kunden finden, z.B. an Kaufhäuser verkaufen. Auf Messen auszustellen wäre dafür vielleicht noch ein guter Schritt. An einem eigenen Laden habe ich aber eigentlich kein Interesse.

Was ist Dein Eindruck: Ist es wichtig für Deine Kunden, dass Deine Produkte aus Peru kommen?

Diese Geschichte mit der fairen Produktion in Peru ist sehr wichtig für meine Kunden, das höre ich immer wieder. Würden die gleichen Sachen unter ganz normalen Bedingungen in China hergestellt werden, wäre das Feedback ganz anders. Ich glaube, langsam ändert sich die Meinung vieler Leute und immer mehr wollen wissen, wie etwas produziert wurde, bevor sie es kaufen.

Gibt es etwas, was Du im Nachhinein besser hättest machen können?

Ich habe am Anfang vielleicht etwas zu lange abgewartet und bin nicht gleich offensiv an die Öffentlichkeit gegangen. Ich hätte stärker mit Blogs arbeiten können, diese Zusammenarbeit lief sehr gut und war perfekt für jemanden, der nicht viel Geld zur Verfügung hat. Grundsätzlich denke ich aber, man muss Fehler machen, sonst lernt man nichts. Ich habe weder BWL noch Mode studiert und mir alles selbst erarbeitet – allerdings habe ich auch immer wieder Expertenwissen aus dem Freundeskreis in Anspruch genommen.

Hast Du einen Tipp für jemanden, der auch daran denkt, etwas Eigenes zu starten?

Vielleicht wäre mein Tipp, im Freundeskreis Ausschau zu halten, ob nicht jemand bei Expertenfragen helfen kann. So kann man sich erste Tipps holen ohne direkt zur Kasse gebeten zu werden. Am Anfang wollte ich alles selbst machen. Aber das geht natürlich nicht. Den Steuerberater einzusparen ist beispielsweise eine schlechte Idee - besonders als GmbH. Man kann nicht alles selbst schaffen, muss ab und an auch mal etwas auslagern. Einen besonderen Tipp habe ich noch: Ich habe mir einen Platz in einem Coworking Place gesucht. Zuhause ist mir - den ganzen Tag allein - immer die Decke auf den Kopf gefallen. Dort habe ich viele nette Gleichgesinnte um mich. Man tauscht sich aus, hilft und ergänzt sich.

Gab‘s auch eine richtig schlechte Erfahrung?

Nein, nur einmal fehlten die richtigen Papiere und meine Jahreslieferung aus Peru wäre beinahe vom Zoll vernichtet worden. Aber in letzter Sekunde hat es doch noch geklappt. Bisher lief alles gut!

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