Will Google die Produktdaten künftig den Marken überlassen?
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Vor wenigen Wochen meldete Google die Eröffnung des sogenannten Google Manufacturer Centers. Was erstmal etwas unspannend klingt, hat große Auswirkungen auf den Onlinehandel. Denn damit könnte der Händler bald die Hoheit über seine Produktdaten verlieren. Expertin Frauke Ewe, Head of Strategy & Partner Development beim Datenspezialisten Feed Dynamix in Frankfurt, erklärt warum.
Frau Ewe, was genau ist das Google Manufacturer Center?
Das Google Manufacturer Center ist eine Service-Plattform von Google, auf der Markenartikler und Hersteller ihre Produktdaten via Datenfeed selbst hochladen und pflegen können. Es stellt damit das Hersteller-Pendant zum Google Merchant Center dar, das bereits seit vielen Jahren von inzwischen wahrscheinlich allen Online-Händlern genutzt wird. Beide Plattformen dienen der Verwaltung und Pflege von Produktdaten für Google Shopping.
Bislang wird das Google Manufacturer Center nur in den USA angeboten. Wird es auch in Europa bzw. Deutschland kommen?
Das Google Manufacturer Center ist während der aktuellen Test-Phase nur in den USA für ausgewählte Markenhersteller verfügbar. Wann und ob das Google Manufacturer Center nach Deutschland kommt, verrät Google noch nicht. Entscheidend wird mit Sicherheit sein, ob sich die Hypothese bestätigt, dass Produktdaten direkt vom Hersteller hochwertiger sind und damit die User Experience für Google Shopping-Kunden verbessern.
Welche Veränderungen würde das für Händler und Hersteller mit sich bringen?
Während sich die Inhalte des Manufacturer und Merchant Centers in vielen Bereichen überschneiden, fragt Google im Hersteller-Bereich nach Zusatzinformationen wie z.B. UVP, Links zu Hersteller-Websites oder Produkt-Videos. Es spricht viel dafür, dass Google für seine Shopping Kampagnen künftig bevorzugt auf die Daten des Herstellers zurückgreift, anstatt die Produktdaten aus dem Datenfeed des Händlers zu nutzen – auch wenn das im Moment noch Spekulation ist. Außerdem ist denkbar, dass Google Shopping Kampagnen um weitere Zusatz-Informationen angereichert werden.
Für den Händler bedeutet das, dass er zunehmend die Hoheit über „seine“ Produktdaten verliert und damit eine Chance zur Differenzierung gegenüber Wettbewerbern. Gleichzeitig wird ihm die Möglichkeit genommen, über Produktdaten seine Online-Kampagnen bei Google Shopping zu optimieren. Umgekehrt bedeutet die Einführung des Google Manufacturer Centers für den Hersteller, dass er die Kontrolle über seine Produktdaten zurückerlangt und endlich wieder selbst beeinflussen kann, wie sein Produkt präsentiert wird.
Können Sie uns ein Beispiel nennen, wie sich das Google Manufacturer Center ganz konkret z.B. für einen Fashion-Händler und einen Fashion-Hersteller auswirken könnte?
Für eine Suchanfrage wie „Daunenjacke Damen“ werden die angezeigten Suchergebnisse bei Google Shopping heute vollständig aus den Daten generiert, welche die Fashion-Händler per Datenfeed anliefern. Mit der Einführung des Google Manufacturer Centers könnte sich dies ändern: Arbeitsteilig liefert dann der Fashion-Hersteller alle beschreibenden Produktinformationen während der Shop lediglich noch handelsspezifische Daten wie Verfügbarkeit, Lieferzeit und Preis ergänzt.
Fashion-Hersteller dürften zunächst einmal den Aufwand zu spüren bekommen, den ein optimal aufbereiteter und gepflegter Produktdatenfeed über das gesamte Sortiment hinweg mit sich brächte. Viele müssen vermutlich erst einmal eine passende Infrastruktur, Verantwortlichkeiten und Know-how im Bereich Datenfeed-Marketing aufbauen, bevor sie starten können.
Auf der Seite der Fashion-Händler würde sich bei einem vollständigen Roll-out der Aufwand der Datenpflege reduzieren, zugleich sinkt aber auch die Möglichkeit, durch Manipulation der Produktdaten eine bessere Kampagnenperformance zu erzielen. Sie werden sich dann wohl verstärkt auf die Sortimentsoptimierung konzentrieren.
Warum hört man bislang gar nichts über dieses neue Konzept?
Ich denke, dass hat sehr pragmatische Gründe: Das Google Manufacturer Center ist in der Test-Phase und das offiziell erst seit dem 21. Juli 2015. Der Ausgang des Tests ist noch offen. Die Berichterstattung wird sicher Fahrt aufnehmen, wenn erste belastbare Erfolge verkündet werden können. Letztlich sind es ja Werbeformate, welche Google verkaufen möchte, die mit Einführung der neuen Plattform zunächst einmal Mehraufwand auf der Seite der Hersteller und Kontrollverlust auf Seite der Händler bedeuten. Wenn hier die Bilanz für beide Parteien nicht stimmt, wird Google es schwer haben, bei seinen Werbekunden Akzeptanz für das Manufacturer Center zu erlangen.
Wie können sich Händler auf die Veränderung vorbereiten?
Auf den ersten Blick erscheint der drohende Kontrollverlust über die Produktdaten für den Händler erschreckend. Doch er gewinnt auch etwas: Anstatt sich um die Datenqualität seiner Produkte zu kümmern, könnte er sich endlich wieder vollständig auf sein Kerngeschäft, „das Handeln“, konzentrieren und seine Ressourcen entsprechend darauf verwenden. Wer schon jetzt daran arbeitet, sich vom Wettbewerb in puncto Sortiment, Service & Beratung, Lieferzeit oder Image zu differenzieren und diese Informationen auch in seinen Google Shopping Kampagnen berücksichtigt, wird einen Kontrollverlust über die Produktdaten gut verschmerzen.