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Wie erholt sich Chinas Bekleidungsindustrie von der Pandemie?

Von Regina Henkel

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Business |INTERVIEW

Die chinesische Bekleidungsindustrie hat die Corona-Krise massiv getroffen. Nicht nur seitens der Produktion, wo China nach wie vor ein wichtiger Player der globalen Bekleidungsindustrie darstellt. Auch der Binnenmarkt wurde durch die Schließung der Geschäfte und die Ausgangssperren in Mitleidenschaft gezogen. Wie steht die chinesische Bekleidungsindustrie heute da? Welche Entwicklungen zeichnen sich ab, und wie verhalten sich die chinesischen Konsumenten? Wir haben mit Chen Dapeng, Executive Vice President der China National Garment Association und Präsident der Modemesse Chic gesprochen. Er äußert sich zuversichtlich und startet mit der Chic Shenzhen im Juli die erste „offline“-Messe in China nach der Pandemie.

Herr Chen, wie ist die aktuelle Lage in der chinesischen Bekleidungsindustrie? Arbeitet sie mit der gleichen Kapazität wie vor der Krise?

Chen Dapeng: Der plötzliche Ausbruch des Coronavirus hat das normale Tempo und die Ordnung in der Bekleidungsindustrie gestört. Probleme, wie die schwache Konsumbereitschaft, geschlossene physische Läden und die Logistik, haben die Entwicklung der Branche stark unter Druck gesetzt und stellt alle vor große Herausforderungen. Doch mit der wirksamen Bekämpfung der Epidemie erholt sich der Markt allmählich. Die meisten Bekleidungsunternehmen haben ihren Produktionsstatus beibehalten, und die Lieferketten haben sich im Allgemeinen erholt. Der Außenhandelsmarkt ist jedoch durch die Schrumpfung des internationalen Marktes stark betroffen, und vor allem exportorientierte Unternehmen sind in einem schwierigen Zustand.

Wie stark ist die chinesische Bekleidungsindustrie von Stornierungen, Auftragskürzungen und Zahlungsausfällen ihrer ausländischen Kunden betroffen?

Seit Mitte März hat es einen starken Anstieg bei Orderstornierungen oder Orderverschiebungen von Kunden aus Übersee gegeben. Die Zahl der Exportaufträge ist deutlich zurückgegangen, insbesondere bei der Zahl der Neubestellungen und Nachbestellungen, was beispiellose Auswirkungen hatte auf Chinas Exportunternehmen im Bekleidungssektor. Nach Angaben der Chinesischen Zollbehörde beliefen sich Chinas Exporte von Kleidung und Accessoires von Januar bis Mai 2020 auf 38,213 Milliarden US-Dollar, etwa 22,8 Prozent weniger als im Jahresvergleich. Mit dem starken Rückgang der internationalen Aufträge verzeichneten die meisten chinesischen Bekleidungsexportunternehmen einen deutlichen Rückgang der Arbeitsauslastung, einige Unternehmen müssen die Arbeitszeit reduzieren, und einige kleine und kleinste Exportunternehmen stehen unter enormem Überlebensdruck.

In den letzten Jahren hat sich die chinesische Bekleidungsindustrie von der billigen Massenproduktion zur hochspezialisierten Produktion entwickelt. Ist das in der aktuellen Situation ein Vorteil?

Dank des schnellen Innovationstempos hat Chinas Bekleidungsindustrie in den letzten Jahren einen Wandel vollzogen. Mit der neuen Ausrichtung auf "technologischen Fortschritt, kultureller Kreativität und nachhaltiger Entwicklung" kehrten die Unternehmen zur eigentlichen Natur der Industrie zurück, nämlich der ständigen Optimierung von Produkten und Dienstleistungen und der Bereitschaft für den Einsatz neuer Technologien bei der Transformation und Modernisierung der Branche. Sie konzentrieren sich auf die Integration der neuen Generation von Informationstechnologie in Konsumforschung und Interaktion, auf kreatives Design, Produktentwicklung, Produktion, Management, Marketing und Dienstleistungen und fördern alle Verbindungen der Branche, um mehr zu digitalisieren, zu vernetzen und intelligent zu sein. Die Epidemie beschleunigte objektiv den Digitalisierungsprozess der chinesischen Bekleidungsindustrie und hat der industriellen Transformation durch Technologie-Empowerment neue Energie zugeführt.

Was denken Sie: Wie wird sich die aktuelle Krise auf die globale Beschaffung auswirken?

Die aktuelle Krise hat weitreichende Auswirkungen auf die globale Beschaffung. Die globale Lieferkette wird der geografischen Nähe, Diversifizierung und Flexibilität größere Bedeutung beimessen, was sicherlich das Tempo des strukturellen Wiederaufbaus der industriellen Produktionskette beschleunigen und sogar die globale Verlagerung und den Transfer einiger Herstellungsskapazitäten beschleunigen wird. Die Änderung wird jedoch nicht so radikal sein, und der Anwendungsbereich wird kurzfristig nicht sehr breit sein. Denn die globale Lieferkette muss auch der industriellen Entwicklungslogik und Geschäftslogik folgen, und ihre Entwicklung unter Marktbedingungen wird ebenfalls Zeit in Anspruch nehmen.

Das heißt, die geografische Nähe wird in Zukunft wieder eine wichtigere Rolle spielen? Mit Blick auf China: Werden sich die chinesischen Produzenten dann vor allem auf den heimischen Markt konzentrieren?

Im Zeitalter des Internets sind die Verbraucher immer aktiver im Konsum. Sie wollen nicht nur mehr Vielfalt und Personalisierung, sondern stellen auch höhere Anforderungen an die Flexibilität und Agilität von Produkten und Dienstleistungen. Daher hat die geographische Nähe einen natürlichen Vorteil und die Bedeutung des regionalen Handels wird weiter ansteigen. Ich denke, dass das ein wichtiges Merkmal und eine Entwicklungsrichtung der Globalisierung in der neuen Ära ist.

China hat einen riesigen Bekleidungsmarkt, und chinesische Bekleidungsunternehmen haben immer den Inlandsmarkt in den Mittelpunkt gestellt. Zwei Drittel der gesamten Produktionskapazität werden zur Deckung der inländischen Nachfrage genutzt. Der Fortschritt der chinesischen Wirtschaft und Gesellschaft, insbesondere das von der neuen Generation angeregte Upgrade im Mode-Konsum, hat den Bekleidungsmarken und Unternehmen auf der ganzen Welt große Entwicklungsräume und Geschäftsmöglichkeiten eröffnet.

Im Einzelhandel hat die Krise zu einer Beschleunigung der Digitalisierung geführt. Können wir jetzt das Gleiche in Bezug auf Beschaffung und Produktion erwarten?

Während des Corona-Ausbruchs machten neue Marketingmodi wie Livestreaming-Verkäufe und Community-Marketing die Lücke des Offline-Kanalverlustes effektiv wett. Das ist die kontinuierliche Fortsetzung und Innovation des chinesischen Online-Handels. Aber tatsächlich hat sich Chinas Bekleidungsindustrie im Zusammenhang mit der neuen Runde der industriellen Revolution bereits vom Verbraucher-Internet zum industriellen Internet entwickelt. Unter Berücksichtigung der gesamten textilen Lieferkette fördert der Digitalisierungsprozess durch intelligente Fabriken die Innovation des industriellen Modells und von Unternehmensformen - "Made in China" wird so zur "intelligenter Fertigung in China" transformiert. Die intelligente Entwicklung der Fertigung und Produktionskette wird der Zukunft der Industrie neue Vitalität verleihen.

Wie ist die aktuelle Verbraucherstimmung in China? Kaufen Die Verbraucher die gleiche Menge an Mode wie zuvor?

Wie in anderen Märkten der Welt, hat die Epidemie auch große Auswirkungen auf Chinas Bekleidungsmarkt mit sich gebracht. Mit der Verbesserung der Prävention und Bekämpfung der Epidemie im Inland hat sich der Bekleidungskonsum im zweiten Quartal erholt. Wir glauben, dass sich die Erholung des Bekleidungskonsums im dritten Quartal beschleunigen wird, solange die Epidemie wirksam bekämpft werden kann, und im vierten Quartal wird es noch besser.

In Europa wurden fast alle Messen auf das nächste Jahr verschoben. Wie ist die Reaktion auf Ihre bevorstehende Chic-Ausgabe in Shenzhen im Juli?

Viele Messen wurden auch in China verschoben. Die ursprüngliche Chic Spring Edition in diesem Jahr musste im April online eröffnet werden, aber zum Glück wurde sie recht gut aufgenommen. Wir werden Chic Shenzhen im Juli veranstalten, die erste Offline-Messe in China in diesem Jahr! Wir hoffen, dass die Messe Unternehmen bei der Marktentwicklung und der Zusammenarbeit in der Lieferkette helfen könnte. Wir haben positives Feedback von der Branche erhalten, und für die meisten Menschen wird es eine sehr gute Gelegenheit sein, um Probleme zu lösen und Schwierigkeiten zu überwinden. Die Branche braucht eine Plattform, um sich zu treffen und auszutauschen.

Wie laufen die Vorbereitungen, wie ist der aktuelle Stand?

Trotz der Schwierigkeiten laufen die Vorbereitungen für die Chic 2020 Shenzhen reibungslos. Wir kommen auf 20.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche und 260 Unternehmen haben sich angemeldet. Viele bekannte Marken wie Cherryzhuang, Miss Lace und Kopenhagen Fur sind dabei, und Top-Käufer von E-Commerce-Plattformen werden zur Messe kommen. Wir unterstreichen, dass die Messe unter Einhaltung aller Vorsichtsmaßnahmen stattfinden wird. In diesem Zusammenhang wurden die Maßnahmen zur Besucherregistrierung weiter verschärft. Wir sind sicher, dass in Zeiten des Wandels überall Geschäftsmöglichkeiten warten.

Fotos: Chic Shanghai / China National Garment Association

Chen Dapeng
Chic Shanghai
China
China National Garment Association